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Sternenbrand 2: Blau

Meuterei auf der Keora

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Kategorie: Literatur

Blind ließ uns ja noch mit einigen Fragen sowie einem fiesen Cliffhanger zurück. Nun schickt sich die Fortsetzung Blau an, diese Fragen zu beantworten und die Sternenbrand-Saga zu einem vorläufigen Abschluss zu bringen. Ob dies gelingt, alle Fragen zufriedenstellend beantwortet werden und das Ende der Geschichte nicht vielleicht sogar Lust auf mehr macht, wollen wir uns jetzt mal anschauen.

Achtung! Diese Rezension wird Spoiler zum ersten Band Blind enthalten!

Viel ist nicht passiert seit dem ersten Teil, was bei einem Cliffhanger aber auch Sinn macht. Die Meuterei hat begonnen und Jonas und Zeyn werden vom Rest der Crew und ihren letzten Verbündeten an Bord abgeschnitten. Der Maschinenraum des Schiffs ist „windstill“, was bedeutet, dass ein Loch in der Außenhülle der Keora sämtliche Luft aus dem Bereich herausgezogen hat. Es gibt zahlreiche Todesopfer und Xenen ist zusammen mit weiteren Überlebenden, die auf Jonas' Seite stehen, in der Gewalt der Meuter*innen.

Nachdem die Situation noch einmal so richtig eskaliert, kommt es schließlich doch zu einem fragilen Waffenstillstand, währenddem sich alles ein wenig beruhigt. Allerdings bleibt es aus mehreren Gründen nicht lange still. Eine neue Entwicklung ändert scheinbar nicht nur Jonas' Sicht auf Xenen, sondern erklärt auch das eine oder andere. Das Kampfschiff der Phantome, das plötzlich auftaucht und die Keora quer durchs All jagt, ist ebenfalls nicht gerade dazu angetan, den zerbrechlichen Zusammenhalt der Besatzung zu stärken.

Tour de Force

Blau lässt sich keinerlei Zeit der ruhigen Einführung. Im Gegenteil, es geht direkt zur Sache. Und das ist gut, denn die ganze Einführung wurde im ersten Band übernommen, sodass Jonas und Zeyn unmittelbar losschlagen können. Buchstäblich. Das Tempo ist anfangs sehr straff gehalten und kommt erst zur Ruhe, als der große Hauptkonflikt zumindest ansatzweise geklärt ist. Aber auch anschließend werden immer nur sehr kurze Pausen eingestreut, um die Leserschaft etwas verschnaufen zu lassen. Dadurch erlebt sich das Geschehen sehr viel spannender und actionlastiger und liest sich natürlich auch rasanter und – aus meiner Sicht – unterhaltsamer. 

Annette Juretzki sagte mir dazu: „In Blind musste ich die Charaktere und die Konflikte aufbauen, damit ich mich in Blau auf die Action konzentrieren kann, ohne dass sie durch zu viele Erklärungen zerrissen wird, warum die Figuren jetzt so handeln.“ Und die Rechnung geht zu hundert Prozent auf.

Dass das Wetteifern um Xenen zwischen Zeyn und Jonas zugunsten der Action etwas in den Hintergrund getreten ist, schadet dem Plot jetzt auch nicht.

Namen sind Schall und Rauch?

Eine große Stärke des Romans – stärker noch, als im ersten Teil – führt zu einem aus meiner Sicht nicht zu unterschätzenden Problem: Die Crew der Keora ist unglaublich divers. Nicht nur was Geschlechter betrifft, sondern auch die unterschiedlichen Planeten, von denen die Individuen stammen. Doch damit kommen auch zum Teil recht exotische Namen. Das führt dazu, dass man recht schnell den Überblick verlieren kann, vor allem, wenn die Charaktere mit ihren jeweiligen Titeln angesprochen werden, die ihrerseits wieder extra für das Buch erfunden wurde. Dass viele der Figuren im ersten Buch nur marginal vorgestellt wurden, ist dabei auch nicht hilfreich. Jetzt, da wir aber zwei Lager haben und sich die einander entgegenstehenden Figuren emotional austauschen, weiß man oft nicht, wer gerade konkret ein Problem mit wem hat und wieso. Als Hilfestellung findet sich am Anfang des Buchs eine hierarchische Besatzungsliste mit Titeln und Positionen. Diese Hilfe bringt allerdings im Falle des E-Books nicht viel, da es dort um einiges umständlicher ist, hin- und herzublättern, als das bei einem „analogen“ Medium der Fall wäre.

