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Isa Theobald im Interview

„Weil wir die Drachen töten können, die uns verfolgen!“

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Kategorie: Interview Literatur

Isa Theobald ist eingefleischten Fantasyfans schon lange kein neuer Name mehr. 2020 hat sie gleich drei umfangreiche Veröffentlichungen vorgelegt und zu zahlreichen Geschichtensammlungen beigetragen. Mit der Urban-Fantasy-Reihe um den Sukkubus Anouk wagt sich die aufstrebende Autorin nun auch an das Abenteuer Self-Publishing. Im Interview erklärt sie nicht nur, was wir noch von ihr erwarten dürfen, sondern auch, wie sie mit schwierigen Themen umgeht, was Phantastik leisten kann und welche Zukunft sie sich für die phantastische Literatur wünscht.

Andreas (Zauberwelten-Online): Liebe Isa, schön, dass du dir die Zeit für ein kleines Interview genommen hast. Du bist schon seit einigen Jahren sehr aktive Phantastik-Autorin. Stell dich doch einmal vor und wie du zur Phantastik gekommen bist.

Isa Theobald: Meine Liebe zur Phantastik hat schon in meinen Kindertagen begonnen – Momo und die Unendliche Geschichte haben mich auf den Weg geführt, den ich seitdem nicht mehr verlassen hab. Später kamen Tolkien, Zimmer Bradley und so viele andere hinzu. Dann entdeckte ich das Rollenspiel für mich, zuerst als Paper and Pen, später als LARP. Phantastische Geschichten habe ich quasi von Anfang an geschrieben, aber mit dem Veröffentlichen erst 2010 begonnen.

Andreas (ZWO): Ende 2020 erschien der erste Band der Anouk-Trilogie (oder wird es eine Reihe?). Wer oder was ist denn Anouk? Und kannst du uns einen kleinen Einblick in die Welt und die Handlung des ersten Bandes geben?

Isa: Anouk bekommt tatsächlich eine ganze Reihe, zumindest, solange die Leser Freude an ihr haben. Die Hauptfigur, Anouk, ist ein Sukkubus, der auf der Erde lebt – einer Erde, die der unseren recht ähnlich ist, vielleicht ein wenig schmutziger und finsterer. Ihre Aufgabe ist es, für das sogenannte Kuratorium, den regierenden Rat der übernatürlichen Wesen auf der Erde, für Ordnung zu sorgen – wenn also ein Vampir oder ein Werwolf über die Stränge schlagen, ist es an Anouk, für die Einhaltung der Regeln zu sorgen. In dieser Rolle hat sie sich gut eingelebt und eine gewisse Routine hat in ihrem Leben Einzug gehalten – womit es direkt zu Ende geht, sobald sie über einen toten Djinn stolpert.

Andreas (ZW): Dein Sukkubus lebt von sexueller Energie. Und schon auf den ersten Seiten gibt es im Roman eine übergriffige Szene. Auch vor dem Hintergrund, dass sexualisierte Gewalt in der Phantastik manchmal zum leeren und leider oft auch verletzenden Stilmittel verkommt: Wie gehst du mit Sex und etwaiger sexualisierter Gewalt in der Reihe um?

Isa: Das Besondere an Anouk und ihrem Hintergrund ist ja, dass Sex für sie Nahrung ist. Sie verklärt ihn nicht, sie macht kein großes Bohei darum – es ist eben etwas, was sie zum Leben braucht. Promiskuität ist ihr quasi angeboren. Spannend war es, auszuloten, inwieweit für einen solchen Charakter Liebe und Romantik eine Rolle spielen – und Eifersucht natürlich.
Die Szene ganz am Anfang, auf die du anspielst, zeigt gleich einen sehr relevanten Unterschied zwischen Anouk und einer menschlichen Frau auf: Was für uns eine belastende und unangenehme Situation gewesen wäre, ist für Anouk ein Appetithäppchen, auch wenn sie sich ja von Menschen nicht ernährt, weil sie es unhöflich findet, jemanden zu töten, nur weil sie mit ihm Sex haben möchte.
Mir persönlich ist es sehr wichtig, sexualisierte Gewalt eben nicht als leeres Stilmittel zu verwenden. Als wir die Anthologie Dunkle Ziffern zusammengestellt haben, haben wir uns sehr intensiv mit dem Themenkomplex des sexuellen Missbrauchs auseinandergesetzt – das war eine ausgesprochen harte Reise an Orte, an die ich nicht unbedingt zurückkehren muss – und dabei habe ich auch viel gelernt. Die Reihe ist ja darauf angelegt, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, aber trotzdem greife ich zwischendurch Themen auf, die mir wichtig sind – Homophobie und Rassismus zum Beispiel.

Andreas (ZW): Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Kapitel von Songzeilen eingeleitet werden. Welche Rolle spielt Musik für dich beim Schreiben und Kreieren?

