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Nameless

Okkulter Sci-Fi-Horror

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Kategorie: Literatur

Es gibt wohl wenige Bücher, bei denen der Klappentext so vielsagend ist wie bei Nameless. Völlig treffend wird der Band als „Sci-Fi-Horror-Thriller" vorgestellt, „der weder vor Maya-Mystizismus noch krassen Splatter-Szenen zurückschreckt." Damit ist sicher nicht alles über das Buch gesagt, aber der (brutale) Rahmen abgesteckt, der uns in Nameless begegnet.

Okkulter Sci-Fi-Horror

Es ist also gar nicht so einfach, ein Grundmotiv bei Nameless auszumachen. Zu Beginn sind da fischähnliche Horrorgestalten, die ein Gemetzel anrichten, das von Fernsehmeldungen über weltweite Massaker flankiert wird. Kurz darauf findet eine Flucht vor vergleichbaren Horrorfiguren statt, die jedoch etwas unerwartet im Weltall endet. Dort soll der namenlose Hauptcharakter als Okkultismusexperte bei einer Asteroidenumleitungsoperation mithelfen, die erwartungsgemäß ins Kosmisch-Okkulte abdriftet.

Genau diese Vermengung unterschiedlicher Thematiken zeichnet Nameless aus. Im Hintergrund steht das Motiv von kosmischem Schrecken und okkultistischen Ahnungen. Das drückt sich in der „Realität“ des Bandes durch Wahnsinn und teils heftigen Splatter aus. Die Erzählung brilliert dabei weniger durch eine besonders gut gesponnene Handlung als durch Fragmentierung und ein Gefühl von Bedrückung und Bedrohung. Das ist durchaus gewollt. Nameless ist in gewisser Weise eine postmoderne Horrorerzählung, die mit Ungewissheit durch einen unzuverlässlichen Erzähler, Zeitsprüngen und unterschiedlichen Realitätsebenen arbeitet. Dadurch wird eine verwirrende und enorm geschachtelte Erzählung geliefert, die teilweise mehr durch Andeutungen lebt als durch die eigentliche Handlung. Allein um die Erzählung zu verstehen, kann man mindestens zwei Lesedurchgänge einplanen.

Tragend ist aber vielmehr das referenzreiche Setting. Wie durchdacht das ist, wird in einem fünfseitigen Anhang deutlich, der zahlreiche der Referenzen auflöst und so zum zweiten und dritten Lesen anregt. Nameless ist zweifelsohne durchdacht und fordert dem Leser einiges ab. Der Lesende wird in eine Welt von Horror und Mystik gezogen, die ebenso durch Lovecraft wie durch die Maya-Mystik inspiriert wurde. Dass diese Konstellation nun noch streckenweise in das Weltall transferiert wurde, verleiht dem Setting ein Flair, das in dieser Form völlig neu ist und durch das Titelbild optimal eingefangen wird.

Graphische Umsetzung

Die Handlung selbst vermag durchaus zu überzeugen, wenngleich es etwas an großen Innovationen mangelt. Dafür fällt die optische Umsetzung äußerst positiv auf. Man merkt von Cover bis Buchrücken, dass hier ein äußerst begabter Zeichner (Chris Burnham) und mindestens ebenso begnadeter Kolorist (Nathan Fairbairn) am Werk waren. Bereits der Umschlag überzeugt durch seine Schlichtheit, die das (retro-)Space-Thema und die Mayasymbolik kombiniert, wobei die Mayasymbole sogar mit Strukturfarbe hervorgehoben werden. Solche Produktverliebtheit ist für Cross-Cult üblich und schlägt sich auch in schicken Kapiteltrennseiten und einem umfangreichen Anhang nieder. Nameless ist ein Kunstwerk, das man gerne in die Hand nimmt

Wichtiger als Umschlag und Bonusmaterial ist aber selbstverständlich der Comic selbst. Und der weiß auch optisch zu überzeugen. Der Zeichenstil trägt das düstere und grimmige Thema perfekt und hebt sich merklich von anderen Büchern ab. Den Zeichnungen gelingt es, die Charaktere auch emotional einzufangen und insbesondere die Horror- und Splatterthematik in Szene zu setzen. Tentakel- und Organstrukturen durchziehen mit Fragmentsplittern das Werk und vereinzelte Tarotkarten, und die Maya-Symbolästhetik ist treffsicher.

Zum herausragenden Eindruck trägt aber auch nicht zuletzt die Kolorierung bei. Die passt sich den Erzählebenen an und schafft es, die unterschiedlichen Stimmungen aufzugreifen. Weltall-, Wahn-, Splatter- oder Technikszenen werden alle auf eine angemessene und insgesamt stimmige Weise inszeniert und voneinander abgegrenzt. Die Optik wird damit den Anforderungen einer multidimensionalen Erzählstruktur gerecht.

Zielgruppe

Nameless will interpretiert werden und ist daher schwerer zu beurteilen als andere Bücher. Zu aller erst einmal ist auf die hohe Qualität Verlass. Die Handlung – oder besser gesagt das Setting – ist dicht und innovativ, die graphische Gestaltung völlig stimmig und hochwertig. Auch das Gesamtprodukt, also Cover, Papierqualität, Bonusmaterial etc., liegt deutlich über dem Durchschnitt. Mit Nameless bekommt man in jedem Fall eine außergewöhnliche Graphic Novel höchster Qualität in die Hand.

Und trotzdem ist Nameless kein Blindkauf. Sicher: Wer sich für Horror erwärmen kann, wird den Kauf nicht bereuen. Trotzdem verlangt Nameless den Leserinnen und Lesern einiges ab. Zuerst wäre da der hohe Grad an Verstörung, der durch Fragmentierung und eine extrem subjektive Erzählweise unterstrichen wird. Die gesamte Welt des Comics scheint sich immer wieder aufzulösen und neu zusammenzusetzen. Dabei suggeriert der okkulte Referenzrahmen eine Tiefe, die nur bedingt erfüllt wird.

Zum anderen wäre da der hohe Gewaltgrad. Wie schon der Klappentext erwähnt, schreckt das Buch nicht vor krassem Splatter zurück. Wenn der Wahnsinn ausbricht, geht es derb und blutig zu. Körper werden zerfetzt und zerstückelt, organisches Geäst wächst aus Körperöffnungen und Augäpfel springen uns entgegen. Sogar sexualisierte Gewalt kommt stellenweise vor, bleibt aber wenig explizit. Das empfohlene Lesealter von 16+ ist also durchaus optimistisch angesetzt.

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