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Ich sehe gerne Leute repräsentiert, die keine Superheld*innen sind

Maja Ilisch im Genretalk über (Anti-)Heroische und High-Fantasy (Teil II)

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Kategorie: Interview Literatur

Bei genauerer Betrachtung ist auch die heroische High-Fantasy nicht immer so heroisch, wie man denkt. Dennoch bricht Maja Ilisch mit so vielen Erwartungen, dass sie ihre Fantasyreihe als Anti Heroic Fantasy bezeichnet. Warum ein anderes Label nur ehrlich ist, was das genau für ihre Romane bedeutet und was das mit ihrer Non-Binarität zu tun hat, führt Maja im zweiten Teil des Genretalks aus.

Andreas (ZWO): Nachdem wir uns letztes Mal über die heroische Spielart unterhalten haben, kommen wir endlich zu deinem favorisierten Genre. Du legst den Fokus auf eine nicht- oder sogar anti-heroische Fantasy. Was kommt denn zur heroischen Fantasy hinzu, um antiheroisch zu sein? 

Maja: Genauso, wie manche Autor*innen beim Weltenbau ihrer Fantasyromane einen großen Wert auf bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Realismus legen, habe ich einen Schwerpunkt auf den Figuren. Der Punkt, an dem mir der Realismus wichtig ist, ist die Frage, wie mit Problemen umgegangen wird. Alle Leute haben Probleme, die einen mehr, die anderen weniger. Ich persönlich gehöre zu den Leuten, die ein paar mehr davon abbekommen habe, ich kämpfe seit Jahren gegen Depressionen, ich habe eine Erkrankung aus dem Schizophrenen Spektrum (ich lasse das deswegen vage, weil es da nicht so einfach ist, eine eindeutige Diagnose zu stellen), ich habe über weite Wochen und Monate andauernde Schlafstörungen, und die Liste lässt sich weiter fortsetzen. Da geht es mir nicht um Mitleid – aber ich sehe gerne Leute repräsentiert, die keine Superheld*innen sind.

Wie ich schon beim Thema Heroic Fantasy schrieb, gibt es da durchaus Figuren, die problembelastet anfangen, die zum Beispiel an einer posttraumatischen Belastunggstörung leiden oder ein Alkoholproblem haben – und dann verstehen sie, dass sie, um die Welt zu retten, diese Probleme bezwingen müssen; sie reißen sich zusammen, überwinden das Problem, und retten die Welt. Nur, so läuft es eben üblicherweise nicht. Depressionen oder Traumata sind keine Frage von „am Riemen reißen“. Eine alkoholkranke Person bleibt ihr Leben lang süchtig und ist selbst nach langen trockenen Phasen immer noch rückfallgefährdet. Das sind Sachen, mit denen im Rücken man trotzdem noch die Welt retten kann – aber sie werden einen dabei auf dem ganzen Weg und darüber hinaus begleiten und immer Teil von einem bleiben.

Ich will – und kann – keine Bücher über Superheld*innen schreiben, die eine*n Feind*in nach dem anderen fällen. Epische Schlachten sind nicht mein Ding, angefangen damit, dass ich ziemlich pazifistisch eingestellt bin und lieber nach einem Weg suche, der mit weniger Toten auskommt. Meine Figuren kämpfen eher im Kleinen, und dabei ebenso gegen ihre persönlichen Dämonen wie gegen das große Unheil. Sie finden Wege, sich mit ihrer Situation zu arrangieren und ihre Ziele zu erreichen, und auch wenn sie vielleicht am liebsten die Decke über den Kopf ziehen und sich im nächsten Loch verkriechen würden, geben sie nicht auf – aber es kommen eben auch die Momente, in denen das eigene Problem größer ist als die eher abstrakte Bedrohung in der Welt.

Keine meiner Figuren ist allmächtig, oder auch nur irgendwie mächtig. Sie haben Fähigkeiten, die ihnen und ihrer Gruppe nutzen können, und sind Leute, die in ihrem Feld durchaus etwas drauf haben – aber sie werden immer auch auf andere angewiesen sein. Wenn ich klassische Fantasy schreibe, steht da eigentlich immer eine Heldengruppe im Mittelpunkt, so wie ich das auch beim Rollenspielen gelernt habe: In der Gruppe ist man stärker. Aber ich habe im Rollenspiel auch gelernt, dass die wenigsten Gruppen aus den allerdicksten Freund*innen bestehen, die unerschütterlich durch dick und dünn gehen. Meine Gefährt*innen reagieren unter Stress aggressiv, bringen einander eher keinen Vertrauensvorschuss entgegen, und müssen sich oft als erst einmal dysfunktionale Gruppe zusammenraufen, bis an die Rettung der Welt auch nur zu denken ist – und weil das alles auch nur Menschen sind, läuft es trotzdem immer wieder auf Reibereien hinaus.

