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Psychonauts 2

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Kategorie: Games

Tim Schafer hat in seiner Karriere als Spieleentwickler für das Adventure-Genre mehr als einmal Videospielgeschichte geschrieben. Wer die berümten Lukas Arts Adventures Day of the Tentacle, Monkey Island oder Grim Fandango in der Spielebibliothek findet, blickt hier auf drei der beliebtesten Adventureserien der 90er Jahre zurück und mittlerweile können wir mindestens zwei davon auch als HD-Remaster auf den aktuellen Konsolen spielen.

Nachdem Schafer Lukas Arts verließ, gründete er sein eigenes Entwicklerstudio Double Fine. Dessen erstes Projekt erschien 2005 für die PS2 und war kein geringeres als der Kultplattformer Psychonauts. Mittlerweile ist auch Double Fines Debutspiel für die aktuellen Plattformen verfügbar und das ist auch nötig, denn mit Psychonauts 2 knüpft Schafer an die Vorgänger an und setzt sie als bekannt voraus. Moment, DIE Vorgänger? In der Tat veröffentlichte Double Fine im Jahr 2017 pünktlich zu Beginn des VR-Hypes noch ein Sequel mit dem Namen Psychonauts in the Rombus of Ruins für PS4 und PC. Und ja, auch dieses Spiel setzt Double Fine als bekannt voraus, denn Psychonauts knüpft nun genau da an, wo der VR-Ableger endete.

Viele Fragezeichen

Neulinge und Gamer, die 2004 noch auf der To-Do Liste der Familienplanung ihrer Eltern standen, hatten leider nicht das Glück den Klassiker in seiner, zugegeben nicht all zu erfolgreichen Blütezeit, erlebt zu haben. Trotz des mittlerweile erreichten Kultstatus ist Psychonauts heute grafisch eher schlecht gealtert und junge anspruchsvollere Hüpfer werden nicht so erpicht darauf sein, die komplexe Geschichte von Anfang an mitzuerleben. Leider fasst Psychonauts 2 die Vorgänger in seinem Intro für Neueinsteiger nicht all zu verständlich zusammen. Bestenfalls dient sie als Auffrischung für diejenigen, die das Prequel seit 2005 nicht mehr gespielt haben. Auch die heutzutage noch immer sehr teuren VR-Headsets sorgen dafür, dass nur wenige Spieler die gesamte Handlung je gespielt haben. Für Ungeduldige empfielt sich daher eine längere Zusammenfassung der beiden Vorgänger auf Youtube. Die komplexen Verstrickungen der Hauptcharaktere, ihre seltsamen Namen, die Plotttwists und surrealen Ereignisse muss man entweder selbst erlebt haben oder zumindest von einem brillanten Erzähler geschildert bekommen.

Muss man die Geschichte wirklich kennen?

Für das Gameplay allein ist die Kenntnis der Vorgänger nicht wichtig. Neue sowie alte Funktionen werden ausführlich erklärt und gehen innerhalb kurzer Zeit in Fleisch und Blut über. Wer den absurden Plattformer allerdings nur wegen seines Gameplays spielt, sollte lieber zu Mario oder Crash Bandicoot greifen, denn Psychonauts 2 lebt von seiner Atmosphäre und den durchgeknallten aber sympatischen Charakteren, die trotz ihres Cartoondesigns eine unerwartet tiefe Persönlichkeit besitzen.
Wir spielen einmal mehr den jungen Raz alias Rasputin Aquato, Sohn einer Zirkusfamilie und eigentlich sehr talentierter Psychonaut. Doch trotz seiner bestandenen Abenteuer in der Vergangenheit muss er bei der Ankunft im Hauptquartier feststellen, dass er ganz von vorne anfangen muss. Raz wird kurzerhand zum Praktikanten degradiert und muss mit den anderen jungen Schülern im Rang aufsteigen, um ganz offiziell zum Psychonauten ernannt werden zu können.
Doch was sind Psychonauten überhaupt? Psychonauten sind begabte Psiagenten, die sich in das Gehirn eines Menschen einschleusen können und dort nicht nur nach Erinnerungen, Psychosen und Gedanken suchen, sondern diese auch manipulieren können. Wer nun an Inception denkt, liegt gar nicht mal so daneben. Doch Psychonauts geht einen Schritt weiter, denn die Gedankenwelt der Figuren setzt sich viel abstrakter zusammen als die Träume in Nolans Kinoepos. So betreten wir die Gedankenwelt einer Lehrerin mit Beschützersyndrom, deren Synapsen wir neu verknüpfen, sodass sie risikofreudiger wird und uns auf eine Mission mitnimmt. Die Gedankenwelt verändert sich daraufhin so, dass sich die Umgebung von einem Krankenhaus in eine Spielhölle verwandelt, eine Situation, die in der realen Welt nur all zu leicht außer Kontrolle geraten kann, wie wir daraufhin feststellen müssen.

