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We will give you hell

Aufeinandertreffen von Wut und Gerechtigkeit

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Kategorie: Literatur

Helleah hat ihr Abi geschafft. Aber ihr Stiefvater hat andere Pläne für ihre Zukunft als sie selbst. Das endet in einem Streit, der plötzlich mehr bedeutet als nur einen Familienzwist. Ihre Verzweiflung darüber treibt sie in eine gefährliche Lage.

Seit Helleah denken kann, hat sie eine unbestimmte Wut im Bauch, die ab und an immer mal wieder ausbricht. Damit scheint sie die Menschen um sich herum zu verprellen. Denn Helleah sagt, was sie denkt – besonders, wenn sie das Gefühl hat, dass Ungerechtigkeit im Spiel ist. Ihr Stiefvater und ihre Mutter können damit nicht umgehen. Als Helleah ihr Abi geschafft hat und mit ihren Freund*innen nach Schweden fährt, kappt ihre Familie die Verbindung zu ihr und löst ihre Konten auf. Ohne Geld und Familie befindet sich Helleah in einer besonders angespannten Situation. Als dann auch noch ein unglücklicher Moment die Verbundenheit zu ihren Freund*innen ins Bröckeln bringt, gibt es für Helleah nur noch eine Lösung: Sie muss die mysteriöse Astryd finden, die ihr in Schweden einen Hinweis auf den Ursprung ihrer Wut gegeben hat. Der soll in den nördlichen Wäldern liegen, in die Helleah sich begibt, um zu einem „normalen Mädchen“ zu werden.

Zwischen Wut, Ungerechtigkeit und femininer Entwicklungsgeschichte

Mein erster Eindruck des Buches war tatsächlich eher der eines typischen Opfer-Heldinnen-Märchens. Eine Jugendliche gibt sich die Schuld an allem, was ihr widerfährt, um dann zu erkennen, dass sie eigentlich etwas ganz Besonderes ist, magische Fähigkeiten hat oder anderweitig speziell ist. Problematisch an diesem Handlungsstrang finde ich immer, dass es impliziert, man würde für ein negatives Umfeld oder das Sichlösen aus einer toxischen Beziehung im Nachgang irgendwie „belohnt“, was in der Realität aber selten der Fall ist. Im Buch von Lina Frisch wurde diese Thematik aber in den Vordergrund gestellt und mit der fehlenden Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in Verbindung gebracht. Die Schuldgefühle wurden also nicht als gegeben hingenommen, sondern ihre Wirkung in einem patriarchalischen Umfeld als sozialisierte „Kontrollfunktion“ herausgearbeitet. Auch die weitere Geschichte webt sich um den Zorn von Frauen, die aufgrund von Diskriminierung Ungerechtigkeit erfahren haben, von der erlebten Misogynie bis hin zu verübten Gewalttaten an Frauen, die für ihre Rechte eingestanden sind.

Behandelte Thematik mit Grautönen

Obwohl We will give you hell mit Sicherheit zu den feministischen Romanen gezählt werden muss, werden auch Graustufen zwischen engagierten Frauen und Radikalismus beleuchtet. Denn innerhalb der Handlung trifft Hell auf Frauen, die den Feminismus als Ausrede für emotionale Intentionen nutzen, die nicht auf Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern (oder allgemein Personen) ausgelegt sind, sondern auf eigennützige Hintergedanken. Das macht den Roman zu einem ambivalenten Werk, der die feministischen Handlungen unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet und Frauen nicht als für sich heldenhaft darstellt. Und dieser Balance-Akt ist Lina Frisch meiner Meinung nach hervorragend gelungen. Nicht nur werden Schicksalsgeschichten von Frauen mit Emotionen und Konsequenzen in ihrer Gänze beleuchtet, es werden eben auch deren Schattenseiten hervorgehoben. Traumata erzeugen nicht nur Held*innen, die für das Gute einstehen; sie werden nicht mit Magie und wunderbaren Fähigkeiten belohnt, sondern sie sind ein Grund für jahrelange Arbeit an sich selbst oder eben auch psychische Störungen, die nicht ohne eigenen oder Fremdantrieb heilbar sind.

Vergangenheit, Magie und Ausblick auf die Zukunft

Um dem Ganzen noch ein ordentliches Fantasy-Gewand zu geben, darf natürlich ein Hauch des Mysteriösen und Magischen nicht fehlen. Dies steht zwar nicht im Vordergrund, fügt sich aber in den Handlungsstrang und die Vorgeschichte, die zu den Geschehnissen um Hell hinleiten, nahtlos ein. Wir gehen nicht nur mit Hell auf die Suche nach sich selbst und der Akzeptanz der eigentlichen Persönlichkeit, sondern blicken auch zurück auf eine ambivalente Geschichte zwischen dem Wunsch nach Gleichberechtigung und dem Wunsch nach Macht und Kontrolle über andere.

Fazit

We will give you hell ist mehr als nur eine feministische Geschichte. Lina Frisch weiß mit verschiedenen Ausgangspunkten eingefahrene Denkmuster aufzubrechen und zu neuen Einstellungen anzuregen. Gemeinsam mit Hauptcharakter Helleah entführt sie uns nicht nur in eine Geschichte der Unterdrückung von Frauen, von der Vergangenheit bis in die Gegenwart, sondern auch in eine magische Welt, in der eben nicht alles nur Friede, Freude, Eierkuchen ist. Hoffnung und Verzweiflung geben sich die Hand, werden unterstrichen von den Zweifeln der Handelnden, die noch auf der Suche nach dem richtigen Weg sind, und finden ihre Auflösung schlussendlich in Akzeptanz. Wer aber einfach nur Lust auf eine phantastische Geschichte hat, wird mit Magie, einer zarten Liebesgeschichte und dem Abenteuer von Freund*innen und Gleichgesinnten ebenso erfreut wie alle, die zwischen den Zeilen lesen möchten.

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