Ich dachte eigentlich, dass all diese Sachen doch ziemlich typisch für die High Fantasy wären, bis die Rezensionen für mein Gefälschtes Siegel eintrudelten und sich Leser*innen enttäuscht zeigten, dass meine Figuren bis zum Ende so viel Ballast mit sich rumschleppten, dass die Gruppe eher einer erzwungenen Gemeinschaft glich und nicht harmonieren wollte, und ich als Autorin feststellte, dass ich da offenbar in meiner eigenen Nische gelandet war. Es sind genau die Geschichten, die ich erzählen will, insofern habe ich die Kritik weggesteckt, aber es tat mir leid für die Leser*innen, die sich Held*innen zum Aufblicken erhofft hatten und stattdessen an meinen Trupp aus nicht immer liebenswerten, wenig heroischen Teilzeitwracks geraten waren.

Umgekehrt waren aber auch viele Leser*innen dabei, denen genau dieser Aspekt gefiel und die sich in den Figuren wiederfinden konnten. Daher waren die Kritiken für den zweiten Teil, Das gefälschte Herz, dann auch viel, viel positiver: Diejenigen, denen das schon vom Prinzip her nicht gefiel, haben sich dementsprechend das zweite Buch nicht mehr angetan, und diejenigen, die ich erfolgreich angefixt hatte, waren froh, dass der zweite Teil da im Vergleich zum ersten noch mal eine Schippe drauflegte. Inzwischen benutze ich Antiheroic Fantasy als Schlagwort, um die richtigen Leser*innen zu erreichen und denjenigen, die sich mit großen Held*innen in eine Welt träumen wollen, in denen man seine Probleme hinter sich lassen kann, im Vorfeld signalisiere, dass sie das in meinen Büchern nicht in der Form finden werden. 

Natürlich will ich, dass alle meine Bücher kaufen – nur die meisten Leute kaufen Bücher, um sie dann auch zu lesen, und das in der Hoffnung, dass sie ihnen gefallen. Mit enttäuschten Leser*innen ist niemandem gedient, und wenn ich umgekehrt Leute erreichen kann, denen Fantasy sonst zu heldenhaft ist, dann ist das doch für alle Beteiligten, ob sie das Buch dann lesen oder nicht, ein Gewinn. Wenn man als Autor*in versucht, es allen rechtzumachen, wird man leicht beliebig – ich schreibe besondere Bücher über und für besondere Leute, und damit bin ich sehr zufrieden. 

Andreas (ZWO): Würdest du außer dir selbst andere Vertreter*innen dieser Spielart sehen? Und welche Autor*innen oder anderen Einflüsse waren für dich entscheidend, um deinen eigenen Stil zu entwickeln?

Maja: Zwei Autor*innen, die mich ganz maßgeblich darin beeinflusst haben, Bücher über Leute, die nicht perfekt sind, nicht mal sympathisch sein müssen, zu schreiben, waren Mervyn Peake und Terry Pratchett. Zu Pratchett muss ich, hoffe ich, nicht mehr viel sagen – Gestalten wie Captain Vimes oder überhaupt die ganze Stadtwache sind so schmerzlich realistisch, dass man sie oft genug packen und schütteln will und die dann trotzdem immer noch das Falsche tun. Das sind Figuren nach meinem Geschmack, und ich kann mich in so vielen Scheibenweltcharakteren wiederfinden, dass ich ganze Bücher gelesen habe in der Überzeugung, dass Pratchett sie nur für mich geschrieben hat. 

Mervyn Peake wird eher wenigeren etwas sagen: Er hat die Gormenghast-Bücher geschrieben, eine Reihe über ein Schloss und seine Bewohner, von denen einer verschrobener ist als der andere, und wirklich niemand als Sympathieträger herhalten mag. Ich habe die Bücher – zwei vollständige, der dritte nur fragmentarisch, weil Peake durch seine Parkinsonerkrankung und die eigenen psychischen Probleme die auf sechs Bände angelegte Reihe nicht fertigstellen konnte – gelesen, als ich sechzehn, siebzehn Jahre alt war und mich durch die gesamte Fantasyabteilung meiner Stadtbücherei gefressen habe, und sie waren anders als alles, was ich bis dahin in die Finger bekommen habe. Die Geschichte hat mich ebenso begeistert wie verstört, ich wollte Lieblingsfiguren haben, ganz klassisch zum Liebhaben, und musste damit leben, dass sie entweder verrückt waren oder Soziopath*innen oder beides.

Das war zu einem Zeitpunkt, als ich selbst zwar ahnte, dass mit mir etwas nicht stimmte, aber zehn Jahre vor meiner ersten Psychose und auch vor meiner ersten depressiven Episode, und irgendwie haben ich nach diesen Büchern verstanden, dass ich selbst eher nach Gormenghast gehöre denn nach Mittelerde, und ohne irgendwas über Peakes Biographie zu wissen, außer, dass er auch Alice im Wunderland illustriert hat, habe ich mich in ihm wiedergefunden. Inzwischen wurde übrigens aus dem Nachlass von Peakes Witwe Maeve Gilmore ein viertes Gormenghast-Buch veröffentlicht, das sie auf Basis von Peakes Plänen in den Siebzigern verfasst hatte – ich habe mich aber noch nicht getraut, es zu lesen.