Plattformer mit Anspruch

Später setzen wir die gespaltenen Persönlichkeiten einer weiteren Figur wieder zusammen, um an ihr Geheimnis zu kommen. Die Motivationen für unsere psychonautischen Abenteuer sind vielfältig und spannend erzählt. Wir bekommen es mit allerlei psychischen Krankheiten zu tun und irgendwie schafft es Double Fine immer wieder, diese mit überzogenen Klischees in Szene zu setzen, ohne dabei aber den Respekt vor der Ernsthaftigkeit solcher Krankheiten zu verlieren. Mitunter stellen sich philosophische und existenzielle Fragen und es wird klar, dass die Zielgruppe dieses kunterbunten Plattformers eigentlich gar nicht aus Kindern besteht, sondern gerade für Erwachsene mit Interesse für Psychologie hochinteressant ist. Aber auch Musikgeschichte bekommt ihren Auftritt. Würden jüngere Spieler ohne Hinweise die Anspielungen auf Pink Floyds Dark Side of the Moon Album verstehen?  
Abseits der Geschichte spielt sich Psychonauts aber wie eine Mischung aus Jump&Run und Action Adventure. Neben kniffligen Sprungeinlagen erwarten uns Rätsel und kurze Kampfeinlagen. Die Umgebungen erinnern zeitweise an Spiele wie Alice: Madness Returns oder Micky Epic und tragen dabei die Atmosphäre eines Nickelodeon Cartoons der frühen 2000er wie Invader Zim oder Danny Phantom. Passenderweise entstand der erste Teil genau in dieser Zeit und wirkt in seiner Fortsetzung 16 Jahre später wie ein gut gealteter Wein, der schmerzlich verdeutlicht, wie wenig erzählerische Tiefe aktuelle Spiele der Konkurrenz oftmals bieten. Dafür zeigt sich die Bedienung leider etwas fummelig.
Zur Verfügung stehen uns acht Psifähigkeiten, die wir allerdings nur auf vier Tasten verteilen können. Per Ringemenü legen wir dann fest, welche Fähigkeiten wir schnell verfügbar machen können. Im Eifer des Gefechts wird es dann manchmal auch hektisch, denn wir benötigen diese Fähigkeiten auch in Kämpfen. Unsere Gegner sind dabei negative psychische Einflüsse wie zum Beispiel "Panikattacken", die uns aus dem Nichts angreifen und blitzschnell sind, bis wir die Psifähigkeit "Zeitblase" erlernen, die uns eine Chance gibt, sie zu besiegen. Die Bosskämpfe sind überaus phantasievoll gestaltet und passen optisch gut zu ihren Themen. Auch hier ist der Gebrauch von Psifähigkeiten Pflicht, um zu bestehen.
Wer nur an der Geschichte interessiert ist, kann optionalerweise auch den Storymodus anwählen. Dann verliert man zwar keine Lebensenergie, lässt sich aber auch einen Großteil der spaßigen Herausforderungen entgehen.

Ein Paradies für Messies

Psychonauts 2 übertreibt seinen Sammelwahn ein wenig. Überall im Spiel sammeln wir Dinge ein. Vom Psitanium, der Währung im Spiel, kaufen wir Upgrades, Heilitems, neue und größere Taschen und Aufkleber. Mit Letzterem können wir unseren Psifähigkeiten zusätzliche Attribute verleihen. Allerdings dürfen wir nur drei davon gleichzeitig benutzen. Abseits der Geschichte gibt es sowohl im Psychonauten-Hauptquartier, als auch in der Gegend darum, unzählige versteckte Schätze sowie dazu benötigte Schlüssel, Psi-Karten oder umherschwirrende Gedanken.   
In den Köpfen der einzelnen Figuren legt der Sammeltrieb noch einen Zahn zu. Hier finden wir Gehirnhälften, die unsere geistige Gesundheit erhöhen oder emotionalen Ballast, der im englischen Original "emotional baggage" (emotionales Gepäck) heißt und damit in seiner Gestalt als weinender Koffer mehr Sinn ergibt.
Da das Spiel mit Wortspielen nur so um sich wirft, war es sicherlich eine gute Entscheidung, die Sprachausgabe englisch zu lassen, auch wenn daran sicherlich eher das knappe Budget Schuld war. Dafür ist diese aber erstklassig besetzt und trägt zur guten Atmosphäre bei.

 

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