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Über Tusche und Frösche

Daniel Bechthold im Illustratorentalk

Zur klassischen Webseite

Kategorie: Interview

Wer einmal einen näheren Blick auf Daniel Bechtholds Arbeiten geworfen hat, dürfte seinen Stil schnell wiedererkennen. Sein starker Tuschestrich zusammen mit düsteren Metalmotiven brennt sich gleichsam ins Auge. Gemeinsam mit Autorenfreundin Ina Elbracht zeichnet er auch für mehrere phantastische Buchprojekte verantwortlich. Der in den Startlöchern stehende Froschbarbar Hermit verbindet Ernst mit humoristischer Note. Im Interview schildert Daniel seinen Weg zur phantastischen Kunst, sein Verständnis von Illustration und nicht zuletzt, wie es zum eigensinnigen Frosch mit dem gehörnten Helm gekommen ist ...

Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Lieber Daniel. Du bist Illustrator von phantastischen Buchprojekten und nicht zuletzt auch Plattencovern. Dein einzigartiger Stil springt markant ins Auge. Bevor wir näher über deine Arbeiten für phantastische Literatur sprechen, stell dich uns doch einmal vor. Wie kamst du zur Phantastik? Was hat dich zur Illustration gebracht?

Daniel Bechthold: Wenn ich das so lese, klingt das nach mehr, als ich manchmal selbst wahrnehme. Da muss ich hin und wieder selbst auf Metalarchives oder sowas nachschauen, um mir das bewusster zu machen.

Meist geht es so schnell von einem Bild an das nächste, dass die Wahrnehmung da kaum mitkommt.

Da muss ich doch ein Stück weiter ausholen. Ich glaube, zur Phantastik kam ich über tausende Umwege. Als Kind der späten 80er/frühen 90er bin ich mit Unmengen Comics und Cartoons sowie den Action- und Fantasy-Streifen dieser Zeit groß geworden. Meine konkretesten Erinnerungen hängen damit zusammen, wie ich stundenlang vor dem Fernseher saß, Conan der Zerstörer oder Batman gesehen und dabei gezeichnet oder Comics angeschaut habe.

Meist hab ich bei Comics nur Bilder geschaut und selten die Geschichten wirklich gelesen. Mich hat schon immer mehr das Visuelle interessiert, denke ich.

Daniel in seinem Studio. Natürlich stilecht mit Hermit-Shirt

Irgendwann bekam ich natürlich selbst in dem kleinen Ort, in dem ich wohnte, mit, dass speziell Conan eigentlich Comics und damit schlussendlich Büchern entsprang.

Bei uns gab es nur einen Kiosk, der hin und wieder mal wahllos verschiedene Comichefte hatte, was es auch schwer gemacht hätte, Geschichten zu verfolgen. Conan war da leider auch nie dabei.

Irgendwann hab ich dann mal die Bücher bestellt, in denen fantastische Illustrationen waren. Ich erinnere mich noch genau daran, wie gewaltig das Bild von Mark Schultz auf mich gewirkt hat, das den Moment visualisiert, in dem Conan auf Yag-Kosha trifft. Diese Wirkung des Zusammenspiels von Geschichte und richtig angesetzter Illustration haben mich nie mehr losgelassen. Ein Abzug davon hängt auch gerahmt in meinem Studio.

Die Phantastik im Allgemeinen kam bei mir erst sehr viel später, da ich mit Büchern lange nicht viel anfangen konnte. So kamen auch Lovecraft und Konsorten sehr spät erst in mein Umfeld- auch wenn mir natürlich durch Filme doch vieles schon bekannt war.

Das Zeichnen blieb dabei stets eine Konstante in meinem Leben, hab das allerdings nie als Kunst wahrgenommen. Irgendwann hab ich dann mit der Ölmalerei angefangen.Das soll man als Anfänger zwar nicht, aber was das angeht, geh ich Dinge selten intellektuell an. Am liebsten mach ich einfach.