Dann kommen noch ganz maßgebliche Einflüsse aus den Krimis, die ich gleichermaßen am laufenden Band verschlungen habe wie Fantasy – sowohl den klassischen englischen Krimi mit seinen verschroben-schrulligen Detektiven wie auch den amerikanischen Detektivroman à la Chandler oder Hammett: Geschichten, in denen niemand wirklich gut ist und niemand zum Liebhaben da ist und jeder Dreck am Stecken hat, unperfekte Welten, an denen ich mich als Leser reiben konnte. Vor allem Hammets Malteser Falke hat mich da, in Buch und Verfilmung, sehr geprägt. 

Und dann, weil ich wirklich nicht nur Fantasy lesen muss, um Fantasy zu schreiben, die Klassiker. Shakespeare, dessen Hamlet ich auswendig kann und abgöttisch geliebt habe, schreibt über lauter Leute, die ebenso interessant sind wie problembeladen, und die am Ende darunter eher zusammenbrechen als siegreich hervorgehen. Und Dostojewski, den ich mit Mitte zwanzig entdeckt habe und dessen Schuld und Sühne mich so mit seiner Brillanz erschlagen hat, dass ich über ein ganzes Jahr gar nichts mehr schreiben konnte in der niederschmetternden Überzeugung, niemals so gut zu sein wie Dostojewski. Und als ich es dann doch wieder versucht habe, war ich sicher immer noch nicht so gut wie Dostojewski, aber es war, als hätte jemand eine Tür bei mir aufgestoßen, und ich konnte endlich so schreiben, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Schuld und Sühne ist ein elendes Buch über elende Leute, aber dabei so fesselnd, so toll geschrieben, hach … Mein Russisch ist noch nicht gut genug, um Dostojewski im Original zu lesen, aber ich arbeite dran.

Bin ich die einzige, die heute solche antiheroische Fantasy schreibt? Bestimmt nicht. Ich muss aber an dieser Stelle gestehen, dass ich heute deutlich weniger lese als vor zwanzig Jahren, weil es bei mir mit dem Schreiben um meine Aufmerksamkeit buhlt und ich dann meistens das Gefühl habe, dass das Schreiben mir mehr gibt. Deswegen kann ich gar nicht so viele zeitgenössische Autor*innen empfehlen – ich kaufe ungebrochen viele Bücher, wir mussten extra ein großes Haus kaufen, damit die alle Platz haben, aber ich lese einfach zu wenig davon wirklich bis zum Ende. Wen ich aber in dem Zusammenhang unbedingt empfehlen muss, ist meine Autor*innenkollegin Kaja Evert (schreibt auch als Valerie Colberg), die wirklich großartige Bücher über gebrochene Figuren schreibt, die ganz nach meinem Herzen sind. 

Wenn jetzt jemand stattdessen Romantipps für mich hat – immer her damit! Ich will ja lesen, und irgendwann erobere ich es mir hoffentlich auch wieder richtig zurück.

Andreas (ZWO): Nun wollen wir natürlich auch wissen, in welchen Büchern du deine anti-heroische Fantasy zu Papier bringst. Wie geht es denn bei dir und deinen Reihen weiter?

Maja: Meine Reihen sind im Moment nur eine Reihe: Die Neraval-Sage, mit der ich das gewaltige Glück hatte, bei meinem absoluten Traumverlag, der HobbitPresse bei Klett-Cotta, zu landen. Da liege ich gerade mit dem Abschlussband der Trilogie buchstäblich in den letzten Zügen – geplant ist, dass Das gefälschte Herz im kommenden Frühjahr erscheint, und ich setze gerade alles daran, dass das klappt. 

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Tymur Damarel, fünfter Sohn des Königs von Neraval, der auf den ersten Blick alles mitbringt, was ein strahlender Held braucht. Er ist bezaubernd schön (und weiß das auch), ein begnadeter Schwätzer und Charmeur – aber seine dunklen Seiten kommen mehr und mehr zum Vorschein, als er erst handverlesen seine Gefährten auswählt, nur um die dann akribisch gegeneinander auszuspielen und auf ihn selbst zu fixieren, statt zuzulassen, dass sie sich miteinander anfreunden. Dass von diesen drei Gefährten auch noch zwei in Tymur verliebt sind, macht das Ganze nicht einfacher und sicher nicht romantischer, denn Tymur ist mehr Manipulator denn Liebhaber. Er hat auch viele Leser*innen um den kleinen Finger gewickelt, aber Achtung, der Bursche ist tückisch.

