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Der Zwillingscode

Dystopischer Jugendroman über Künstliche Intelligenz

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Kategorie: Literatur

Der 17-jährige Vincent ist eine Doppel-C-Seele, also so niedrig innerhalb der Sozialpunkte-Kaste, dass er viele Dinge im Leben niemals machen dürfen wird, wie beispielsweise zur Schule gehen oder studieren. Um sich und seinen Vater finanziell über Wasser zu halten, repariert er heimlich mechanische Haustiere der marktführenden Firma Copypet – und kommt so einer mächtigen KI gefährlich nah … 

Wir befinden uns im Jahr 2058, in dem die Dinge des öffentlichen und sozialen Lebens von einer künstlichen Intelligenz geregelt werden. Diese teilt Menschen auch in Kategorien ein, weswegen Vincent im Status einer Doppel-C-Seele eingestuft ist. Natürlich hat man die Möglichkeit, sich im System nach oben zu bringen, indem man bestimmte Handlungen und Verhaltensweisen adaptiert, die sich positiv auf die persönliche Wertung auswirken, doch bei Vincent und seinem Vater sind diese Bemühungen vergebens. Sie bleiben niedrig eingestuft. Während Vincents Vater seit dem “Unfalltod” seiner Frau ein erfolgloser Künstler ist, der seit vielen Jahren keine Bilder verkauft, unterstützt Vincent ihn finanziell, indem er heimlich (und illegal) mechanische Haustiere der Firma Copypet repariert.  

Copypet-Haustiere sind ausgeklügelte, lebensechte mechanische Nachbildungen von Tieren, die meisten richtigen Tiere sind nämlich mittlerweile ausgestorben und von der Bildoberfläche verschwunden. Copypet stellt daher nicht nur Katzen her, sondern auch Libellen, Quallen oder Wölfe. Doch mit einer mechanischen Katze, die bei Vincent zur Reparatur vorbeigebracht wird, beginnt sich sein Leben innerhalb kürzester Zeit zu wandeln. Diese Katze besitzt nämlich Krallen – eine Anomalie, die von Copypet niemals so ausgeliefert worden wäre, da das Verletzungsrisiko in dem Fall viel zu hoch wäre. Aufgrund dieser Anomalie wendet sich die Besitzerin der Katze, die alte und gut betuchte Frau Sartorius, an Vincent; denn würde sie den offiziellen Reparatur-Service nutzen, würde ihre illegale Katzenversion sehr schnell nicht mehr in ihrem Besitz verbleiben.  

Und so beginnt für Vincent – ungeahnt von ihm – ein gefährlicher Weg, denn sein Schicksal und das seiner Familie ist eng mit der alles regulierenden künstlichen Intelligenz verwoben – und die scheint davon nicht begeistert, denn sie setzt alles daran, dass Vincent für sie niemals eine Gefahr darstellen kann ...  

Black-Mirror-Szenario 

Wer die Netflix-Serie Black Mirror gesehen hat, wird sicherlich das Prinzip der Sozialpunkte zur Regulation der Gesellschaft wiedererkennen. Der Aspekt war es auch, der mich an dem Jugendbuch gereizt hat, weswegen der SERAPH-2022-nominierte Roman Der Zwillingscode auf meine Leseliste gewandert ist. Diese Zukunft, in der Vincent lebt, ist dementsprechend geprägt, alles richtet sich nach diesem Punkte-System aus – was von kaum jemanden so wirklich infrage gestellt wird, schließlich hat eine KI das System ausgeklügelt und daher sollte das ja auch korrekt und fair sein, oder nicht? In "jugendbuch-typischen" kurzen Kapiteln merkt auch Vincent schnell, dass seine Welt nicht wirklich so einwandfrei ist, wie er dachte, und auch nicht jeder das einfach so hinnimmt. Dieser von der Bürokratie und einer mechanischen Katze getriggerte “wache Moment” setzt schließlich die Story des Romans in Gange. 

Unterteilt ist das Buch dabei in drei Abschnitte, die wie Landmarken neue Story-Elemente hervorbringen und die zunächst recht schlichte Situation zu dem anwachsen lassen, was der Klappentext versprochen hat: eine virtuelle Welt, in der alle Gegenstände ihr digitales Leben führen – eine Zwillingswelt – unter der Herrschaft einer KI. Bis man zu diesem Punkt kommt, gehen allerdings ein paar Seiten ins Land. Das habe ich zwar als irritierend, aber nicht als schlecht empfunden, denn interessant ist dieses Zukunftsszenario allemal. Dennoch habe ich mich nach jedem weiteren Kapitel gefragt, wann in diesem kurzen Buch denn jetzt der Part mit dem Zwillingscode endlich einsetzt, schließlich wirkte das dem Klappentext nach als der Hauptcontent der Story. Doch auch der Weg kann das Ziel sein, und mir hat retrospektiv der frühe Teil der Geschichte ohne die virtuelle Zwillingswelt sogar mehr zugesagt. Hier liegt der Fokus mehr auf “dem Nebensächlichen”, der gesellschaftlichen Struktur, dem Leben in einer solchen Welt und den einzelnen Charakteren, ehe später eine virtuelle Rätseljagd nach der Rettung der Menschheit einsetzt.  

Fazit 

Margut Ruile hat mit dem gerade einmal 315 Seiten starken Jugendroman Der Zwillingscode einen spannenden, dystopischen Thriller mit Sci-Fi-Elementen geschaffen, der nicht nur die eigentliche Zielgruppe gut unterhalten wird. Die Geschichte kann sich im positiven Sinne durchaus mit der Netflix-Serie Black Mirror vergleichen lassen, an die mich das Buch sofort erinnert hat. Viele interessante Elemente zeichnen die Welt aus, die mit einer Bandbreite von sozialer bis technischer Natur ein futuristisches, theoretisch utopisch anmutendes Szenario spinnt, das bei genauerer Betrachtung doch mehr ins Gegenteil umschlägt. Mehr Ausführungen, Längen und Tiefen hätte ich mir zwar für das Szenario wie auch für die Charaktere sehr gewünscht, aber auch so ist es ein kurzweilig spannender Jugendroman, der wohl auch gerade deswegen einen gewissen Filmcharakter in sich trägt und auch zum Nachdenken anregt. 

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