Nachdem ich so einige Jahre mit Öl gemalt habe, traf ich irgendwann auf einer Convention Ulf Ragnar Berlin, der auch einige Hefte vom White Train im Schlepptau hatte. Zufälligerweise war es eine Sword and Sorcery-Ausgabe. Sofort gestört hat mich, dass die Illustrationen gar nicht zu den Geschichten gepasst haben, wo ich mir direkt dachte: „Das kann man doch anders machen!“ Auch wenn sie gut gezeichnet waren, haben sie mir völlig die Immersion gebrochen. Da wurde mir allerdings auch bewusst, dass im Prinzip jeder Illustrieren kann. Die Menschen, die Comics und Illustrationen machen, waren für mich immer sowas wie Halbgötter, die in anderen Sphären leben.

Wieder einige Jahre später war ich mit einem wirklich lieben Mädel, Karina, zusammen, die fantastische Tuschezeichnungen gemacht und mich mächtig inspiriert hat. Zu dem Zeitpunkt hab ich mich noch mit Tunnelblick als Ölmaler gesehen, doch hab langsam gemerkt, dass ich grade auch die Schwarz-Weiß Kontraste sehr mag. Irgendwann kamen dann auch bei mir die ersten Tuschezeichnungen.

Zur selben Zeit ungefähr lud mich Ulf, zu dem ich nach wie vor Kontakt pflegte, in eine Gruppe ein, wo Ina Elbracht nach jemandem suchte, der ihr eine Geschichte illustriert. Erstmal hab ich die Seite geschlossen, nach kurzem Überlegen wieder geöffnet und ihr geantwortet. Jahre später arbeiten wir auf einmal schon an Hermit. Die Geschichte war Hangang und wurde in einem IF special gezeigt, ich glaube, 2 oder 3 Illustrationen hab ich ihr gemacht. Wir hatten sofort eine super Connection.

Plattencover für die Metalband Kanonenfieber

Vieles entsteht oft aus einem Hirnfurz heraus, so auch die Sache mit den Coverarts. Ich sah gerade im Dungeon Synth immer wieder Musiker, die zum x-ten Mal dasselbe Doré-Bild verwenden, für ihr Album. Da dachte ich mir auch, da könnt ich genauso gut mal meine Bilder vorstellen, die damals thematisch sehr gut reinpassten.

Bewusst wollt ich nie ein Cover machen, geschweige denn, das zu mehr werden lassen. Ich trug nur lange den Gedanken mit mir herum, dass es mal cool wäre, wer hätte da nicht Lust drauf?

Meine ersten Coverarbeiten waren im Dungeon Synth und für DIY-Musiker, eigentlich mehr aus Spaß und Hobby, neben meinen Bildern heraus.

Wenn ich so als Jugendlicher im Plattenladen stand, hätt ich niemals geglaubt, das mal selbst zu machen, denke, das ist selbsterklärend, dass ich früher oft Alben nur der Cover wegen gekauft hab. Mach ich noch heute, Never judge a Book by its cover ist nicht immer richtig, würde ich sagen. Dementsprechend ist das auch jedes Mal wieder super, wenn etwas veröffentlicht wird.

Nach und nach ergaben sich dann natürlich auch größere Aufträge, was ich manchmal selbst immer noch nicht so realisiere.

Ich denke heute, ohne den Umstieg auf die Tusche, hätte sich das alles nicht so entwickelt.

Andreas (ZWO): Du bist mir durch die schon erwähnte enge Zusammenarbeit mit Ina Elbracht aufgefallen. Du hast ihren ersten großen Roman: Klunga und die Ghule von Köln illustriert und für die einzigartige Stimmung von Pentimenti gesorgt. Mit Hermit ist nun das nächste größere Projekt erschienen. Wie kam es denn zur Zusammenarbeit? Und wie kann ich mir euer Zusammenspiel vorstellen?