Sein Gegenstück in der Gruppe ist Kevron, der verkrachte Fälscher, dem wirklich alles Heldenhafte abgeht. Kevron ist alkoholkrank und depressiv, hat vier Jahre lang praktisch keinen Schritt vor die Tür getan und fühlt sich verfolgt von den Mördern seines Bruders und den eigenen Schuldgefühlen. Zu Beginn der Geschichte ist Kevron so kaputt, dass ein Vollbad einen triumphalen Sieg bedeutet, und auch wenn es Tymur gelingt, Kevron aus der Isolation zu locken (und dafür sorgt, dass Kev nur ja nie vergisst, wem er sein neues Leben verdankt), wird Kevron seine Sucht, seine Unsicherheit, seine Ängstlichkeit auch durch alle drei Bände der Reihe mit sich herumschleppen.

Im Vergleich zu dem zunehmend unberechenbaren Prinzen und dem versoffenen Wrack von einem Fälscher sind die beiden anderen Gefährt*innen, der in Ungnade gefallenen Steinerne Wächter Lorcan und die etwas zu ehrgeizige Magierin Enidin, eigentlich ziemlich normale Leute – sowas muss es ja auch geben, nicht jeder schleppt einen solchen Berg an Ballast mit sich herum, aber auch die beiden vereinen Stärken und Schwächen in sich. Lorcan, rechtschaffener Kämpfer für das Gute, neigt zu Selbstgerechtigkeit und ist durch seine Liebe zu Tymur etwas verblendet, wenn es darum geht, dessen Schattenseiten zu sehen, und Enidin, bestrebt, trotz ihrer Jugend als Magierin und Wissenschaftlerin ernstgenommen zu werden, verbirgt ihre Unsicherheit im Umgang mit Menschen hinter einer gewaltigen Schutzmauer aus Arroganz. 

Während sie herauszufinden versuchen, ob der Dämon, den Tymurs Ahn vor tausend Jahren besiegt hat, noch in der Schriftrolle eingesiegelt ist, die das Königshaus in seiner Krypta bewachen lässt, oder längst entkommen konnte – zumindest das Siegel, so viel steht fest, ist eine Fälschung – trauen sich die Gefährt*innen gegenseitig erst einmal so weit, wie Kevron sie werfen könnte, und an dem ist echt kein Sportler verlorengegangen. Langsam bilden sich fragile Bündnisse, Loyalitäten entstehen und verlagern sich, und niemand kann mit Bestimmtheit sagen, was nun wahr ist und was gelogen. Das Spiel um Wahrheit und Fälschung zieht sich durch alle Teile der Reihe – ich mag es, meine Leser*innen zu überraschen, sie an der Nase herumzuführen und denken lassen, dass sie die Auflösung längst kennen, nur damit es dann doch alles ganz anders ist. An der Stelle kommen die Krimis durch, die ich immer schreiben wollte – was als klassisches Mörderspiel bei mir zum Scheitern verdammt war, lässt sich in den Fantasyroman ganz wunderbar unterweben.

Diese Überraschungsmomente betrachte ich als mein Markenzeichnen, das zieht sich durch alle meine Bücher, ob das jetzt klassische Fantasy ist oder historische Grusel/Mystery – ein Genre, in dem ich auch zwei Bücher veröffentlicht habe, Das Puppenzimmer und Die Spiegel von Kettlewood Hall –, meine Leser*innen müssen sich darauf einlassen, überrascht zu werden, auch wenn das bedeuten kann, dass sie am Ende nicht genau den Schluss bekommen, den sie sich erhofft haben, sondern etwas ganz anderes. Ich mag es, wenn das Ende mindestens einen Hauch von Ambivalenz hat, denn im echten Leben geht auch nicht alles gut aus, oder, um mein Lieblingsbuch Das letzte Einhorn zu zitieren: „Es gibt kein glückliches Ende, weil nichts endet“.

Aber jetzt endet erst einmal die Neraval-Sage, so sehr, wie sie enden kann, nach elf Jahren Arbeit, in denen ich so viel gelernt habe, wie das irgendwie möglich war, und ich mich vom ersten bis zum letzten Band so weiterentwickeln konnte, dass ich jetzt selbst gespannt drauf bin, was als nächstes kommt. Pläne habe ich viele, und auch zahlreiche Werke in Arbeit, die endlich fertig werden sollen. Nach der Trilogie will ich erst einmal etwas Einteiliges machen, und den nächsten Mehrteiler werde ich, nach meinen Problemen, eine Trilogie auf Kommando fertigzuschreiben, erst bei Verlagen anbieten, wenn die Reihe auch fertig ist – ich will zum Beispiel wirklich gerne eine ganz klassische Sammelquest im Stil der Fantasy der Achtzigerjahre, mit der ich aufgewachsen bin, schreiben, Retro-Fantasy, aber mit modernem Twist.

Andreas (ZWO): Ich bin auf dich aufmerksam geworden, da ich die queere Fantasy etwas näher beobachte. Du bist non-binary. Beeinflusst das dein Schreiben und wenn ja, wie?

