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Das Zeitalter der Kröte

Farytale gone Bad 3

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Kategorie: Literatur

Im Rahmen seiner Fairytale gone Bad-Reihe hat der Amrûn Verlag Faye Hells Roman Das Zeitalter der Kröte veröffentlicht. In gewisser Weise handelt es sich dabei um eine Neuinterpretation des Froschkönigs, doch zugleich ist es auch eine düstere Dystopie über die Bedeutung von Kunst und Kultur in einem faschistischen Staat. Klingt außergewöhnlich, ist es auch!

In einer nahen Zukunft regiert ein faschistisches System und die Menschen ordnen sich "dem Reich" unter. Kunst, Theater und Literatur sind fast gänzlich verboten und dürfen nur von jeweils einem "Reichskünstler", "Reichsschauspieler" und "Reichsautoren" praktiziert werden (welcher nach seinem Tod auch nicht ersetzt wird). Dieser wird gelenkt und kontrolliert und von der Regierung so eingesetzt, dass er den Menschen gerade ihre ureigenstes Bedürfnis nach Kultur befriedigt, aber sie bloß nicht zur Individualität inspiriert.

Jacob Toad ist der Reichsautor – sein 3.000 Seiten langes Werk wird wieder und wieder gelesen und diskutiert, immer wieder neu aufgelegt und in die Köpfe der Menschen transferiert. Lesen und schreiben darüber hinaus ist streng verboten. Es ist Jacob Toads vertraglich festgelegte Rolle, den skandalösen Lebemann zu geben und von einer Drogen-Orgie in die nächste zu fallen. Er ist "der gelenkte Trieb" oder "der verordnete und ausheilende Bruch mit Regeln und Konventionen". Toad erfüllt diese Rolle und ist zufrieden, bis er erkennt, dass er es eigentlich nicht ist – und bis er eine Frau trifft, die ihn dazu inspiriert, über den Rand seines kleinen Trieb-Tümpels zu sehen.

Das Zeitalter der Kröte ist mit 150 Seiten ein kurzes Buch und wäre es nicht so schwer und trist, hätte man es wohl in einem Nachmittag durch. Dieses Urteil soll ihm jedoch keinesfalls Qualität absprechen – ganz im Gegenteil!

Tiefgründige Dystopie im vulgären Gewand 

Die Autorin behauptet von sich auf ihrer Website, sie verbinde "subtiles Grauen mit expliziter Gewalt und Obszönität", aber mit diesem Urteil setzt sie sich selbst herab. Faye Hells Sprache ist hart, ehrlich und gleichzeitig verträumt, ihre Gedankengänge sind zugleich verworren und klar, ihre Analogien schockierend und wahr. Im Angesicht von Faye Hells Dystopie wird klar, wie sehr Bücher, Kunst und Kultur das Denken der Menschen prägen und wie tief unsere Sehnsucht nach ihnen sitzt.

Ihr Werk ist kein klassischer Roman mit stringenter Handlung, viel mehr ein einziger innere Monolog des Protagonisten Jakob Toad. Die Bilder, die Faye Hell verwendet, stammen direkt aus dem Bewusstsein eines Junkies und Rebellen, der ein Leben ohne Grenzen führt, und sind sicher nichts für zarte Seelen. Zugleich sind sie aber oft so treffend präzise, dass man sie kaum vulgär nennen kann.

Toad ist kein Held – ganz im Gegenteil. Kaum zeigt er ein Stück Menschlichkeit, waren mir im nächsten Augenblick seine Taten wieder so zuwider. Und dennoch identifiziert man sich mit ihm, denn ist nicht jeder immer zwischen dem Wunsch nach Anerkennung und nach Freiheit, nach Individualismus und nach Zugehörigkeit gefangen?

Irgendwo versteckt sich in dieser Geschichte der Froschkönig, auch wenn man ihn suchen muss. Die Kröte ein angepasster Individualist, die Prinzessin eine Frau, die sich ihre Privilegien mit ihrem Körper erkauft und ganz sicher gibt es kein "glücklich bis an das Ende ihrer Tage": Das Zeitalter der Kröte kann man nicht wirklich als Neuinterpretation lesen, viel mehr wird der Froschkönig zur Analogie.

Absolut einzigartig!

Bei Das Zeitalter der Kröte handelt es sich um ein schlichtweg "krasses" Buch, das tiefe Gefühle, Sehnsüchte und Urängste trifft. Es lohnt sich für jeden, der es mag, wenn Literatur wehtut, wenn man über Sätze nachdenken muss, nur ihm sich ihrer Bedeutung schmerzlich bewusst zu werden. Auch für jene, die gerne in nahe und ferne Abgründe sehen. Und für die, denen in der Literaturlandschaft heutzutage ein Hauch Avantgarde fehlt. (Auch wenn es sich formal um "Band 3" handelt, gibt es keinen inhaltliche Zusammenhang der einzelnen Werke der Fairytale gone Bad-Reihe.)

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