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Von Märchen und realen Abartigkeiten

Markus Lawo im Genretalk über abartige Märchen

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Kategorie: Interview Literatur

Auch zu Halloween kann es sich lohnen, mal wieder zum bekannten Märchen zu greifen. Und wer in den teils grausamen Originalen keinen ausreichenden Schrecken findet, der*die kann sich an düstere Märchenadaptionen wagen. Herausgeber Markus Lawo stellt seine Sammlung abartiger Märchen vor und diskutiert im Genretalk, was es mit solchen verzerrten Märchen auf sich hat und warum die Realität genauso furchterregend sein kann. Exklusiv stellt er uns außerdem zwei Leseproben aus seiner kommenden Anthologie bereit.

Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Lieber Markus, du bist Horror-Autor, Blogger, Herausgeber und graphischer Hundertsassa. Dabei spielt der phantastische Horror immer eine große Rolle. Stell dich uns doch einmal kurz vor und wie du zum Horror kamst.

Markus Lawo: Ich bin Markus Lawo, 1977 in Dortmund geboren, zur Schule gegangen und habe zwei abgeschlossene Berufsausbildungen. Meine Heimat ist NRW/Dortmund, bin verheiratet, habe einen Sohn, drei Katzen und einen nackten Kater. 

Ich lese überwiegend Horror und Extrem Horror, aber auch fantastische Literatur diverser Verlage und Autor*innen. Da ich immer mal wieder kleine grafische Basteleien, von mir auf Facebook geteilt habe, wurde 2016 eine Autorin auf mich aufmerksam und fragte ob ich ein Cover für sie gestalten möchte. Natürlich wollte ich. Dieses Cover gewann 2017 den Vincent Preis. Seitdem mache ich immer mal wieder für Autor*innen, Blogger*innen oder Verlage Titelbilder, Cover für Bücher, unterstütze sie mit Logos, Bannern, Postern, meiner Kreativität oder setze ihre Kreativität und Ideen um.

Treu dem Motto: Um die literarische Szene zu bereichern, musst du ein Teil von ihr werden.

Ich kenne mittlerweile viele Autor*innen und Geschäftsführer*innen von Verlagen der Szene persönlich und einige sind auch zu Freund*innen geworden.

Da könnte man auch den Start meiner "Let me Entertain you” Tour sehen. 

Im Januar 2019 erschien die Anthologie Abartige Geschichten - Alpha ~ Asylum mit mir als Herausgeber bei Hammer Boox Verlag. Geschichten von 17 tollen Autorinnen und Autoren, eine kleine kurze Geschichte habe ich auch selbst beigetragen. Das Buch Abartige Geschichten - Beta ~ Baker Street meiner Anthologie-Reihe ist seit April 2020 auf dem Markt, auch wieder mit 17 grandiosen Autoren und Autorinnen. Da ist auch ne Geschichte von mir drin, die länger als eine Seite ist. Diese Anthologie erhielt jeweils einen Vincent Preis in der Kategorie Kurzgeschichten und Cover. An der Abartige Geschichten - Gamma ~ Grimm der Reihe arbeite ich gerade mit Markus Kastenholz und diese erscheint in den nächsten Monaten.

Ich bin, klingt für mich selbst auch komisch, ist aber wohl so, Grafiker, Herausgeber und Autor. Sehe mich aber viel mehr als Entertainer und Muse, wie Faye Hell mal einst sagte: "Der Funke und die Flamme!"

Man findet mich auf Facebook unter meinem Realnamen, meinen Blog unter "Litterae Abnormis" und eine kleine Büchergruppe namens "Extreme Literatur der Phantastik". Bei Instagram mache ich auch unter meinem Realnamen unsicher! Es wird sicher noch einiges an Grafiken, Geschichten, Texte, Streams und vieles mehr von mir geben! 

War das jetzt zuviel von mir?! Du hast sicher noch mehr Fragen, oder?

Andreas (ZWO): Das gibt uns doch schon einen schönen Einblick. Im Rahmen unseres Halloween-Monats und deiner neuesten "Abartigen Geschichten", die sich Märchen vorknöpfen, möchte ich mit dir über düstere Märchen reden. Bevor wir dahinkommen. Was macht ein Märchen für dich zum Märchen. Und was fällt alles darunter?