Daniel: Wie das mit Klunga genau kam, weiß ich gar nicht mehr, ich meine, sie hat mir davon erzählt und auf einmal war ich schon in Köln zu Besuch. Da hab ich auch erstmal realisiert, wieviel Arbeit das eigentlich wird, wenn man nicht der Überzeugteste von sich selbst ist, kann das einen schon sehr umwerfen. Ich glaube zu dem Zeitpunkt, hatten wir aber auch nochmal etwas Kleineres veröffentlicht, so genau weiß ich das nicht mehr.

Ich denke, da hat sich über die Jahre, die wir nun doch auch immer wieder zusammenarbeiten, eine gewisse Synergie ergeben. Oftmals sprechen wir einfach über irgendwelche Themen und manchmal ergibt sich daraus etwas, worauf wir Lust haben. Pentimenti entstand, glaube ich, weil ich meinte, ich hätte Lust, mal etwas zu einer Story mit einem Maler zu zeichnen, im klassischen Stil. Künstler sind ja doch auch bei Lovecraft oft Thema gewesen und waren auch so meine Lieblingsstorys.

Danach geht Ina oft sehr schnell an den Plot, ich liebe ihren Schreibstil. Sie hat einen ganz besonderen Witz, der auch in der oft düstersten Geschichte zum Vorschein kommt und einen Gegenpol bildet, der das Ganze ausgleicht. Ich finde es manchmal Wahnsinn, was da aus einigen Wortwechseln so entstehen kann. Sobald ich das Manuskript habe, geht es dann an das Lesen des Texts. Dabei schreibe ich mir Stellen heraus, die ich für illustrationsrelevant halte. Meist hat Ina dabei auch einige Szenen, die sie gern sehen würde, und so fügt sich das dann. Danach geht es an die Skizzen, zum Zeitpunkt von Pentimenti und Klunga hab ich nie viel vorskizziert. Das hat sich erst mit Hermit richtig geändert, wo ich teils Tage und Wochen über Szenen nachgedacht und skizziert habe.

Wir halten dabei immer sehr regen Kontakt, bei dem ich ihr die Fortschritte und Skizzen zeige und wir nochmal über manche Details sprechen. Das Tuschen selbst geht dann relativ schnell, am meisten Zeit benötigt tatsächlich die Vorarbeit.

Andreas (ZWO): Wenn ich es richtig verstanden habe, ist Hermit euer erstes Projekt, bei dem die Illustrationen am Anfang standen. Vielleicht kannst du dazu etwas mehr sagen. Wie kam es zur Idee und wie unterscheidet sich das Verhältnis von Text und Bild zu den anderen Werken? Ist es ein illustrierter Roman oder mehr?

Daniel: Ohje, bei Hermit stand anfangs gar nichts, haha. Hermit entstand aus einem Jux heraus.

Wir haben überlegt, was wir für eine Geschichte zu einer Ausgabe von Thomas Hofmanns NEUER STERN beitragen könnten. Nach langem hin und her, meinte Ina, wie es mit einer Geschichte über einen Frosch wäre. Das kam daher, dass ich Kermit Memes ziemlich mag und verteile. Aus Spaß meinte ich dann „Frosch Barbar“. Erinnere mich noch, dass ich danach eine kleine Zeichnung von einem Frosch mit übergroßem Schwert gemacht habe, der noch sehr behelfsmäßig aussah. Danach haben wir’s erstmal so stehenlassen.

Coverentwurf für Hermit

Am selben Tag wollte ich weg, plötzlich hatte ich allerdings ein Bild vom Frosch auf einem Ast sitzend und Pfeife schmauchend im Kopf, hab das sofort gezeichnet und wir mussten doch ziemlich lachen. Es wirkte einfach so leichtherzig und frei. Das Schöne am Namen ist das Wortspiel, es klingt wie Kermit und bedeutet zeitgleich Einsiedler im Englischen, was auch irgendwie zur Barbaren Thematik passt und mir persönlich als recht einsiedlerisch lebendem Menschen sehr zusagt.

