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Auge um Auge

Finstere Geheimnisse für Private Eye

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Kategorie: Pen & Paper

Dass es mit einem ruhigen Erholungsaufenthalt im Dörflein Nun Monkton nichts wird, hätte den Spielerinnen und Spielern eigentlich schon bewusst sein müssen, als sie sich zum Rollenspielabend versammelten. Schließlich ist Private Eye ein Detektivspiel und keine Erholungstour. So dauert es auch nicht lange, bis ihre Charaktere auf eine angeschwemmte Wasserleiche stoßen. Die wirft für die findigen Detektive einige Fragen auf, die weit über die paar Häuser des kleinen Dörfchens führen. Bereits erste Zeugenbefragungen und die Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei zeigen, dass weitere Ermittlungen unerlässlich sind. Was sich von da an entspinnt, ist nicht nur ein für Detektivabenteuer übliches Geflecht aus Motiv, Alibi und Verschwörungen, sondern wirft auch Fragen zu Moral und Schuld auf, die sich vermutlich nicht nur legislativ lösen lassen.

Viel mehr soll auch nicht über den Fall verraten werden, schließlich lebt Private Eye noch mehr als andere Spiele von dem Auflösen des jeweiligen dunklen Geheimnisses. Dieses ist jedoch im vorliegenden Fall noch dunkler – oder zumindest schwerer – als gewohnt. Bereits die Einleitung enthält einen sinnvollen Warnhinweis, den man ernst nehmen sollte. Das Abenteuer lebt zwar nicht von extremen Gräueltaten oder Splatterszenen, hat es aber mit sexualisierter Gewalt und tiefgehenden Schicksalen zu tun, die vor dem historischen Hintergrund noch einmal realistischer wirken. Die Tiefe des Themas und die komplexe Motivation der Figuren heben das Abenteuer von anderen Detektivspielen ab und haben sicher mit den Ausschlag dafür gegeben, dass Auge um Auge als 11. Abenteuerband der Private Eye-Reihe neu aufgelegt wurde.

Private Eye in Bestform

Private Eye ist, wie schon an anderer Stelle erwähnt, ein etwas anderes Rollenspielerlebnis. Entgegen klassischer Fantasy- oder Science-Fiction-Systeme lebt es davon, einen historisch angelegten Kriminalfall zu lösen. Das stellt besondere Anforderungen an Spielleitung und Abenteuerband gleichermaßen. Da Deduktion (oder Induktion) zum Handwerkszeug aller Detektive gehört, müssen zuerst die Fakten stimmen und widerspruchslos ineinander greifen. Das Abenteuer wimmelt daher nur so von Zeugen, Indizien, Gerüchten und Hinweisen, die zusammen einen schlüssigen Fall ergeben. Dementsprechend sollte das Abenteuer gut vorbereitet werden, da eine falsche Improvisation einen Fall schnell unplausibel machen kann.

Das Abenteuer besteht also nach recht klassischen Szeneriebeschreibungen, im Kern aus den Dramatis Personae und einer Rekonstruktion des Fallgeschehens. Da der Fall bereits geschehen ist, ist darüber hinaus die Dynamik stark von den Charakterbemühungen abhängig. Zwar haben die Nichtspielercharaktere (NPCs) ihre eigenen Motivationen, es gibt aber keinen simplen Bösewicht, der die Handlung aktiv durch seine Taten vorantreibt. Um bei dieser anspruchsvollen Aufgabe nicht die Übersicht zu verlieren, gibt das Abenteuerbuch der Spielleitung Figurenbeschreibungen, den Fallverlauf und eine nützliche Relationship Map an die Hand. Damit bewaffnet wird es deutlich leichter, nicht den Überblick zu verlieren, zumal bei den NPCs noch einmal explizit hervorgehoben ist, zu welchen Themenkomplexen des Falles sie Informationen haben.

Trotz solcher Hilfestellungen ist das Abenteuer eine Herausforderung und richtet sich nicht nur vom Thema her an erfahrene Spielgruppen. Insbesondere die Spielleitung ist gefordert, den Fall ordentlich vor Augen zu haben, um keine Widersprüche zu erzeugen. Das Abenteuer gibt dazu alles Nötige an die Hand, muss aber aktiv aufgearbeitet werden. Es reicht nicht, sich von Kapitel zu Kapitel oder Sitzung zu Sitzung durchzuarbeiten. Stattdessen muss immer der ganze Fall im Blick stehen und die Optionen der Gruppe müssen berücksichtigt werden.

Struktur und Aufmachung

Die besonderen Anforderungen eines anspruchsvollen Detektivabenteuers schlagen sich auch im Abenteueraufbau nieder. Wie schon erwähnt, ist ein großer Teil des Heftes für übersichtliche Darstellungen reserviert. Das gilt auch für das eigentliche Abenteuer, das durch Infoboxen zur Kriminalgeschichte und möglichen Anpassungen aufgelockert wird. Beide Bereiche sind ansonsten recht klassisch gehalten. Der größte Teil besteht aus gut geschriebenem und stimmungsvollem Fließtext. Auch bei den Personenbeschreibungen merkt man den detektivischen Fokus. Anstatt sperriger Charakterwertblöcke werden Aussehen, Persönlichkeit, Verhalten und Informationen aufgeführt. Nur die Kernfiguren kommen mit Spielwerten daher, da es nicht primär um Kämpfe und dramatische Verfolgungs- oder Versteckszenarien geht, sondern das Rekonstruieren eines Falles im Fokus steht.

Optisch ist Auge um Auge ebenso klassisch. Das nicht zu viel verratende Titelbild ist imposant, der Inhalt aber eher funktional gehalten. Zeitgenössische Fotos illustrieren die Charaktere, übersichtliche und schön gestaltete Grundrisse bzw. Übersichtskarten stellen zentrale Lokalitäten vor. Ansonsten lockern einzelne Zeichnungen und Fotos den Textfluss auf, der Fokus liegt aber ganz klar auf dem Inhalt. Gerade wenn man Private Eye mit dem Platzhirsch Cthulhu vergleicht, ist hier noch etwas Luft nach oben. Das Layout ist zwar stimmig, wirkt aber etwas gedrungen und auch die Handouts könnten besser gestaltet sein. Realistisch wirkende Zeitungsausschnitte sucht man ebenso vergeblich wie toll gestaltete Tagebucheinträge. Das mag man dem Kleinverlag Redaktion Phantastik aber allemal verzeihen, zumal man dafür 72 Seiten mit dichtgefülltem Inhalt bekommt.

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