Maja: Es fällt mir schwer, abzuschätzen, wie es mein Schreiben beeinflusst, weil ich schon immer so war und keinen Vergleich habe, wie es wäre, binär zu sein. Was lange gedauert hat, war, ein Wort dafür zu finden, wie ich mich selbst wahrnehme – ich wusste, ich identifiziere mich nicht als Frau, aber auch nicht genug oder nicht oft genug als Mann, um zu denken, dass ich qualifiziert bin, mich als transgender zu betrachten. Erst als ich irgendwann über die Schlagwort Non-binary und Genderfluid gestolpert bin, hat es bei mir klick gemacht, und heute betrachte ich mich ganz offen als transgender und nicht-binär und bin erleichtert, dass es raus ist.

Diese Erkenntnis hat bei mir auch beim Schreiben einen Schalter umgelegt. Es ist mir vorher immer seltsam schwer gefallen, lebendige und eigenständige weibliche Figuren zu erschaffen – meine Männer waren vielschichtig, zerbrechlich, lebendig, und meine Frauen im Vergleich hölzern, steif, leblos – das habe ich für mich selbst so erklärt, dass sie ja alle mir zu sehr ähneln würden, weil ich ja auch eine Frau bin, ohne mich gleichzeitig selbst wohl in dieser Rolle zu fühlen, und ich konnte mich nicht auf sie als Individuen einlassen. 

Erst die Akzeptanz, dass ich männliche und weibliche Elemente in mir habe und mir die männlichen Figuren genau so ähnlich, oder unähnlich, wie die Frauen sind, hat dazu geführt, dass ich mich heute mit weiblichen Figuren genau so wohlfühle wie mit männlichen. Ein Erbe, das ich davon noch mit mir herumtrage, ist, dass in der Neraval-Sage drei männliche auf eine weibliche Hauptfigur kommen, und die ist dann auch noch wirklich sehr ähnlich wie ich in ihrem Alter. Aber da war Das gefälschte Siegel schon längst verkauft, und meine Held*innen waren, wer sie sind, und sollten das auch bleiben. Bei Geschichten, die ich seitdem angefangen habe, gehe ich direkt mit vielseitiger an den Start.

Ich denke aber nicht, dass man nur als nonbinäre*r Autor*in in der Lage ist, sowohl Männer als auch Frauen glaubwürdig zu schreiben – bloß das nicht. Ich erwarte von allen Autor*innen, dass sie die Empathie mitbringen, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, unabhängig von dessen Geschlecht oder sexueller Identität. Wenn mir irgendjemand erklärt, wie es mal nach einer Rezension passiert ist, ich müsste akzeptieren, dass bei Maze Runner auf gefühlt vierzig Jungen ein einziges Mädchen kommt, das dann auch noch weite Teile des Buches im Koma verbringt, weil Autor Dashner nun mal ein Mann ist und man nur über das schreiben kann, was man kennt: Bullshit. 

Jede*r Autor*in hat im Bekanntenkreis Männer, Frauen und wahrscheinlich auch jemanden irgendwo dazwischen, jeder kennt Menschen, und wir schreiben Bücher in erster Linie über Menschen, nicht über Männer oder Frauen. Vielleicht hilft mir da das Nichtbinäre, über diese Grenzen hinwegzusehen, aber ich betrachte meine Figuren wirklich nicht als hauptberufliche Männer oder Frauen, sondern einfach als sie selbst. Von Haus aus ist das aber eine Einstellung, die ich mir wirklich von allen Leuten wünschen würde, auch völlig abgesehen davon, ob es Autor*innen sind. 

Andreas (ZWO): Und beeinflusst es deine Position in der Fantasy? Hast du das Gefühl, die Szene ist offen für non-binäre Menschen? Oder hat man dir deshalb Steine in den Weg gelegt? 

Maja: Was mein Coming Out jetzt für Folgen hat, kann ich noch nicht abschätzen, dafür ist es zu frisch. Es ist auch lang genug nach dem letzten und vor dem nächsten erschienenen Buch passiert, als dass Rezensent*innen irgendwie darauf eingegangen wären, und ich vermute, bis im nächsten Jahr Das gefälschte Land erscheint, wird auch kaum noch jemand daran denken. Dafür bin ich als Autorin einfach ein zu kleines Licht, es hat keine großen Wellen geschlagen außerhalb meines Bekanntenkreises.