Danach wurde er quasi ein Selbsthüpfer. Ina schrieb eine kurze Geschichte und ich machte einige Illustrationen dazu, davon haben wir, glaube ich, zwei nochmal in abgeänderter Form für das Buch verwendet. Der Rest ist komplett neu.

Hermit hat sich auch optisch seitdem doch nochmal etwas im Detail verändert.

Für mich war Hermit die Erfüllung eines Kindheitstraumes, von dem ich nicht wusste, daß es einer war. Ich denke, bei ihm fließt auch sehr viel dessen zusammen, was ich mochte, bevor ich mich eine Weile als ernsthafter Ölmaler gesehen habe. Habe das nach einer Weile bei der Arbeit an Hermit gemerkt. Ich denke, man nimmt sich oft selbst viel zu ernst, bin da auch keine Ausnahme. Die Arbeit an Hermit hat das etwas verändert.

Wir haben direkt gemerkt, dass da mehr Potential drinsteckt, würde ich sagen.

Ina und ich haben vor allem bei der Welt und ihren Bewohner*innen wesentlich mehr kommuniziert als üblich, der Inhalt war ja sonst eigentlich mehr ihr Part. Das kam auch erst alles richtig nach der Kurzgeschichte, als wir wussten, dass wir da was Größeres draus machen möchten. Viele Figuren im Buch sind aber auch ihrer Feder entsprungen, da hab ich nur ein oder zwei Kommentare zu beigesteuert. Auf meiner Seite entstand diesmal auch viel Worldbuilding in einem separaten Notizenheft, das wir dann verglichen haben. Ich würde tatsächlich sagen, dass Hermit schon etwas mehr in eine Comic-Richtung geht, die Menge der Illustrationen ist schon sehr dicht im Vergleich zu anderen Geschichten. Ich glaube, wir haben ungefähr 41 Illustrationen plus Cover, Karte und kleineren Sachen. Bin mir allerdings nicht sicher, ob es da eine Bezeichnung für gibt. Für eine Graphic Novel ist es doch zu viel Buch, irgendwie ist es eine Art Hybrid, was wir da geschaffen haben, ein Graphic Book Frankenstein.


Hermit in Action

Die Illustrationen gehen noch etwas mehr Hand in Hand mit dem Text als üblich, würde ich sagen, was durch die kürzeren Abstände dazwischen entsteht. Ich denke, der größte Unterschied zu unseren üblichen Sachen besteht darin, dass es wesentlich mehr imposante Szenen gibt und meine Technik mit der Zeit etwas dynamischer geworden ist.

Ich liebe imposante, epische Bilder mit massig Figuren oder Tempeln darin, die in ihrer Wirkung einfach gewaltig sind, manchmal aber auch zeigen, wie klein im Vergleich das Leben ist. Dafür bot Hermit die perfekte Bühne. Hoffe zumindest, dass es stellenweise dieses Gefühl beim Lesen auslöst. Glaube, selbst für Lesefaule wäre Hermit noch was, sofern sie mit netten Bildchen was anfangen können.

Es waren ungefähr 2 Jahre Arbeit für die Illustrationen, gearbeitet habe ich immer daran während auftragsfreien Zeiten. Wenn ich nochmal so über alles drüber schaue, sehe ich starke Unterschiede zwischen dem Stil zu Beginn und gegen Ende. Es ist kein drastischer Unterschied, aber ich hoffe, man wird merken, dass doch mehr Leichtigkeit in die Bilder kommt. Ich glaube, Hermit und ich sind da ein gutes Stück Weg zusammen gegangen, wie er im Buch, hab ich mich wohl durch ihn technisch weiterentwickelt.

Andreas (ZWO): Wie würdest du deine Werke beschreiben. Sind sie für dich Gebrauchsillustrationen – so es sowas überhaupt gibt? Oder sehe ich zurecht eine starke künstlerische Note in deinen Bildern?

