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Die Unheimlichen: Die Affenpfote

Schaurige Comic-Adaption eines Horrorklassikers

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Kategorie: Literatur

Mit Die Affenpfote schrieb der Engländer W(illiam) W(ymark) Jacobs Anfang des 20. Jahrhunderts eine Kurzgeschichte, die schon bald eine der berühmtesten Beispiele der Horrorliteratur werden sollte. Die Illustratorin Sabine Wilharm, die unter anderem für die Bucheinbandgestaltung der deutschsprachigen Harry Potter-Ausgaben bekannt ist, hat sich dieser Geschichte angenommen und eine ebenso unheimliche Comic-Adaption gezeichnet.

Als der britische Kolonialoffizier Morris bei der White-Familie zu Besuch ist und von seinem Aufenthalt in Indien berichtet, hat er etwas Seltsames dabei: Eine vertrocknete Affenpfote, die angeblich drei Besitzern jeweils drei Wünsche erfüllen kann. Morris, bereits der zweite Besitzer der Pfote, hat seine Wünsche bereits verwendet. Er warnt die Whites jedoch, dass die Affenpfote ihren Besitzern stets Unglück bringt. Die Whites ignorieren die Warnungen des Sergeants, klingt die Affenpfote doch nach der Lösung für viele ihrer Probleme. Schnell müssen sie jedoch feststellen, dass die Magie der Pfote ihren grausigen Preis hat.

In Jacobs’ Kurzgeschichte ist das Grauen stets implizit und der Vorstellungskraft der Lesenden überlassen. Die meisten Fragen bleiben ungeklärt: Was waren die unheilbringenden Wünsche der Vorbesitzer der Pfote? Was ist der letzte Wunsch Mr. Whites? Was wäre geschehen, wenn er seinen dritten Wunsch nicht genutzt hätte? Die Ambiguität und die Aussparungen, die Jacobs’ Kurzgeschichte so exzellent und einzigartig machen, sind eine typische Eigenschaft der Schauerliteratur, im Englischen auch als „Gothic Fiction“ bekannt. Mit Die Affenpfote liefert Sabine Wilharm eine stimmungsvolle Comic-Adaption von Jacobs’ Geschichte, welche die Stärken der Vorlage meisterhaft in das visuelle Medium überträgt.

Schlicht, düster, stimmungsvoll: Der Stil des Comics

Typisch für das Genre zeichnet sich Jacobs’ Die Affenpfote durch all das aus, was nicht beschrieben wird und was vielmehr der Vorstellung der Charaktere und der Lesenden überlassen wird. Für ein visuelles Medium wie den Comic ist das aber eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Wilharm löst diese Herausforderung hervorragend, indem sie auf Präsentation statt Repräsentation setzt: Ihr Comic präsentiert Einblicke in die Psyche der Charaktere und stellt diese subjektiven Eindrücke stets über die Repräsentation einer objektiven Realität. Konkret bedeutet das, dass die einzelnen Panels mit verschobenen Perspektiven und Proportionen spielen. Gelegentlich verschwinden die Charaktere in den einzelnen Bildern, dann sind sie wieder übergroß. Auch bieten Wilharms schlichte Zeichnungen wenig Farben und kaum Details. Umso deutlicher tritt dadurch das Spiel mit harten Kontrasten innerhalb einer Zeichnung und dem oftmals rapiden Wechsel von hell zu dunkel zwischen den Panels in den Vordergrund. Das Resultat ist eine visuelle Umsetzung der Kurzgeschichte, welche die Unruhe und Trauer der Charaktere bildlich wirkungsvoll umsetzt und gezielt mit Auslassungen und Leerstellen arbeitet, um das Grauen der Affenpfote zu verdeutlichen.

Die Unheimlichen: Das Konzept der Reihe

Seit 2018 verlegt Carlsen Comics die Reihe Die Unheimlichen, herausgegeben von Isabel Kreitz. In jedem Band wird eine berühmte Schauergeschichte von deutschsprachigen Comic-Künstler*innen adaptiert. Jeder Band kommt in einem kleinen, knackigen Format von lediglich 64 Seiten daher und bleibt damit dem Grundprinzip der Schauerliteratur oder Gothic Fiction, deren Stärke oftmals in kürzeren Formen wie der Kurzgeschichte, der Novelle oder dem Gedicht liegt, treu. Bereits adaptiert wurden beispielsweise Edgar Allan Poes Berenice und Theodor Fontanes Unterm Birnbaum. Auch vor längeren Werken, wie Mary Shelleys Frankenstein, schreckt die Reihe nicht zurück.

Das Konzept der Unheimlichen ist spannend und vielversprechend. Zum einen visiert die Reihe die grafische Umsetzung und somit auch Neuinterpretation einiger der berühmtesten Schauergeschichten an. Zum anderen bietet sie somit eine Plattform für deutschsprachige Künstler*innen, ihre eigenen Interpretationen eben dieser Geschichten zu entwerfen und umzusetzen. Insbesondere für Kurzgeschichten wie Jacobs Die Affenpfote eignet sich das 64-Seiten-Format exzellent und bietet neue Blicke auf vermeintlich bekannte Texte.

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