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The Amazing Screw-on-Head

… und andere seltsame Dinge

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Kategorie: Literatur

Was Mike Mignola anfasst, wird offenkundig Gold. Vielleicht dunkles, in seinem Innersten verrottetes Gold – aber nichtsdestotrotz Gold, das sich zu bestaunen lohnt. Das gilt auch für den Amazing Screw-on-Head und die anderen seltsamen Geschichten, die unter diesem Namen versammelt wurden.

Ursprünglich war es nur eine fixe Idee Mignolas, die nach eigenem Bekunden zur titelgebenden Kurzgeschichte geführt hat. Eine wenig ausgereifte Idee für ein Spielzeug, bei dem man einen Kopf auf unterschiedliche Körper aufschrauben könnte. Irgendwas an der Idee hat ihn so fasziniert, dass Mignola zwar nicht das Spielzeug realisierte, dafür aber eine passende Comicgeschichte erschuf. Wenig verwunderlich, denn schließlich ist er ja Künstler und kein Spielzeugdesigner.

Im Comic ist Screw-On Head – also der Kopf zum Aufschrauben – ein Agent im Dienste Abraham Lincolns. Für den Präsidenten ist er damit betraut, den finsteren Machenschaften von Imperator Zombie und seinen seltsamen Handlangern entgegenzutreten. Wie unschwer zu erraten ist, greift Mignola dabei tief in die Mottenkiste des dunklen okkulten Horrors, den er jedoch mit mehr als nur einer Prise Humor würzt. Das im erweiterten ‚Mignolaverse‘ angelegte Setting versprüht unmittelbar seinen bizarren Charme, der sich durch die Kombination aus okkulten Grundmotiven, Action und einer ganz eigenen bildgewaltigen Ästhetik auszeichnet. Wer Hellboy kennt und schätzt, wird sich hier direkt heimisch fühlen.

Fünf Kurzgeschichten

Die etwa 40-seitige Hauptgeschichte macht weniger als die Hälfte des Bandes aus und wird gleich von fünf weiteren Kurzgeschichten begleitet. Abu Gung und die Bohnenranke ist lose mit Screw-On Head verknüpft. Wir erfahren die Geschichte Gungs, der uns im vorhergehenden Comic als Hüter eines dunklen Artefakts begegnet war. Mignola greift in der kurzen Geschichte auf Mythenstoff zurück, den er neu arrangiert und mit einem düsteren Twist versieht. Zwei verfallende Frauen berichten, wie ihre dritte Schwester einen seltsamen Tausch gemacht hat, der hier nicht vorweggenommen werden soll. Der junge ‚Gung der Prächtige‘ gibt dieser Geschichte mit einer kleinen Lüge abschließend einen gewitzten Dreh.

Darauf folgt eine etwas allegorisch zu verstehende Geschichte, die Mignola anhand einer Erzählung seiner Tochter erschaffen hat. Sie handelt von einem Zauberer und einer Schlange, und kreist auf verstörende Weise um das Thema Liebe und Unsterblichkeit und lässt uns bewusst etwas nachdenklich oder zumindest irritiert zurück.

Die Hexe und ihre Seele ist ähnlich kurz und lässt uns ebenfalls mit einem offenen Ende zurück. Dabei geht es um einen Pakt mit dem Teufel – und um zwei Homunkuli, die durchaus unschuldig für den Pakt ihrer Erschafferin zahlen müssen.

Bevor der Band mit einem bildhaften Gang durch die Kapelle der kuriosen Objekte abschließt, dürfen wir die Geschichte über den Gefangenen vom Mars lesen. Mit etwa 20 Seiten nimmt sie sich etwas mehr Zeit als die vorhergehenden Kurzgeschichten. Ein Gehenkter erzählt rückblickend, wie er zurück unter die Lebenden gekommen ist. Dabei greift die Geschichte auf wunderbare Art auf Motive der frühen Science Fiction, insbesondere H. G. Wells zurück. Der Hauptcharakter ist nicht nur ein Wissenschaftler, sondern wir begleiten ihn auf einen Mars-Planeten, der die leicht verzerrte Version von Wells Marsianern beherbergt. Die Geschichte ist auch vom zeichnerischen Ausdruck äußerst stark und beeindruckt durch einen absurden Humor, der mit einem dunklen Stil verbunden wird. Mignola blüht in dieser Geschichte auf und beweist, wie exzellent er mit Phantastik und Horrormotivik zu spielen vermag. Selbst das Ende der Rückschau auf den Mars lässt sich als eine gelungene Anspielung auf den zweiten Teil von Wells’ Krieg der Welten lesen.

Die hohe Qualität des Produkts tut ihr Übriges, sodass man jederzeit daran erinnert wird, es hier mit einem extravaganten Buch zu tun zu haben. Das Hardcover kommt mit einem satten Druck daher, der die Geschichten gekonnt in Szene setzt. Schicke Kapiteltrennzeichnungen, ein Anhang mit Vorarbeitsskizzen und eine Anmerkungsseite zum Entstehungshintergrund machen das Buch wiederum zu einem bibliophilen Meisterwerk. Und selbstverständlich liest sich auch die Übersetzung durchgehend flüssig.

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