Daniel: Das ist eine gute Frage, ich denke, das ist bild- und themenabhängig, aber vermischt sich vielleicht auch. In erster Linie sehe ich das Zeichnen mehr als Handwerk. Das rührt wahrscheinlich daher, dass ich das, was ich früher gezeichnet und gemocht hab, nie als Kunst wahrgenommen habe. Ich komme aus einer recht bäuerlichen Umgebung, wo man solche Sachen auch nie ernstgenommen hat. Wichtig war, was jemand gelernt hat, arbeitet und wieviel Geld er damit verdient. Schaffe, schaffe, wie man in Hessen so sagt. Etwas von dieser Mentalität fließt wohl in meine Bilder, ich liebe den physischen Teil dabei. All den Schmutz, der entstehen kann, aber auch die Ruhe, die man benötigt.


Auch Hermit weist mitunter künstlerische Kompositionen auf

Dazu kommt die künstlerische Seite, würde mich schon als recht feinfühligen Menschen beschreiben, weshalb Kunst wohl schon früh ein Ventil war. Ziel ist wohl immer, etwas zu schaffen, das in erster Linie mich selbst umhaut. Wenn ich hinterher ein Bild ansehe und mich wundere, dass das von mir ist, ist es gut geworden. Dementsprechend kann ich wohl die künstlerische Note auch definitiv nicht verneinen, ich denke, in jedem Bild, das man macht, fließt auch immer etwas von einem selbst mit hinein. Ob das nun Auftragsarbeiten sind, oder Bilder, die völlig aus privater Natur heraus entstehen. Manche Bilder habe ich auch bewusst gemacht, um ein spezielles Thema für mich zu bearbeiten, das den Betrachter*innen oft nicht zu offensichtlich ist. In manchen Aufträgen, sofern es passt, habe ich auch manchmal wiederkehrende Elemente eingebaut. Vor ein paar Jahren noch hätte ich meine Bilder als recht düster und melancholisch bezeichnet, was damals auch meine Intention war. Dunkles gehört zum Leben wie auch Helles, das hat mich zu dem Zeitpunkt überwiegend beschäftigt. Gleichzeitig wollte ich mit den Bildern immer Welten schaffen. Ich denke, wirkliche Tiefe entsteht nicht durch eine intellektuelle Herangehensweise, sondern durch Impuls, Schaffensdrang und nicht zuletzt die Idee. Die Idee ist der Katalysator für alles darauf folgende.


Albumcover für Misanthropocene der Band Klamm

Aktuell kann ich gar nicht sagen, wie ich meine Bilder bezeichnen würde, da ich in den letzten Jahren überwiegend Aufträge gemacht habe. Hermit ist wohl das aktuelle Beispiel, da das momentan am ehesten privaten Arbeiten nahekommt. Ich glaube, auch diese Art von Bildern ist eigentlich das, was ich schon immer machen wollte. Ich musste nur einige Jahre erstmal Ballast abwerfen, was mir aber wohl eine gewisse technische Flexibilität verschafft hat. Entsprechend würde ich diese Art von Bildern am ehesten als stoisch, fantastisch, actionreich oder einfach nur lebendig bezeichnen.

Im Bereich der Illustration selbst steht für mich an erster Stelle, dass sie die Fantasie der Leser*innen beflügelt und zum Text passt. Beides sollte harmonisch Hand in Hand gehen und die Leser*innen im Wechselspiel mit der Geschichte in ihren Bann ziehen, etwas wie bei einem Film, wo ja auch mehrere Elemente zusammenspielen.

Dabei hab ich oftmals das Gefühl im Kopf, wie Cover von Spieleboxen, Comics, Büchern usw. und die Bilder im Innern früher auf mich gewirkt und meine Fantasie beflügelt haben. Oder eben beim oben genannten Beispiel der Innen-Illustration vom Tower of the Elephant, die mich so umgehauen hat, dass ich das nie mehr vergessen habe.

Melancholie, Mitgefühl und Spannung, alles in einem großen Höhepunkt, der ungefähr die Mitte der Geschichte bildete, und nach der man einfach nur noch möchte, dass Conan dem Magier, der ein Wesen wie Yag-Kosha eingesperrt hat, die Leviten liest.