Markus: Ich denke, bei Märchen fallen einem immer erst die Gebrüder Grimm ein. Wilhelm und Jacob Grimm waren meines Wissens Sprachwissenschaftler und Volkskundler. Sie haben sich also mit Sprache, Volksmund, Volksweisen, Erzählungen und der Entwicklung der Sprachen, Dialekte und Slang auseinander gesetzt. Ich denke sie sind über die Sprache dann auch zu den Geschichten, Sagen, Erzählungen aus den Gegenden in denen sie waren gekommen. Sind da auf die Geschichten der Menschen gestoßen, die sich über Jahrhunderte mit Wortspinnerein, Verdrehen von Tatsachen und spannenderen Schilderungen, zu dem entwickelt haben, was wir heute Märchen nennen. Um es hier abzukürzen: Jacob und Wilhelm haben diese gesammelt, vielleicht nochmal ausgeschmückt und aus diesen Volksweisheiten oder Märe, die von Mund zu Mund weitergegeben wurden, die heute uns bekannten Märchen geschrieben. So hat sich auch bestimmt das Wort Märchen entwickelt, von der Mär. Ein Märchen ist für mich erst mal was mystisches, spannendes und eine Erzählung oder Geschichte, die von jemanden erzählt wurde, jemand anders erzählt sie weiter, schon wie eine Sage, und jemand schreibt es irgendwann auf. Ein Märchen ist aber auch fantastisch und aus diesen Urerzählungen, die zu Märchen wurden, wurden andere Geschichten und Märchen. Klar haben die Menschen schon immer Dinge niedergeschrieben, aber ich glaube, dass wir es Menschen wie Jacob und Wilhelm und anderen Geschichtensammlern zu verdanken haben, dass Menschen heute noch Geschichten schreiben und uns damit unterhalten.

Andreas (ZWO): Welche Funktion hat für dich ein Märchen?

Markus: Märchen sind für mich immer Geschichten, die eine Botschaft enthalten, gehe nicht in den Wald, spiele nicht zu nahe am Brunnen, pass immer auf woran du dich verletzt oder lass dich nicht ausnutzen und zum Schluss wird alles gut. Ja, ich bediene mich gerade den Märchen “Hänsel & Gretel”, “Der Froschkönig”, “Dornröschen” und “Aschenputtel”, die Klassiker. Märchen haben immer eine Botschaft, eine Warnung und die Originalmärchen der Gebrüder Grimm, habe ich leider nie gelesen, sollen aber blutrünstiger und brutaler sein, als das was man heute so kaufen kann. 

Andreas (ZWO): Und welche Rolle spielen nun phantastische Elemente und insbesondere Horrorelemente darin?

Markus:  Da war denke ich auch die Zeit ausschlaggebend in der diese Märchen erzählt wurden. Die Grimm Brüder lebten zwischen 1785–1863, die Märchen, die sie sammelten und aufschrieben waren sicherlich älter. Sie erzählen von großen Burgen, Schlössern, kleinen Gnomen, Berggeistern, Hexen, Zauber, Flüche, Verwünschungen und das alles sehr phantastisch. Das späte Mittelalter umfasst das 13–16 Jahrhundert, war also bei der Geburt der Brüder schon lange vorbei. Das Mittelalter generell galt als düstere Zeit, zumindest was uns so aus Geschichten und Erzählungen berichtet wird. Die Menschen hatten es damals nicht so einfach wie wir heute, obwohl wir heute auch realen Abartigkeiten unserer Zeit ausgesetzt sind. Vielleicht kommen ja in der Zukunft auch Geschichtensammler, auf die Idee, Märchen aus unserer Zeit aufzuschreiben, wäre schon lustig in 100 Jahren eine Geschichte über die Corona Pandemie zu lesen. Vielleicht sollte man hier abgrenzen und die Definition Horror beleuchten, da Horror zwar definiert ist, doch jeder Horror anders empfindet. Aber das hattest du, glaube ich, mit Faye Hell schon an anderer Stelle diskutiert.   

Andreas (ZWO): Und wenn ich zu Halloween mal wieder was richtig gruseliges lesen will? Was ist denn für dich persönlich der gruseligste Märchenklassiker?

