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Dem Kind vertrauen!

Isa Theobald im Genretalk über Jugendfantasy

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Kategorie: Interview Literatur

Nur die wenigsten können sich die Phantasie ihrer Jugendtage bewahren. und gleichzeitig wird unsere Liebe zur Phantastik häufig bereits früh gelegt. Autorin und Buchhändlerin Isa Theobald schreibt Bücher für alle Generationen und diskutiert, was Phantastik für Jugendliche auszeichnet. Neben zahlreichen Buchempfehlungen rät sie, den Kindern zu vertrauen und nicht bloß nach Altersangaben zu kaufen ...

Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Liebe Isa, wir haben dich schon öfter hier im Gespräch gehabt und auch schon einmal miteinander gesprochen, daher können wir uns bei der ersten Frage sicher kurz fassen: Wer bist Du, was macht du phantastisches und was bedeutet dir Phantastik?

Isa Theobald: Ich bin Isa, Autorin und Lektorin, beides hauptsächlich in der Phantastik, und Vorstandsvorsitzende des Phantastik-Autoren-Netzwerk e.V. Zudem bin ich Mutter, katzennarrisch, Feuertänzerin, politisch aktiv und ziemlich laut. Die Phantastik – speziell die Literatur, aber auch all ihre anderen Spielarten – sind mir Homebase und Rückzugsort.

Andreas (ZWO): Auch wenn du viele Felder der Phantastik bedienst, kann Tintenphönix,vermutlich als eines deiner erfolgreichsten Werke gelten. Daher wollte ich dich gerne zur jugendlichen Phantastik oder Fantasy befragen. Zuallererst würde ich gerne ein paar Begriffe schärfen. Kannst du uns durch den Dschungel von All-Age, Coming-Of-Age, Young-Adult etc. lotsen?

Isa: Kommt drauf an, wie man Erfolg definiert ;-). Finanziell erfolgreich ist der Tintenphönix nur bedingt, aber da er ein Herzensprojekt ist, das auch ausschließlich mit Menschen verwirklicht wurde, die mir Freunde sind, wird er in meinem Herzen vermutlich immer mein erfolgreichstes Buch sein. Auch wenn er sich eigentlich an Erwachsene richtet, obwohl er als Kinderbuch verkleidet ist.


Aber zu deiner Frage: als Autorin verabscheue ich die Genre-Schubladen aus tiefstem Herzen, aber meine Buchhändlerinnenpersönlichkeit akzeptiert, dass es Leute gibt, die sie für nötig halten. Warum sie immer denglischer werden, weiß ich allerdings auch nicht … In Kürze:

Andreas (ZWO): Das ist doch mal ein hilfreicher Überblick! Was macht denn für dich jugendgerechte bzw. Jugend-Phantastik aus? Würde für dich etwa der Herr der Ringe darunter fallen? 

Isa: Meiner persönlichen Erfahrung nach hängt das so stark vom lesenden Jugendlichen ab, dass man das kaum pauschal sagen kann. Ich hab in der Buchhandlung Zehnjährige, denen würd ich noch nicht mal Tommy Krappweis humorvollen Ghostsitter zutrauen, weil die das überfordern würde, während mein Patenkind mit zehn Robin Hobbs Weitseher-Saga liest. Meine Söhne haben den Herrn der Ringe gelesen, da waren sie noch nicht zehn – für andere Kinder wär das vermutlich nicht nur zu gruselig, sondern auch einfach zu viel. Langer Rede kurzer Sinn: dem Kind vertrauen und es auswählen lassen, was es lesen will. Auch, wenn’s z. B. Comics sind. (Disclaimer: gesunder Menschenverstand vorausgesetzt. Wir geben Kindern kein Preacher und auch kein 50 Shades of Grey, ja?)

Andreas (ZWO): Abgemacht! Aber was wären denn Klassiker der Jugendfantasy?

Isa: Der Hobbit natürlich, Narnia, Der goldene Kompass, Die unendliche Geschichte und Momo. Das Dschungelbuch, Ronja Räubertochter, Der geheime Garten – aber auch Peter Pan, Alice im Wunderland, Der Wind in den Weiden, Krabat, Unten am Fluss, Die Schatzinsel, Tom Sawyer, Oliver Twist – ich fand es immer wichtig, meinen Kindern Vielfalt anzubieten und eben nicht nur Harry Potter oder Eragon. Haben sie gern gelesen, genau wie alles von Walter Moers, aber die Klassiker gehören für mich eben auch dazu.

Andreas (ZWO): Wie schätzt du diese Klassiker ein? Sind sie auch heute noch lesenswert?

Isa: Ich glaube, dass es elementar ist, sich mit der Literatur vergangener Zeiten auseinanderzusetzen, und ich glaube, dass es superwichtig ist, dass wir das mit unseren Kindern im Dialog machen. Oliver Twist, Onkel Toms Hütte, Unten am Fluss, Die Welle, Hunger Games oder auch Schindlers Liste sind Bücher, die Kindern tiefe Einblicke in die Geschichte und in die Mechanismen menschlichen Zusammenlebens erlauben, die sie aber auch zutiefst verstören können, wenn man sie damit allein lässt.