In erster Linie ist eine Illustration wohl immer erstmal pragmatischer Natur für mich. Die Idee und die Lust darauf, dieses Gefühl, das man selbst früher beim Lesen oder Betrachten solcher Sachen hatte, weitergeben zu können, ist wohl das, was dann den künstlerischen Aspekt mit hineinbringt. Es hilft dabei natürlich ungemein, wenn man auch Lust auf das Thema hat.

Ich würde tatsächlich sagen, dass es so etwas wie Gebrauchsillustrationen gibt, das sind wahrscheinlich dann die, die auf kurzen Blick passen, aber inhaltlich dann etwas auseinanderfallen. Wobei auch die, denke ich, ihre Daseinsberechtigung haben.

Andreas (ZWO): Ich habe ja schon die Zusammenwirkung von Text und Bild angesprochen. Wie ist für dich die Arbeit mit literarischen Stoff? Wo siehst du die Chancen, aber auch Schwierigkeiten intensiver Illustrationen? Gibt es Sujets, vor denen du zurückschreckt und der Imagination bewusst mehr Freiraum lässt?

Als kleine Anekdote zur Illustration:

In der Schule sollten wir mal eine beliebige Szene aus Harry Potter lesen und zusammenfassen.

Das war weit abseits dessen, was mich so interessiert hat, dazu war ich ziemlich lesefaul. Ich überflog also wahllos das Buch, irgendwann nahm ich einfach eine Passage und hab dazu was gezeichnet. Ich weiß nicht warum, aber die Aufgabe war damit erfüllt. Rückwirkend betrachtet glaube ich, dass mir das heute zeigt, dass ich doch ein relativ gutes Gespür fürs Illustrieren habe.

Mir macht das einfach Spaß, vor allem, wenn mich eine Geschichte begeistert. Ein bisschen ist das wie bei Covern, wo aber natürlich die Ansätze ein wenig anders sind.

Nein, ich glaube, zeichnen würde ich alles, wenn es gewollt wäre. Natürlich gibt es Dinge, worauf man mehr oder weniger Lust hat. Bei mir sind das Autos und Technik im Allgemeinen, die ich recht uninteressant finde.

Auch Angst geht oft mit ein, ich habe große Angst davor, Fehler zu machen. Deshalb ist es wichtig, oft einfach zu machen und nicht zu viel ins Nachdenken zu geraten. Deswegen denke ich, dass ich, selbst wenn ich erstmal vor etwas zurückschrecke oder nicht so Lust habe, es dennoch machen würde. Gerade bei solchen Sachen lernt man oft am meisten, weil man sie Privat meiden würde.

Ich finde es entspannend, wenn die Szene und was ins Bild kommt quasi schon vorgegeben sind. Ich muss mir einfach etwas raussuchen, von dem ich Lust habe, es zu zeichnen. Das ist wie Erholung und wesentlich einfacher als alles von Grund auf zu entwickeln.

Mal abgesehen von dem Figuren- und Weltdesign natürlich, das z.B. auch bei Hermit angefallen ist. In der Form war das da ja völliges Neuland und auch ziemlich spannend.

Natürlich gibt es auch Stellen in einem Buch, die wirken besser, wenn sie nicht illustriert sind und darauf erst eine Illustration folgt oder davor. Das ist das Wechselspiel und Hand-in-Hand-Gehen von Text und Illustration, das ich meinte. Ich denke, im Optimalfall wirkt beides gut zusammen und lässt die Leser*innen tiefer in die Welt abtauchen.

Allgemein glaube ich, dass Illustrationen oft von Verlagen unterschätzt werden. Ich denke, wie das bei mir als Kind selbst auch der Fall war, kann man mit einem illustrierten Buch wesentlich mehr Menschen erreichen. Mit Covern ist das ähnlich, gerade wenn ich mir den deutschen Markt so ansehe. Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, die Bilder mit dem abzugleichen, was den Leser*innen beim Lesen in die Köpfe kommt. Das kann man nicht. Die Vorstellungen sind einfach immer unterschiedlich, da wir alle von anderen visuellen Dingen geprägt sind. Dementsprechend kann ich nur meine Sichtweise in meiner Bildsprache darstellen und darauf hoffen, dass sie sich beim Lesen von der Autorin und mir mit in die Welt entführen lassen.