Markus: Das geht schnell und mit wenigen Worten und ich muss leider spoilern. Hänsel und Gretel finde ich schon gruselig. Da werden Kinder im Wald ausgesetzt, dann treffen sie auf ein Haus in dem eine “Alte Frau” alleine lebt, und die backt und kocht allerlei Kuchen und Süßspeisen. Sie beklebt selbst ihr Haus mit dem Zeug, wenn das nicht schon gruselig genug ist, lockt die Kinder zu sich ins Haus und sperrt Hänsel in einen Käfig, um ihn zu mästen. Gretel muss die Zuckerzeughütte sauber halten, dabei helfen, Hänsel fett zu machen, mit dem Ziel, dass die alte Frau ihn essen kann. Eine Kannibalin, die alleine im Wald lebt und Kinder frisst, das ist mal gruselig. Und zu guter letzt wird dann aber doch alles gut, weil Gretel Hänsel befreit, indem sie, in Notwehr versteht sich, die Hexe in den Ofen schubst! Hey, aber Frauenpower, eine Frau als Heldin bzw. Antiheldin unfreiwillig, rettet sie den Mann vor dem sicheren Tod! 

Andreas (ZWO): So paraphrasiert hat das noch einmal einen anderen Einschlag. Aber kommen wir zu etwas weniger bekannteren als Hänsel und Gretel. Du bist Herausgeber der Abartigen Geschichten. In der dritten Sammlung mit dem Untertitel Grimm belässt du es natürlich nicht dabei gruselige Märchenklassiker zu verlegen, sondern hast die angefragten Autor*innen gebeten Horrorfassungen bekannter Märchen zu schreiben. Sag uns doch etwas mehr über das Konzept dahinter.

Markus: Wie du schon schreibst ist Grimm aus meiner Anthologie Reihe Abartige Geschichten aus dem Hammer Boox Verlag schon das dritte Buch. Angefangen habe ich mit Alpha (Abartige Geschichten – Alpha ~ Asylum) und es folgte Beta (Abartige Geschichten – Beta ~ Baker Street). Aufmerksame Leser*innen erkennt vermutlich direkt das Muster! Aber ich hole gerne erst mal ein wenig weiter aus und erzähle, wie es dazu kam. Darf ich?

Andreas (ZW):  Klar, solange wir beim Thema bleiben, gerne!

Markus: Ich habe auf Anfrage bzw. der Aussage, vom Verlagschef Markus Kastenholz (Hammer Boox) die da ungefähr lautete: “Markus, du kannst mehr als nur auf Messen und Cons Autor*innen und Verleger*innen nerven, mach doch mal ein Buch als Herausgeber, du kennst genug Autor*innen, mach ein Buch!” So ungefähr war das, überlegt worauf ich denn als Leser Lust hätte. Ich mag Kurzgeschichten. Ich lese selbst sehr gerne Romane und Kurzgeschichten aus dem Horror bis Extrem Horror bereich. Von Lovecraft, Poe, King, Farmer, Laymon, Masterton und Edward Lee ist viel dabei, aber auch Thriller und Krimi Autor*innen kommen mir schon mal unter. Ich habe auch die Fantasyliteratur mit Hilfe einiger Autor*innen wieder lieben gelernt. Und man glaubt es kaum, das auch nette Nachbar*innen hier aus der deutschen Literaturszene durchaus extrem können.
Der eine oder die andere Leser*in hier kennt sicher das Serienformat American Horror Story. Das wollte ich für meine Anthologie, Kurzgeschichten zu einem Thema, was flottes für zwischendurch, tief, gruselig, blutig, erotisch, brutal und abartig. Wir sind mit Grimm seichter geworden, nicht weil Autor*innen der Fantastik für mich geschrieben haben, sondern auch, weil die Abartigen Geschichten sich mit den Autor*innen entwickelt haben. Man könnte schon sagen, das Baby, die Idee, von 2018 ist erwachsen geworden bzw. auf einem guten Weg und das dank der verschiedenen Einflüsse der Autor*innen. Da nun nach Alpha und auf Beta, Delta im Griechischen Alphabet folgt, ja ich nummeriere meine Bücher nicht mit Band 1, 2, 3 oder Teil 1, 2, 3, sondern griechisch, Alpha, Beta, Gamma, Delta, Epsilon, konnte bei Gamma nur Grimm für mich in Frage kommen.

Andreas (ZW): So entstehen dann quasi schaurige Märchen in extrem. Als Herausgeber hast du das Glück die Geschichten schon alle gelesen zu haben. Auch wenn es dir schwerfallen dürfte. Geb uns doch mal ein Beispiel für eine Geschichte die den Märchenstoff besonders gut bearbeitet.