Insgesamt habe ich sehr positive Resonanz erfahren – es hat ein bisschen zusätzlichen Erklärungsbedarf gebraucht, warum ich mich zum Beispiel weiterhin als Autorin bezeichne, wenn ich doch keine sein will, oder warum ich meinen weiblichen Vornamen und weibliche Artikel verwende. Die einfache Antwort ist, dass mir die Grammatik ziemlich schnurz ist. In der deutschen Sprache ist der Artikel für mich nicht identitätsweisend – Wurst ist weiblich, Käse ist männlich, und will ich mit Aufschnitt um meine Identität konkurrieren? 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es im Deutschen verschiedene, noch eher experimentelle Ansätze für genderneutrale Pronomen, und ich verstehe, dass das für viele nichtbinäre Menschen eine wichtige Sache ist. Aber mir persönlich ist das noch zu umständlich, und ich will nicht, dass man einen großen Eiertanz darum machen muss, wie man jetzt mit mir oder über mich spricht. Mir sind andere Sachen wichtiger, ich möchte nicht unter Frau verschlagwortet werden und auch nicht Preise als Beste Autorin gewinnen, wenn es einen separaten Preis für männliche Autoren gibt – ich wünsche mir, dass dieses Schachteldenken aufhört, weil ich ja nicht die einzige bin, die weder in die eine noch die andere Kategorie gehört, und statt dass man einen dritten Preis für den besten nichtbinären Autor einbaut, kann man auch einfach den Preis Beste*r Autor*in nennen, und gut ist.

Das war für mich einer der Gründe, warum ich mein Blog zum Coming Out genutzt habe – es hat mich so ungemein gestört, dass mein Wikipedia-Artikel unter Frau abgelegt war, als ob das irgendwas über mich aussagen würde. Meine Hoffnung war, wenn ich das öffentlich mache, wird auch die Wikipedia entsprechend bearbeitet, aber da gab es dann erstmal Drama. Mein persönliches Blog, weil nur eine Primärquelle, wurde nicht als glaubwürdig belegt betrachtet, die Änderung gleich wieder rückgängig gemacht – und was dann passierte, war eine unglaubliche Welle der Solidarität. Autor*innen, Nonbinäre, trans Menschen und andere sind zu meiner Unterstützung gekommen, haben eine Diskussion zu meinem Fall angestrengt, bestätigt, dass dieses Blog wirklich mein Blog ist, gefragt, was ich denn sonst hätte machen sollen: meine Lokalzeitung anrufen, dass ich da gern mein Coming Out machen würde, weil es mir nur mit Sekundärquelle geglaubt wird? Und dann ging es ganz schnell, die Änderung wurde vollzogen, und der Artikel steht jetzt unter nichtbinäre Person, wo ich immer hinwollte. An dieser Stelle noch mal ein Dankeschön an alle, die mir da geholfen haben!

In der deutschen Phantastikszene sehe ich keine Akzeptanzprobleme für nichtbinäre Personen. Da wird ganz offen und friedlich diskutiert, wie man mit genderneutralen Pronomen arbeiten kann, es gibt zunehmend nichtbinäre Figuren in Romanen, wobei das sprachliche Problem da größer ist als das gesellschaftliche. Das ist im Englischen einfacher, da hat sich they als neutrale Version wirklich gut etabliert, auch wenn ich das für mich selbst nicht verwenden würde – aus dem persönlichen Grund, dass es ja immer noch diese Pluralkonnotation hat und ich mir mit der Schizophrenie immer den Mund fusselig rede, dass ich keine gespaltene Persönlichkeit habe, wirklich nur ein einziger Mensch bin, und da fühle ich mich mit they einfach unwohl. Aber das bin nur ich.

Über die Phantastikszene hinaus … *seufz*. Außerhalb meiner Autor*innenblase ist die Wahrnehmung nichtbinärer Menschen gleich null. Die tun sich schon schwer genug damit zu akzeptieren, dass eine trans Frau eine Frau ist, und wenn von jemandem bekannt ist, nichtbinär zu sein, wird das durch die Bank nicht ernstgenommen und als ein Phänomen orientierungsloser Millennials oder Gen Y dargestellt: wie putzig, dass die keine echten Probleme haben, wir sind noch jeden Tag barfuß durch den Schnee zur Schule gelaufen … Dabei gibt es genug Leute wie mich, die irgendwann mit Mitte vierzig oder noch später endlich ein Wort für das gefunden haben, was sie schon ihr Leben lang waren.

Ich will mir da auch keine zu großen Hoffnungen machen. Da hängt die Akzeptanz der etablierteren queeren Spielarten einfach noch so weit zurück, als dass ich erwarten kann, mit etwas, das in der deutschen Sprache noch nicht mal vorgesehen ist, gleich verstanden und akzeptiert zu werden. Da erwarte ich bestenfalls ein Schulterzucken. Alles, was nicht ins Schwarzweiß-Schemata passt, hat es schwer – das trifft ja auch die Bisexuellen, die immer noch, obwohl das eine seit Jahrzehnten bekannte sexuelle Orientierung ist, darum kämpfen müssen, wahrgenommen und akzeptiert zu werden, auch in der LGBTQ+-Community selbst. 