Deshalb beschränke ich mich oft darauf, was oder wie ich eine Stelle gern sehen würde, oder mein 12-jähriges ich, das täglich in Bergen von Comics versank. Dann muss man zumindest nur noch den eigenen Perfektionismus überwinden.

Andreas (ZWO): Der eigene Pinselstrich fällt ja nicht vom Himmel. Was hast du denn an Einflüssen, die deinen Stil geprägt haben? Welche Empfehlungen anderer Künstler*innen hast du?

Ja, das tut er definitiv nicht. Einflüsse hab ich sehr viele, denke auch, dass ein Stil sich immer irgendwie aus dem ergibt, was einem so gefällt und geprägt hat. Ich würde aber zwischen im Kunstbereich angesehenen Malern und Comiczeichnern/ Cartoonists unterscheiden. Bei den Künstlern sind es: Van Gogh, Beksinski, Giger, Caravaggio, Alfred Kubin, Gustave Doré und Goya, die mir so auf Anhieb einfallen.

Im zweiten: Gary Gianny, Kelley Jones, Albert Uderzo, Phillipe Druillet, Morris, Sergio Aragones, Brösel, Bernie Wrightson, Frazetta und Simon Bisley. Glaube, diese Liste könnte ich endlos weiterführen, aber das waren, glaube ich, so die Prägendsten über die Jahre. Vor allem Kelley Jones, dessen Batman immer noch der beste für mich ist. Pure Angst, fantastisch. Da willst du nichts Böses tun, wenn der in der Nähe ist. Das ist Ideenumsetzung in Perfektion.

Zu aktuellen Künstler*innen hab ich tatsächlich sehr, sehr wenig Kontakt, ich bin da wohl mehr Eigenbrötler.

Ein langjähriger Freund und Künstlerkollege ist Shahram Alizadeh (Instagram). Seit 2012 haben wir übers Netz Kontakt. Manchmal war das fast täglich, wo wir auch nachts zusammen per Cam gemalt haben und sowas.

Er damals in seiner kleinen Küche und ich in einem nach Rauch und Terpentin riechenden 12-Quadratmeter-Zimmer. War super. Wir haben uns auch schon gegenseitig aus so manchem Kram herausgeholfen. Super Typ und mittlerweile Galerist in Wien, die Sorte Freundschaft, die man selten im Netz findet. Das sagt man ja oft bei sowas, aber in diesem Fall haben die Sterne wirklich richtig gestanden.

Auch fällt mir dabei David Staege ein, den ich auch menschlich sehr zu schätzen weiß.

Sehr empfehlenswert ist auch Simon Ludwig, Bassist von Klamm (für die ich 2021 auch ein Cover gestaltet habe), der den Soundtrack zu Hermit schrieb. Wir sind auch schon eine ganze Weile befreundet und er hat fantastische Arbeit geleistet. Mich freut es immer noch sehr, dass wir da auch einen Soundtrack auf die Beine stellen konnten. (Die Hermitage Bandcamp-Seite wird noch erstellt ...)

Andreas (ZWO): Dann bleiben wird noch mal beim Hermit. Ein Sword & Sorcery Frosch ist ja alles andere als selbsterklärend. Wie würdest du den Stil der Geschichte beschreiben und wodurch zeichnet sich die Welt aus?

