Settlement von Oleksandr Nevskiy fällt mit einem hübschen phantastischen Cover auf. Eine Stadt in Form eines Königskopfs verrät das Thema sofort: Wir errichten unsere Stadt und besiedeln ein phantastisches Reich. Auch die zu besiedelnde Umgebung ist vielversprechend in Szene gesetzt. Einzig die durchaus entscheidenden Monster haben keinen Platz auf der Packung gefunden. Nicht einmal ein Drache fliegt im Hintergrund, obwohl sich gleich 12 davon in der Packung finden ...
Dabei lässt der Blick in die Schachtel ein Fantasyherz gleich höher schlagen. Und die hochwertigen Holz-Monstermeeple in vier Formen und Farben fallen mit ihrem Großformat direkt ins Auge. Auch die 48 individuell illustrierten Held*innen und hübschen Plättchen mit Fantelalterhäuschen müssen sich nicht verstecken. Obwohl der Spielplan und die Kartenrücken etwas trist ausfallen, hat man so doch gleich Lust mit dem Siedeln zu beginnen. Was macht Settlement aus, und ist es so phantastisch wie der Auftritt?
Häuser bauen
Eine der Grundoptionen besteht darin, eines von 9 Gebäuden aus der allgemeinen Auslage in der eigenen Siedlung zu errichten. Das geschieht wenig spektakulär durch Zahlung eines*r Siedler*in und der notwendigen Ressource. Die Effekte sind klar dargestellt und schnell verstanden. So erwirtschaften die Gebäude Ressourcen, wandeln diese in andere Ressourcen oder Siegpunkte um oder können Zusatzsiedler*innen erzeugen. Gebäude stellen die zuverlässigste Art und Weise dar um Ressourcen zu produzieren.
Dabei kennt Settlement keine Produktionsphase. Stattdessen dürfen wir einmal pro Runde jede Reihe unseres 3x3 Tableaus mit einer*m Siedler*in von links nach rechts aktivieren. Zentral ist es dabei effektive Ketten aufzubauen, die die passenden (hochwertigen) Ressourcen erzeugen oder direkt Siegpunkte generieren.
Landschaften erkunden
Alleinstellungsmerkmal von Settlement ist, dass wir hier nicht ein, sondern zwei Tableaus füllen. Zusätzlich zu unserer Siedlung dürfen wir die Landschaft erkunden, wobei wir verdeckte Plättchen in drei Schwierigkeitsstufen besiedeln können. So kommt ein Entdeckungseffekt hinzu, der durch die verdeckten Plättchen kein Konkurrenzelement, sondern einen Zufallsaspekt hineinbringt.
Ebenso wie die Gebäude, produzieren Landschaften ihre Ressourcen erst nach Aktivierung. Allerdings wollen dabei die genannten Monsterfiguren bedacht werden. Jede Landschaft ist nämlich von einem von vier Monstertypen geplagt, die ein abernten verhindern. Möchte man Ressourcen ernten, so müssen vorher die entsprechenden Monster besiegt werden. Nach Abbau der Ressourcen erscheinen die Monster meistens wieder, was dadurch verhindert werden kann, dass Türme errichtet werden. Diese erlauben zudem das Einlagern einer Ressource und eine weitere Abbauaktion.
Leider klingen Erkundung und Kampf gegen Monster spannender als es sich im Spiel darstellt. Die Plättchen sind generisch und generieren allesamt Ressourcen. Echte Überraschungen bleiben aus, lediglich ob die passende Ressource gezogen wurde, sorgt für etwas Spannung. Auch das Bekämpfen der Monster ist wenig spektakulär. Diese werden je nach Typus von 1-4 Siedler*innen besiegt und generieren dann – wie könnte es auch anders sein: Ressourcen. So verkommen die Kreaturen zu einer weiteren, etwas chaotischeren Weise Ressourcen zu generieren.