Was ich aber sehe, ist, dass queere Themen generell sichtbarer in der Gesellschaft geworden sind, und um diese Sichtbarkeit zu erhöhen, sind insbesondere Autor*innen gefragt, solche Menschen in der Literatur sichtbarer zu machen. Da tut sich wirklich viel. Vor zehn Jahren hat mir noch ein Lektor den Kommentar reingedrückt, es könnten nicht beide männliche Hauptfiguren schwul sein, sie wären dann ja zu ähnlich, er hätte ja gar nichts gegen Schwule, aber ich sollte doch besser aus dem einen ein Mädchen machen. Oder ein Verlag wünschte ganz ausdrücklich ein heterosexuelles Happy End, nachdem in meinem Debütroman am Ende das Mädchen das Mädchen bekommen hat. 

Sowas passiert heute nicht mehr, da sind solche Themen auch bei den Großverlagen kein Problem mehr, da wird ganz gezielt nach Diversität gesucht, und man muss nicht mehr in einem Nischenverlag erscheinen, um schwule oder lesbische Hauptfiguren zu haben. Ich sehe noch einige Zurückhaltung bei nicht-queeren Autor*innen, sich an queere Figuren heranzuwagen, nicht aus Homophobie, sondern der Angst, etwas falsch darzustellen und jemanden zu verletzen – aber dafür haben wir unsere Empathie, dafür reden wir miteinander, und dafür gibt es inzwischen so was Tolles wie Sensitivity Reader. Wenn ich in der Lage bin, über jemanden zu schreiben, der hetero und cisgender ist, dann geht das auch umgekehrt, und wir können alle zusammen helfen, dass queere Themen in der Mitte der Gesellschaft verankert werden – und dann, irgendwann, in ein paar Jahrzehnten oder so, sind auch nichtbinäre Leute etwas ganz Normales und auch sprachlich voll integriert. 

Andreas (ZWO): Magst du uns zum Abschluss noch etwas zum von dir initiierten und immer noch maßgeblich betriebenen Fantasyautor*innenkreis Tintenzirkel sagen?

Maja: Der Tintenzirkel ist mein literarisches Wohnzimmer, mein zweites Zuhause, und, egal was ich auch an Bücher produziert habe, immer noch das Größte, was ich bis jetzt erschaffen habe. Nach dem Ende meines Studiums hat sich mein damaliger Autor*innenkreis, die Runenkratzer (Motto: Eat and Read) in alle Winde zerstreut – dafür habe ich einen Internetzugang bekommen und, über Webringe, Rollenspielcons, Onlineplattformen wie Elfwood, Kontakt zu anderen Autor*innen bekommen. Habe viel hin und her gemailt, aber es waren ziemlich viele Mailkontakte, die da bedient werden wollten, vieles ist dann wieder eingeschlafen, und weil ich tendenziell faul bin, habe ich einfach eine Mailingliste gestartet, alle Autor*innen, die ich kannte, eingeladen, und das ganze Tintenzirkel genannt. Das war im Dezember 2001. 

Dann ist die Liste gewachsen. Wir hatten alle Anmeldebuttons auf unseren Webseiten, und man konnte über die Yahoogroups-Suche, wenn man nach Autor*innengruppen suchte, ziemlich weit oben den Tintenzirkel finden, und das Ganze hat immer mehr Eigendynamik gewonnen – plötzlich waren wir um die hundert Leute, hatten eine riesige Webseite voller Leseproben, und im Sommer 2004 nahm ich alle meine Codingkünste zusammen und richtete uns ein Forum ein, erstmal, um einen Ort zu haben, wo Leute diese Leseproben kommentieren konnten. Das schlug ein wie eine Bombe, und innerhalb von Wochen war die Mailingliste wie ausgestorben, und alles Leben spielte sich nur noch im Forum ab.

Und jetzt, siebzehn Jahre nach dem Launch, gibt es das Forum immer noch. Eine Zeitlang habe ich uns als das dienstälteste deutschsprachige Fantasyautor*innenforum bezeichnet – ich glaube, inzwischen sind wir das Letzte. Foren haben inzwischen im Vergleich zu anderen Communitys etwas sehr Antiquiertes an sich. Ich habe viele andere Autor*innenforen, mit und ohne Fantasyschwerpunkt, in der Zwischenzeit kommen und leider wieder gehen sehen, aber wir stemmen uns gegen den Trend, der Laden brummt, und wir haben immer noch viele Neuanmeldungen – nicht mehr so viele wie vor zehn Jahren, aber eine gesunde Menge.

Was den Tintenzirkel besonders macht, im Vergleich zu anderen Autor*innengruppen, ist, dass wir von Anfang an auf eine Mischung aus Hobby- und Profiautor*innen gesetzt haben (das war schon unser Motto, als wir noch praktisch keine Profis vorzuweisen hatten, aber wir wollten ja alle welche werden). Man muss sich bei uns um eine Mitgliedschaft bewerben, aber dabei geht es nicht um die Frage, wer was veröffentlicht hat, sondern wie kommunikativ die Leute sind – der Austausch funktioniert nur dann, wenn man bereit ist, von sich selbst etwas preiszugeben und von anderen etwas anzunehmen. 