Zeyninator und ein Ktador voller Selbstzweifel

Bei all der Action, den Toten und den Kampfhandlungen sticht ein Charakter ganz besonders hervor: Zeyn, der ghitanische Söldner. Ghitaner*innen sind aufgrund ihrer Anatomie extrem robust. Dies wurde auch schon im ersten Buch etabliert. Wie robust Zeyn aber tatsächlich ist, wird erst im zweiten Band deutlich. Er steckt Schläge weg, Schusswunden, Durchschüsse und sogar einen Aufenthalt im Vakuum, ohne, dass er nennenswerte bleibende Schäden davonträgt. Nicht einmal Schmerz scheint er wirklich wahrzunehmen. So wirkt der Charakter zwischendurch sehr übermächtig, wenn er derartig unkaputtbar ist. Hier wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, im Vorfeld näher auf die anatomischen Eigenschaften der Ghitaner*innen einzugehen und ihre Haltbarkeit zu konkretisieren. Zugegeben, Zeyn selbst hat im ersten Band Xenen davon erzählt, wie widerstandsfähig er ist, allerdings konnte man das auch genauso gut als Angeben interpretieren, was beim Umwerben ja durchaus schonmal vorkommt. Trotzdem bleibt der Charakter in seiner Schroffheit und seiner Aggression ironischerweise sehr menschlich und sympathisch, hat damit eine Menge Identifikationspotential und hängt in dieser Hinsicht aus meiner Sicht auch den zweiten Hauptcharakter Jonas ab.

Im Gegensatz zum ersten Buch fehlt Jonas ziemlich direkt ein Großteil seiner Selbstsicherheit, die vorher noch einen nicht geringen Teil seines Charakters ausgemacht hatte. Das ist einerseits gut, weil er als Figur dadurch sehr viel nachvollziehbarer wird und sich die Identifizierungsmöglichkeit erhöht. Andererseits kommen seine Selbstzweifel oft sehr plötzlich und er setzt sich stets mit der gleichen Frage auseinander. Das wirkt nicht nur auf Dauer ermüdend, sondern driftet schnell ins Nervige ab.

Trotzdem ist Jonas Brand alles andere als ein schlechter Charakter. Eben durch seine inneren Konflikte – was sowohl die Crew, die Situation, aber auch sein Verhältnis zu Xenen betrifft – wird er nicht nur zur komplexesten Figur an Bord, es wird auch deutlich, dass mehr hinter ihm und seinem Verhalten steckt, als er der Leserschaft, aber auch sich selbst gegenüber zugibt.

Coitus Interruptus

Blau bügelt eine Menge der im ersten Teil beanstandeten Kritikpunkte aus. Leider endet das Buch und damit die Sternenbrand-Saga nicht wirklich, sondern hört auf. Vorläufig? Handlungsstränge werden offengelassen und sogar der Hauptkonflikt findet keine wirkliche Auflösung. Damit ebnet diese Fortsetzung allerdings auch den Weg, das Sternenbrand-Universum noch weiter auszubauen, also weitere Geschichten in der Reihe zu erzählen. Und das wäre wünschenswert, denn das Potential hinter der Reihe ist enorm, vor allem wenn man Xenens weitere mögliche Entwicklung bedenkt.

Insgesamt hat mir der zweite Band entsprechend besser gefallen. Das Tempo und die (nicht nur) verbalen Schlagabtausche zwischen den Charakteren lassen das Buch unverkrampft wirken und erhöhen das Lesetempo. 

 

Offenlegung: Annette Juretzki ist Redaktionsleiterin bei Zauberwelten-Online. Diese Rezension wurde unabhängig von inhaltlichen Vorgaben geschrieben.

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