Daniel: Hermits Welt zeichnet sich besonders durch ihre Vielseitigkeit aus. Es gibt pragmatische Technik, die ist jedoch höheren Klassen vorbehalten und wird oft von Kulten und ähnlich illustren Gestalten genutzt, was auf den*die Durchschnittsbewohner*in wie Magie wirken kann. Die Technik auf Treboria, Hermits Planeten, ist Weltraumschrott, der hin und wieder auf dem Planeten landet und durch den wohl auch die Roboter entstanden. Wieviel Schrott da genau über die Jahre runterkam und was da so aufgeschlagen ist, ist nicht sicher. Im eisigen Norden des Planeten muss wohl auch noch eine Menge im Eis vergraben sein.

Ob es wirkliche Magie gibt, ist jedoch nicht wirklich sicher. Hermit kam zumindest noch nichts unter, das er am Ende nicht doch mit dem Schwert und etwas Hirn bewältigen konnte. Hermit selbst ist ein im Exil lebender Palusier, der als Söldner durch das Land zieht. Manche schimpfen ihn Froschbarbar, aber eigentlich bezeichnen sich die Sumpfbewohner Palusiens als Frokk, was auf ihre Gehörnte Gottheit zurückgeht.

An Metallen ist überwiegend Bronze vorhanden, das für Waffen und neben Raupenpelzen auch für Rüstzeug genutzt wird. Eisen gibt es auch, das ist aber schon rarer und wird oft von gut situierten Gildenführern, Königen und ähnlichen verwendet.

Allgemein würde ich es als spannende Abenteuergeschichte bezeichnen mit Höhen und Tiefen sowie einer gehörigen Portion Witz.

Ich denke, Ina ist da eine gute Mischung gelungen die die Leser*innen bis zum Schluss fesseln wird.

Hermit in Kneipenstimmung. Inklusive Metall im Vordergrund ...

Andreas (ZWO): Da bin ich zuversichtlich! Zuletzt würde mich ein Blick in die Zukunft freuen. Gibt es weitere Pläne für Hermit? Und was hast du sonst noch in der Planung? Gibt es andere phantastische Projekte, an denen du aktuell arbeitest?

Daniel: Ich denke, offen gesagt, dass Hermit und seine Welt unwahrscheinlich viel Potential haben. Entsprechend habe ich auch recht viel im Kopf, was man da noch anstellen könnte, begleiten tut mich Hermit eigentlich täglich. Deshalb war es mir auch wichtig, bei dem Buch zu machen, was möglich ist, und deshalb wird auch ein Soundtrack mit ihm veröffentlicht sowie hoffentlich noch etwas Merch.

Ich habe so etwas wie eine Hermit-Bibel, ein großes Buch voller Skizzen, die während der Arbeit am Buch entstanden, und in dem ich auch jetzt noch Ideen usw. festhalte.

In nächster Zeit wird sicher hin und wieder auch mal ein Hermit-Bild auf meinen Seiten erscheinen, weil er für mich auch privat eine schöne Möglichkeit ist, um beim Zeichnen abzuschalten. Würde ihn auch gern mal in Öl sehen, mein letztes Ölbild ist jetzt 6 oder 7 Jahre her. Konkret geplant ist bisher aber ansonsten noch nichts, das spruchreif ist.

In den letzten Jahren hat es sich so entwickelt, dass ich eigentlich die meiste Zeit nur an Coveraufträgen arbeite. Die meisten Bands, für die ich einmal etwas gemacht habe, kommen doch oft wieder zu mir, wofür ich sehr dankbar bin. Auch im Moment gerade arbeite ich wieder an einem Cover für ein Album, im phantastischen Bereich steht im Moment nichts weiter an. Vor kurzem habe ich allerdings noch eine Illustration für eine Kurzgeschichte von Ina beendet.

Wenn sich die Möglichkeit ergibt, würde ich definitiv gerne mehr mit und aus Hermit machen. Ich denke, das bin ich ihm und der Welt schuldig bei so viel Freude, die mir das Arbeiten daran gebracht hat.

Ich selbst wüsste jedenfalls gerne, was da alles in verschütteten Tempeln im Hohen Norden Treborias oder in den Dunklen Sümpfen Palusiens noch schlummert.

Alle Genretalks im Überblick

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