Isa: Ich kann nicht ohne Musik schreiben. Schon gar nicht in einem Haus voller Menschen und Katzen, in dem es eigentlich nie still ist. Eigentlich wollte ich jedem Kapitel ein Zitat aus dem jeweiligen Song vorausschicken, der mit dem Inhalt des Kapitels in Zusammenhang steht. Leider ist das rechtlich in Deutschland gar nicht so einfach, weswegen ich mich, nach einer juristischen Beratung, darauf verlegt habe, den Songtitel als Kapitelname zu nutzen und es den Lesern zu überlassen, die richtige Stelle im Song zu finden. Klappt auch ziemlich gut –ebenso wie die Menge an nerdy Easter Eggs, die schon zu einer Menge Leserreaktionen geführt haben.

Andreas (ZW): Bald erscheint der zweite Band der Reihe. Worauf dürfen wir uns da gefasst machen?

Isa: Anouks Abenteuer gehen exakt dort weiter, wo der erste Teil aufgehört hat. Alles, was ich dazu jetzt verraten könnte, könnte Teil 1 spoilern ;-)

Andreas (ZW): Das sehr seltsame Jahr 2020 war für dich äußerst produktiv. Ganze drei Romane und einige Kurzgeschichten sind von dir erschienen. Kannst du uns etwas zu den anderen Romanen sagen und welche Kurzgeschichte dir besonders am Herzen liegt?

Isa: Requiem für Miss Artemisia Jones war mein erster Roman, der im März erschienen ist. Den hab ich gemeinsam mit David Gray geschrieben – wir arbeiten übrigens grad am zweiten Teil! –, und es war mein erster Ausflug in die Welt des humorvollen Horrors. Im September kam dann Tochter der Sterne, eine Geschichte darüber, was im Leben wirklich wichtig ist. Die spielt in den Neunzigern und war schon allein während der Recherche ein Riesenspaß.
Kurzgeschichtenmäßig ist ne Menge passiert dieses Jahr, doch auch wenn ich meine Beiträge im Phantastikum und in Räubertochters Kinder, das ich ja auch mitherausgegeben habe, sehr liebe, ist meine Kurzgeschichte des Jahres Herr Friedrich. Dieser Beitrag ist in Nicht gesellschaftsfähig erschienen, einem Wahnsinnsprojekt von Glücklicher Montag Productions, das sich zum Ziel gesetzt hat, das Tabu um psychische Erkrankungen aufzubrechen.

Andreas (ZW): Du hattest ja bereits einmal für uns in die Glaskugel geschaut. Was hat sich denn deines Erachtens davon bewahrheitet? Was vermisst du noch?

Isa: Die Piraten! Die Utopien, Hopepunk und Co. kommen ja tatsächlich immer mehr hoch. Das freut mich auch sehr. 

Andreas (ZW): Was waren für dich denn die Phantastik-Highlights der letzten Zeit?

Isa: Erin Morgensterns Das sternenlose Meer war für mich pures Glück. Ich hab mir das Buch in Häppchen aufgeteilt, weil ich nicht wollte, dass es zu Ende geht. Und über die Feiertage werde ich es noch einmal lesen, einfach nur, um mich an der wundervollen Sprache zu berauschen. In der deutschen Phantastik freue ich mich tatsächlich am meisten auf Christian von Asters Shylock Holmes, das ich auf Patreon verfolgen durfte und das als Buch in den Händen zu halten mir ein Riesenvergnügen machen wird.

Andreas (ZW): Und was würdest du dir für die Zukunft wünschen? Was sollte eine moderne Phantastik bereithalten?

Isa: Ein unaufgeregterer Umgang mit Diversität und Vielfalt wäre schön. Star Trek Discovery hat es mit seiner entspannten Umsetzung von „ungewohnten” Pronomen hervorragend vorgemacht. Ich fänd's auch schön, wenn Sensivity Reading sich noch mehr durchsetzen würde, das Konzept halte ich für brillant. 

Andreas (ZW): Und persönlich? Was dürfen wir von dir in der näheren Zukunft erwarten? Woran arbeitest du zur Zeit?

Isa: Ich bin in der Zeit der zweiten Teile :-) Der zweite Band von Anouk liegt gerade ebenso auf meinem Tisch wie der von Artemisia. Kurzgeschichtentechnisch wird es auch nicht ruhiger, ein Exposé für einen Thriller wartet auf seine Fertigstellung und ich habe eine Idee für eine Science Fantasy, die ich wirklich gern verfolgen würde.

Andreas (ZW): Dann dürfte uns der Lesestoff so bald nicht ausgehen. Abschließend vielleicht noch die Frage, was Phantastik für dich leisten kann, das anderen Genres nicht gelingt? Welche Aufgabe hat Phantastik für dich in diesen durchaus turbulenten Zeiten.

Isa: Ich halte es da mit Chesterton: „Märchen erzählen Kindern nicht, dass Drachen existieren. Denn das wissen Kinder schon. Märchen erzählen den Kindern, dass Drachen getötet werden können.”
Und was brauchen wir gerade dringender als das Wissen, dass wir die Drachen töten können, die uns verfolgen?

Andreas (ZW): Danke für deine Zeit und viel Erfolg für deine Projekte!

Isa: Ich danke für die Einladung zum Interview!

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