Held*innen rekrutieren
Das eigentliche Ziel des Spiels besteht darin, Held*innen zu rekrutieren, was hier jedoch nur ein anderer Name für Siegpunkterwerb ist. Die Spieler*innen konkurrieren um eine sich beständig auffüllende Reihe an Held*innen, die für eine Reihe an Ressourcen Siegpunkte und gelegentlich Soforteffekte ergeben. Die Held*innen fallen dabei trotz individuellen Illustrationen austauschbar aus. Entweder sie geben uns eine aufgedruckte Zahl an Siegpunkten oder Siegpunkte je Gebäude, Wachturm etc. Dabei wird, wenig innovativ, jede Möglichkeit einmal durchalteriert, so dass alle Strategien gleichermaßen gut wegkommen.
Interessant, wenn auch thematisch erklärungsbedürftig, ist, dass die Held*innen der Auslage gleichzeitig bestimmen welche Monster auf dem Tableau erscheinen können.
Artefakte
Das waren tatsächlich fast alle Aktionen, was zu einem äußerst schnellen und eleganten, aber auch nicht gerade abwechslungsreichen Spiel führt. Varianz kommt schließlich noch durch eine Auswahl von Artefakten ins Spiel, die je Spiel neu zusammengestellt werden und deren Auswahl ans Passen gebunden ist. Die 14 Artefakte haben durchgehend mächtige Effekte die für eine Spielrunde aktiv sind und am Rundenende neu gewählt werden. Die Auswahl des richtigen Artfekats zur richtigen Zeit kann dabei spielentscheidend sein und sich leider auch für die Opponent*innen etwas unfair anfühlen. In manchen Situationen sind einige der Artefakte einfach zu mächtig. So etwa, wenn sie erlauben, dass Gebäude bereits bei der Errichtung aktiv werden ...
Spielgefühl
Wie schon beiläufig erwähnt, spielt sich Settlement äußerst flüssig und ist schnell erlernt. Mit einer Spielzeit von ca. einer Stunde kann es ein schöner Einstieg in einen Spieleabend sein und auch im nicht mehr ganz wachen Kopf gespielt werden. Gemeinsam mit einer gelungenen Präsentation bereitet Settlement einfach Freude. Allerdings kommt das Spiel mit drei Schwächen daher. Zum Ersten sind die möglichen Strategien wenig abwechslungsreich. Über den Verlauf einer Partie deckt man sowohl Siedlung als auch Landschaften ab und spezialisiert sich nur geringfügig. Überhaupt sind alle Bereiche so ähnlich konzipiert, dass sie sich nicht wirklich anders anfühlen. Zum Zweiten haben wir es hier mit einem klassischen Multiplayersolospiel zu tun. Eigentlich spielen wir vor uns hin und streiten uns nur um Gebäude, Held*innen und Artefakte. Das ist durchaus spielentscheidend, diese indirekte Interaktion lässt sich aber nur schwer beeinflussen und greift nicht gut in das Rest des Spiels. So ist es auch kein Wunder, dass sich der Solomodus eigentlich nicht vom regulären Spiel unterscheidet und lediglich eine solitäre Siegpunktjagd darstellt.
Zum Dritten verspricht Settlement thematisch mehr als es hält. Auch wenn mir das Fantasysetting zusagt, ist es letztlich völlig austauschbar und enttäuscht etwas beim Erkunden und Monster töten.
Fazit:
Settlement ist ein zugängliches und kurzweiliges Worker Placement Spiel, das durch klare und gut verzahnte Mechaniken überzeugt. Herzstücke sind eine Reihenaktivierung und die Monsterbekämpfung. Dabei zeigt letztere, dass es sich bei Settlement unter der phantastischen Hülle doch um ein reines Optimierungsspiel handelt. Wer eine Welt erschließen will, ist hier fehl am Platz. Wer hingegen unkomplizierte Siegpunktoptimierung im Fantasygewand sucht, ist dafür genau richtig.
Das Produkt wurde kostenlos für die Besprechung zur Verfügung gestellt.
Dieser Artikel ist erschienen bei:
Zauberwelten-Online.de