Markus: Eine Geschichte hat mich sehr berührt und zum nachdenken gebracht, obwohl das tun sie alle aus Gamma, da sie alle mega gut sind. Aber Germaine Paulus hat es in dieser Anthologie geschafft, dass ich mir ein paar Tränchen nicht verkneifen konnte. Das hat in Alpha Asylum im übrigen Simona Turini geschafft.
Hier jetzt exklusiv ein Auszug aus "100 Jahre Tief" von Germaine Paulus und vielleicht kommt ihr ja drauf welche Geschichte sie abartig beschreibt:

Leseprobe: Germaine Paulus – 100 Jahre Tief
(CN: Ableism, Drogenmissbrauch, Kodependenz)

Andreas (ZW): Wow, der Auszug geht wirklich in die Haut und muss ich erstmal sacken lassen. Das ist allemal erwachsen geworden. 

Hast du noch ein paar Beispiele für andere Märchen die deine Autor*innen durch den Fleischwolf gedreht haben?

Markus: Klar, gerne, Werbung ist wichtig, danke im übrigen dafür, von dir hier beleuchtet zu werden. Ich fühle mich geehrt. Faye Hell, ein toller Mensch und Freundin hast du ja auch schon vorgestellt – ein Brrrr an Faye, wenn sie das hier lesen sollte –. Die Geschichten aus Abartigen Geschichten – Gamma ~ Grimm sind nicht alles Märchen aus Sammlungen der Brüder. Es finden sich viele fantastische Erzählungen zusammen, die an Geschichten angelehnt sind, die der ein oder andere, so oder ähnlich schon kennt. Jean Rises nahm Den Zauberer von Oz, Jacqueline Mayerhofer hat eine Geschichte über ein Elfendorf geschrieben, Joachim Sohn eine schöne Zombie Geschichte und ich selbst habe mir Alice im Wunderland vorgenommen und was abartiges geschrieben. Alice war doch auch auf nem Drogentripp und die kleine Dorothy aus Oz doch auch, oder? Zombies gehen heute immer, dank The Walking Dead und Elfen mag seit dem Herrn der Ringe doch auch jeder! Alle Geschichten die in Abartige Geschichten – Gamma ~ Grimm zu finden sind, sind zumindest für mich, was ganz besonderes.

Grimm like ist auf jeden Fall die Geschichte von Sonja Rüther Goldie und die Bären. Da habe ich auch eine Leseprobe im Angebot: 

Leseprobe: Sonja Rüther – Goldie und die Bären
(CN: Gewalt, Vergewaltigung (erwähnt), Verstümmelung, Verzehr von Menschenfleisch)

Andreas (ZW): Damit haben wir einen guten Überblick über die neuesten Abartigen Geschichten gewonnen. Was planst du denn noch für die Reihe? Kannst du uns schon einen Ausblick auf weitere Ausgaben geben, oder über deine persönlichen Zukunftspläne?

Markus: Nein, kein Überblick, einen kurzen Einblick, denn den Überblick bekommt man nur, wenn man sie alle hat, also die kompletten Geschichten und das Buch oder alle Abartigen Geschichten der Reihe. Mit den Abartigen Geschichten bin ich aber lange noch nicht am Ende, wenn mein Verleger Markus Kastenholz mich lässt, werde ich noch lange nicht aufhören. Was noch kommt, werden wir sehen. Deadline für Delta ist Ende September und die Autor*innen schreiben fleißig und wie hat Kylie Minogue mal gesungen “Your Disco, Your Disco, Your Disco Needs You!” Mein Hunger ist noch nicht gestillt, also muss ich was essen (Eat)! Ich bin Gedanklich schon bei Epsilon, weil nach der Geschichte, vor der Geschichte ist! Wo wären wir ohne Märchen, Geschichten und der Phantastik, die auch Horror sein kann und auch schön abartig, wie das richtige Leben?! Ich bin zumindest sehr froh darüber, so viele tolle Autor*innen für meine Anthologie Reihe gewinnen zu können. Ich bedanke mich auch ganz herzlich beim Eulenfrollein für Ihre Illustrationen in Grimm, es gibt zu jeder Geschichte ein Bild und möchte auch Erdenstern hier erwähnen und danke sagen, danke für eure Freundschaft und danke dafür eure Musik in meiner Reihe (Beta & Gamma) benutzen zu dürfen.

Und zum Schluss bleibt mir nur ein Danke an dich, Andreas. Danke!

All hallows Eve, euch da draußen! 

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