Der Wille zur Weiterentwicklung ist uns wichtiger als eine ellenlange Publikationsliste, und wer uns als Bewerbung nur seinen Klappentext zuschickt, den lehnen wir auf Garantie ab – wir nehmen keine Romane auf, sondern Menschen, und die wollen wir auch gerne kennenlernen. Wir machen auch, ganz wichtig, keine Textkritik. Die Leseprobenrubrik auf der Webseite ist schon lange über den Jordan gegangen. Textkritik in Foren ist schwierig, weil sie zu so vielen Missverständnissen und bösem Blut führt, weil Leute, die sich erst für total dickhäutig halten, dann doch keine Kritik annehmen können, und weil der Ton die Musik macht. Auf den Wohnzimmertreffen, die wir in Vor-Pandemiezeiten regelmäßig abgehalten haben, wird immer vorgelesen und anschließend besprochen, aber da kann man rückfragen, da funktioniert der Dialog mündlich besser, als wenn man das schriftlich versucht.

Ansonsten ist der Tintenzirkel offen für alle Schreibthemen. Wir helfen uns aus Plotlöchern, lesen für einander beta, und drehen so richtig ab im Nanowrimo, was jedes Jahr unsere heißgeliebte fünfte Jahreszeit ist. Ich bin als Autorin durch den Austausch mit Kolleg*innen so viel weitergekommen, als ich das allein geschafft hätte, habe so viele Dinge gelernt, ohne die ich heute keine Berufsautorin wäre, und habe meinerseits dazu beitragen, dass aus vielen begabten Anfänger*innen heute Profis geworden sind. Ich bin natürlich stolz, dass es inzwischen auch für mich geklappt hat, aber auf dem Weg dorthin hat es sehr geholfen zu sehen, dass andere Autor*innen, an deren Talent ich glaubte, bei Agenturen und Verlagen unterkamen und damit klar war, man kann das schaffen, auch wenn man als niemand anfängt.

Inzwischen sind wir ein Forum mit über 300 Mitgliedern, die meisten davon aktiv, und eine eingeschworene Gemeinschaft, in der man verrückt sein kann, queer oder sonstwie anders, in der es meistens ums Schreiben geht, aber auch oft ums Leben, und wo ich viele sehr enge Freundschaften geschlossen habe. Ich muss den Laden nicht mehr allein schmeißen, sondern habe ein tolles Team, die mir auch den Rücken stärken und freihalten, wenn es mir nicht gut geht, die mich auch mal bremsen, wenn ich übers Ziel hinausschieße oder mir Feuer unterm Hintern mache, wenn ich versprochen hatte, ein Update einzuspielen und das dann verbummle.

Wir sind nicht über Probleme erhaben – in diesem Jahr gab es einigen Aufruhr, als uns ein sieben Jahre alter Thread voller unreflektiertem Alltagsrassismus zurecht um die Ohren geflogen ist und wir uns sehr intensiv mit der Frage befassen mussten, was wir falsch gemacht haben, dass wir zwar tolle Nischen für queere oder psychisch kranke Autor*innen hatten, aber BIPoC-Autor*innen immer wieder mehr oder weniger unterschwelligem Rassismus ausgesetzt waren, der von uns Moderator*innen nicht wahrgenommen und dementsprechend auch nicht anmoderiert wurde. Da haben wir das Ende der Fahnenstange sicher noch nicht erreicht, aber wir sind in der Lage, miteinander zu reden, für unsere Fehler geradezustehen, uns zu entschuldigen und draus zu lernen, und darauf kommt es an. 

Egal, wie etabliert irgendwas sein mag, es gibt immer Sachen zu verbessern, und das ist ja auch gut. Man ist nie fertig oder perfekt, ob als Autor*in oder Forenadmin. Und trotz aller Fehler, die wir über die Jahre gemacht haben, ist es wichtig, dass es Foren wie den Tintenzirkel gibt, und wir haben über die Jahre vielen Leuten helfen können. Ich hatte ja alles in allem eine schöne Kindheit – aber dass man als schreibender junger Mensch heute nicht mehr von der Klasse gemobbt allein auf weiter Flur ist und das Gefühl hat, der einzige Autor weit und breit zu sein, sondern einfach ins Internet gehen kann, um Anschluss zu suchen und zu finden, das ist großartig. Ich hätte den Tintenzirkel schon vor über dreißig Jahren brauchen können. Aber immerhin werden wir dieses Jahr zwanzig, und das werden wir feiern.

Andreas (ZWO): Dann bleibt mir dir nur noch ein ganz unheroisches und erfolgreiches Autor*innenjahr zu wünschen!

Maja: Ich danke für das Interview und die tollen Fragen! Es tut mir ein bisschen leid, dass ich mich zu solchen Epen habe hinreißen lassen – wenn ich an einem Interview Spaß habe, gehen leicht die Pferde mit mir durch. Dann kehre ich jetzt mal zurück zu meinem Manuskript – das Finale meines Gefälschten Landes wartet …

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