Andreas (ZWO): Was würdest du uns denn an aktueller Jugendfantasy besonders ans Herz legen?

Isa: Nahezu alles, was Rick Riordan schreibt oder auch in seiner Rick-Riordan-empfiehlt-Reihe raushaut. Ganz spannend finde ich auch gerade Sandbrooks Weltgeschichten. Zur Unterhaltung jüngerer Kids empfehle ich super gern die Ghostsitter-Reihe, weil ich die lustig finde, und auch Mara und der Feuerbringer, auch von Tommy Krappweis. Sieben Arten Dunkelheit von Christian von Aster hat mich tief beeindruckt. Der Nachtzirkus von Erin Morgenstern ist im weitesten Sinne New Adult und eins der schönsten Bücher der letzten Jahre, und nicht zuletzt hab ich mit Tochter der Sterne ja auch noch einen Coming-Of-Age-Roman geschrieben, der moderne Teenager aber vollständig verwirrt, weil er in den 90ern spielt.

Andreas (ZWO): Kommen wir noch einmal zum Tintenphönix. Hast du dort auch solche Elemente eingebaut? Worum geht es in dieser Geschichte und was bedeutet sie dir?

Isa: Die Geschichte vom Tintenphönix hat natürlich phantastische Elemente. Sie basiert auf einer Idee von Christian von Aster – der Phönix, der aus jeder seiner Geschichten neu ersteht – und die Ballade, die er dazu geschrieben hat und die sich ebenfalls im Buch findet, trifft mich auch heute noch mitten ins Herz. Worum es geht? Um alles, und um nichts weniger. Um Leben und Liebe und Trauer und … alles. Lest sie selbst, oder hört euch auf Soundcloud die kostenlos erhältliche Vertonung an. 15 Minuten, und ihr wisst, was ich meine :-).

Andreas (ZWO): Einigen Leser*innen ging die Geschichte wohl so sprichwörtlich unter die Haut, dass sie sich den Tintenphönix haben tätowieren lassen. Hättest du mit so etwas gerechnet, und was macht das mit dir?

Isa: Da die Idee von Christian von Aster genau darauf abzielte – ein Motiv für ein Tattoo, das meine Krebsnarben abdecken soll – haut mich das immer noch um. Jedesmal. Als mich das erste Mal eine Nachricht von jemandem erreichte, der fragte, ob er die Geschichte auf einer Beerdigung lesen dürfe, hab ich geweint wie ein Schlosshund. Was kann man mehr erreichen als Autorin, als die Herzen seiner Leser*innen zu berühren?

Andreas (ZWO): Du schreibst nicht nur Jugendfantasy, sondern hast unter anderem auch erotische Kurzgeschichten oder härteren Horror publiziert. Mich würde ja wirklich interessieren, wie du diesen Spagat bewältigst.

Isa: Das ist kein Spagat. Ich bin total sentimental und leicht zu Tränen zu rühren, und ich bin hardcore sarkastisch an der Grenze zum Zynismus. Ich liebe The Princess Bride genauso wie Fight Club und ich bin deutlich mehr als die Summe meiner Teile. Und genauso sind meine Geschichten – bei Anouk ist es Sex und Blut und Rock’n’Roll, bei Billy Munroe Familie und die Liebe von Eltern, und in vielen anderen Geschichten noch viele weitere Themen. Die beiden angesprochenen Geschichten, sowohl R’lyeh Rodeo Riot im Lückenfüller als auch Götter in den Abartigen Geschichten Gamma wurden auf Anfrage geschrieben – und ich wollte auch für mich herausfinden, ob ich das kann. Bei spannenden Herausforderungen kann ich nicht nein sagen :-).

Andreas (ZWO): Zuletzt interessiert mich wie immer, was wir in nächster Zeit von dir erwarten dürfen. Planst du insbesondere auch weitere Jugend-, bzw. jugendgerechte Phantastik?

Isa: Anouk wird noch einige weitere Bände bekommen, die Reihe ist erstmal durchgeplant und wird vermutlich bis 2024 laufen. Artemisia Jones, die ich mit David Gray zusammen schreibe, bekommt noch Teil 2 und 3, und unseren vollkommen wahnsinnigen Spitzhaubenwalzer wollen wir auch noch verfolgen. Daneben plane ich gerade ein großes Projekt in einem für mich völlig neuen Genre, auf das ich mich wie Bolle freue (Spoiler dazu gibts bei Patreon!), und einen Thriller. Und für die vehement verlangte Fortsetzung von Tochter der Sterne hab ich zumindest schonmal eine Idee – das wird dann auch das erste wieder jugendgerechte Buch – frühestens 2023.

Die Illustrationen von Cora Linez entstammen dem Tintenphönix.


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