X

Cookie Notice

Wir nutzen auf unserer Website Cookies und andere Technologien, um zu analysieren wie Sie unsere Webseite nutzen, Inhalte zu personalisieren und Werbung zu schalten. Durch die weitere Nutzung erklären Sie, dass Sie mit der Nutzung von Cookies einverstanden sind. Beachten Sie bitte, dass dieser Hinweis und die Einstellungen nur für die AMP Version unserer Seite gelten. Auf der regulären Website treffen Sie die Auswahl über den Cookiebot.

Startseite
Brett- und Kartenspiele Cosplay Filme Games Intern Interview Kurzgeschichten LARP Literatur Musik Pen & Paper Rezepte Sonstiges Tabletop Veranstaltungen

Regentänzer

Von Rache und Regen I

Zur klassischen Webseite

Kategorie: Literatur

Stöbert man auf einschlägigen Rezensionsportalen nach Besprechungen zu Von Rache und Regen: Regentänzer, findet man Superlative wie "brilliant", "mein Lesehighlight des Jahres" und "Wenn ich nur ein Buch auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, dann wäre es dieses." Die Messlatte hing also ziemlich hoch, als ich das Buch las.

Ich lese gerne und viel Fantasy. Zombies mag ich dagegen nicht so gern. Aber ich liebe die Idee, dass Autor*innen mit Sprache spielen, und deshalb gab ich dem Sword & Sorcery-Roman von Annette Juretzki gerne eine Chance.

Ich habe es nicht bereut, denn die Rezensionen versprachen nicht zu viel. Es geht um einen Fluch, einen Krieg zwischen den Reichen und die uralte Frage nach der Wahrheit.

Die Geschichte

Vor Jahren wurde Riagh zusammen mit seinem Bruder an die Front befohlen, denn es herrscht Krieg gegen die Untoten. Das Imperium sendet nicht nur die eigenen Leute an die Front, nein, auch die wehrfähigen Männer der unterdrückten Cartharer werden an der Front verheizt. Aber Riagh ist des Kämpfens müde, er hat viele – zu viele – geliebte Menschen umkommen sehen und er hat ein Ziel: die Frau retten, der er versprochen wurde. Also flieht er "in die falsche Richtung", wie ihm unterwegs immer wieder versichert wird. Zurück zu seinem Heimatdorf, zurück zu seiner Familie, zurück zu Anryn, seiner Verlobten. Der Gedanke an sie treibt ihn an, auch wenn seine Flucht nicht einfach ist. Eine Narbe in seinem Gesicht weist ihn als Soldat des Imperiums aus, seine eigenen Landsleute sind Riagh gegenüber also entsprechend misstrauisch. Da Riagh jedoch nur eine einzelne Narbe vorweisen kann, ist er zudem als Deserteur gebrandmarkt und auch bei den Imperialen nicht sonderlich beliebt. Denn imperiale Soldaten erhalten bei ihrem Austritt aus der Armee eine weitere Narbe – wer die Armee nur mit einer Narbe verlässt, ist folglich ein Deserteur. Was soll Riagh tun? Zu seinen eigenen Leuten kann er nicht zurück, zur Armee erst recht nicht. Bleiben also noch die Untoten (und wer will schon bitte Zombies an seiner Seite haben?) oder die Ash’Bahar, jene Feuermagier und Nekromanten, die überhaupt erst Schuld an dem ganzen Schlamassel sein sollen. Für Riagh scheint weder das eine noch das andere eine Option. Zumindest, bis er auf Nuzar trifft, einen Nekromanten, der von Cartharern halbtot geprügelt wird. Warum Riagh Nuzar letztlich rettet, bleibt den Lesern unklar, nicht zuletzt, weil auch Riagh selbst es nicht genau weiß. Aber ein Schicksal, mächtiger als das Imperium, schmiedet Riagh und Nuzar zusammen und unter allerlei Wortgefechten setzen sie gemeinsam ihren Weg fort.

Der Weltenbau

„Ein starker Kämpfer hat die Ehre verdient, eins mit den Wassern zu werden. […] Zumindest sollte sich das Blut mit dem Regen mischen, wenn kein Fluss oder das Meer nah ist.“
– Riagh ard Cerwed

„Wessen lebloser Körper im Meer versinkt, die ist verdammt, ewiglich durch die Aschewüste zu wandern. Denn ihre innere Flamme kann ihr kein Kompass sein.“
– Nuzar desh Mihamin dev' Arvai

Als Germanistin und Religionswissenschaftlerin gefiel mir der Weltenbau, den Juretzki entwarf, ausgesprochen gut. Riagh und Nuzar stammen aus zwei grundlegend verschiedenen Völkern, was sich sowohl im Glauben als auch in der Sprache niederschlägt. Riagh stammt aus Carthal, einem durch und durch regnerischen Land. Tatsächlich kennen die Cartharer 33 verschiedene Begriffe für Regen, wobei "Regen" das Wetter im Allgemeinen bezeichnet. Ich wohne in Norddeutschland und musste schmunzeln, als ich das las – ist doch bei uns Sommer, wenn der Regen senkrecht fällt. ;) Carthal ist ein einfaches, ehrliches Land und so spricht auch Riagh in einfachen, unverschnörkelten Sätzen. Er sagt, was er denkt und schreckt auch nicht davor zurück, seine Götter in klaren Worten zur Verantwortung zu ziehen. Nuzar dagegen spricht in blumigen Worten, er säuselt, wispert, schmeichelt und spricht in Rätseln, ganz, wie es einem Ash’Bahar geziemt. In einem Matriarchat aufgewachsen, spricht Nuzar im Generischen Femininum und das hat einen guten Grund:

 „Wie alle Dinge unserer Welt sind auch die ash’barischen Wörter in ihrer ursprünglichen Form weiblich. Erst der Glut des Mutterschoßes beraubt, lassen sie sich willfährig auch ins Männliche verbiegen, verstreuen sich in alle Zeiten und biedern sich den verschiedenen Subjekten an. Denn nur die Gemeinschaft eines Satzes spendet Wärme, einzeln erfrieren sie in Unbedeutsamkeit.“
– Nuzar desh Mihamin dev' Arvai

Die Autorin erschafft mittels Sprache und einer sehr detailliert ausgearbeiteten Spiritualität eine phantastische Welt, die zum Greifen nah ist. Und das ganz ohne klassische Fantasy-Völker wie Elfen oder Zwerge. Tatsächlich sind in Von Rache und Regen ausschließlich Menschen zu finden, und die wenigsten von ihnen sind magisch begabt. Dennoch hat mich Regentänzer mühelos in seinen Bann gezogen und ich fiebere ungeduldig einer Fortsetzung entgegen.

Offenlegung: Annette Juretzki ist Redakteurin bei Zauberwelten-Online. Diese Rezension wurde unabhängig von inhaltlichen Vorgaben geschrieben.

Weitere Artikel: