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The Priory of the Orange Tree

Ein vielschichtiges Fantasy-Epos voller Diversität

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Kategorie: Literatur

Sprechende Drachen! Jahrtausendalte Geheimorden! Magie! Piraten! Mit Der Orden des geheimen Baumes legt Samantha Shannon ein wahrlich episches Fantasy-Werk vor. Nach tausend Jahren droht der „namenlose Drache" erneut zu erwachen und die gesamte Welt zu zerstören. Der Roman greift viele bekannte Fantasy-Elemente auf und verfällt doch nicht in erschöpfte Muster. Dabei geht Der Orden des geheimen Baumes auch wichtige Schritte, um das bis heute oft zu weiße, zu männliche und zu heterosexuelle Fantasy-Genre neu zu erfinden.

Vor tausend Jahren wurde der feuerspeiende namenlose Drache aus der Welt gebannt – nun kündigen die vermehrten Sichtungen seiner Nachkommen die Rückkehr des gigantischen Monsters an. Um die Bedrohung zu bekämpfen, müssen sich die verschiedenen Nationen, Kulturen und Religionen der Welt zusammenschließen. Doch dafür müssen sie zunächst ihre Differenzen beiseitelegen: Während Drachen jeder Art im Westen verabscheut und gejagt werden, gelten einige Drachenarten in den östlichen Ländern als Götter. Auch ist Magie in einigen Ländern und insbesondere im Königreich Inys – der Wiege einer der bedeutendsten Religionen der Handlungswelt – streng verboten; in anderen Regionen gilt Magie dagegen als höchste Kunst. Das Schicksal dieser Welt liegt in den Händen der Königin Inys‘, einer Drachenreiterin aus dem östlichen Seiiki und einer mächtigen Magierin des Südens. Alle drei müssen zunächst wortwörtlich über ihren eigenen Horizont hinausblicken, um gemeinsam den Untergang der Welt zu verhindern. Dabei müssen sie sich auch zahlreichen Gegenspielern und Intrigen stellen, denn der Einfluss des namenlosen Drachens wächst bereits.

Eine aufregende, vielfältige Welt

Die Welt des Romans ist detailliert ausgearbeitet und lädt die Leser*innen zum Eintauchen und Mitfiebern ein. Der Weltenbau ist erstaunlich komplex: Der Orden des geheimen Baumes lebt von der Vielzahl an Nationen, Kulturen und Religionen, die allesamt eigenständig agieren und dennoch miteinander verwoben sind. Natürlich lassen sich – ähnlich wie bei George R. R. Martins Das Lied von Eis und Feuer – Parallelen zu real existierenden Ländern erkennen. Das insulare Königreich Inys erinnert beispielsweise stark an England. Solche Ähnlichkeiten stumpfen das Leseerlebnis jedoch nicht ab, sondern bereichern es eher.

Dabei erlebt man diese Welt durch die Augen vier verschiedener Charaktere, die allesamt einen völlig eigenen Blick auf das Geschehen werfen. Nicht nur ist der Erzählstil der jeweiligen Perspektive angepasst, sondern auch eindeutig durch die kulturellen sowie religiösen Doktrinen und persönlichen Erlebnisse der Figuren gefärbt. Dadurch entsteht eine heterogene Welt, die niemals statisch wirkt, sondern durch die Entscheidungen einzelner Charaktere aktiv geformt wird. Die Charaktere entwickeln sich mit ihrer Welt und sind daher vielschichtige Persönlichkeiten. So werden verschiedene Leser*innen auch unterschiedliche Lieblingscharaktere haben. Doch auch solche Figuren, die man weniger oder vielleicht überhaupt nicht mag, werden nicht zu einem Hindernis beim Lesen. Shannons Roman zeigt, dass Charaktere unsympathisch und interessant zugleich sein können.

Ebenso vielschichtig ist die Handlung des Romans. Kleinere, scheinbar unbedeutende Namensnennungen zu Beginn des Romans können durchaus von zentraler Bedeutung für spätere Handlungsstränge sein. Das lädt zum Mitdenken und Mitraten ein, mag einigen Leser*innen jedoch zu viel des Guten sein.

Diversität

Ein wichtiger Punkt, durch den Der Orden des geheimen Baumes sich von vielen anderen Fantasy-Werken abhebt, ist die Diversität der Charaktere. Die Charaktere dieses Romans sind größtenteils nicht weiß, nicht männlich, oder nicht heterosexuell. Ein beachtlicher Anteil der Figuren fällt sogar in alle drei Kategorien. Ganz wichtig dabei: Die Diversität erstreckt sich nicht nur auf Nebenfiguren und Sidekicks, sondern auch auf die erzählenden Hauptcharaktere selbst. Wer sich also nach einem queeren Fantasy-Epos mit starken Frauen und kultureller Vielfalt sehnt, ist hier an genau der richtigen Adresse.

Dabei verfällt der Roman jedoch niemals in ein „Diversitäts-Bingo“, bei dem möglichst viele marginalisierte Gruppen auf hanebüchene und sinnlose Art in die Handlung hineingezwängt werden. Diversität ist schlicht Teil der Welt von Der Orden des geheimen Baumes; zwar haben auch hier Charaktere gelegentlich mit ihrer vermeintlichen Andersartigkeit oder den ihn zugeordneten gesellschaftlichen Rollen zu kämpfen, doch ist Shannons Roman keineswegs eine weitere tragische Geschichte marginalisierter Menschen. Diese Figuren wachsen stets über die ihnen gesetzten Grenzen hinaus.

Die Aufmachung

Der Orden des geheimen Baumes ist definitiv etwas für Leseratten, die gerne ein wuchtiges Epos mit sich herumschleppen. Die englische Originalausgabe, die als Grundlage für diese Rezension verwendet wurde, schafft es auf über 800 Seiten. Daher entschied man sich für die deutsche Veröffentlichung, die es insgesamt auf fast 1.100 Seiten schafft, den Roman in zwei Teilen zu veröffentlichen. Der erste Band erscheint September 2020; der zweite folgt einen Monat später. Um in der umfangreichen Welt mit ihren zahlreichen Charakteren und ihrer detailliert ausgearbeiteten Geschichte nicht den Überblick zu verlieren, sind im Buch sowohl ein Charakterdossier und eine Chronik als auch eine Weltkarte enthalten.

 

 

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