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Magiertürme in der Fantasy

Zwischen Einsamkeit und Größenwahn

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Kategorie: Literatur

In unserer Reihe Schauplätze in der Phantastik, die in Zusammenarbeit mit dem Phantastik-Autoren-Netzwerk (PAN) e.V. entsteht, widmen wir uns in jeder Ausgabe einem anderen klassischen oder untypischen Ort phantastischer Geschichten.

Unter den architektonischen Elementen der Fantasy ragt eines besonders hervor (das Wortspiel ist beabsichtigt): der Magierturm. Warum leben Zauberkundige eigentlich so gerne in Türmen?
Sie besitzen große Symbolkraft, stehen für Macht und Gelehrsamkeit, aber auch für Arroganz und Isolation. Ein Turm versinnbildlicht das Streben nach Höherem ebenso wie die Hybris1.
Doch das beantwortet nicht die Frage, warum Magiebegabte der Fantasy so häufig in Türmen wohnen und nicht in Erdhöhlen oder Iglus.

Mögliche Antworten

Die Antwort ist nicht eindeutig. Eine Möglichkeit: Schon in der Antike und im Mittelalter wurden astronomische Türme erbaut, um die Sterne besser beobachten zu können. Weil zu dieser Zeit Gelehrte und Zauberkundige gleichgesetzt wurden, entstand das Bild der Magiebegabten in ihren Türmen.

Eine andere Theorie beruht darauf, dass die Worte Turm, Burg und Schloss von der Bedeutung her eng miteinander verwandt sind; der Tower of London beispielsweise ist nicht nur ein Turm, sondern eine ganze Festung. Legendäre Gestalten wie Merlin, Klingsor (im Parzival) oder die Zauberkundigen der traditionellen chinesischen Märchen wie Der König Mu von Dschou leben in frühen Fassungen ihrer Geschichten in Burgen oder Schlössern. Die ersten deutschen Übersetzungen, vielleicht durch Rapunzel und andere von Grimms Märchen geprägt, machten aus diesen Behausungen Türme. 

Wie dem auch sei: Sicher ist, dass Magiertürme mit Tolkiens Der Herr der Ringe zum festen Bestandteil der Fantasy wurden. Mit den namensgebenden zwei Türmen des zweiten Bandes seines Werks, Orthanc, dem Turm des Magiers Saruman, und Saurons schwarzem Turm Barad-Dûr, begann der Siegeszug des Turmes als Magierbehausung.

 

 

Die Gesetze der Magie

Ein Magierturm ist kein gewöhnlicher Turm, und seine Gestalt ist nicht den schnöden Regeln der Statik unterworfen. Ohne Magie würden viele Magiertürme einstürzen oder ließen sich gar nicht erst erbauen, wie zum Beispiel der filigrane Elfenbeinturm in Michael Endes Die Unendliche Geschichte. In der Fantasy ist das kein Problem, nicht zuletzt deshalb, weil ein solcher Turm oft von Elementarwesen, Dämonen, Trollen und anderen magischen Kreaturen erbaut wird.

Allerdings stellt die Magie neue Anforderungen an die Architektur. Bei manchem Turm muss jeder einzelne Winkel stimmen, jeder Stein exakt platziert werden, um den Regeln der Magie zu genügen. Anderswo geben sie Ausrichtung, Grundriss oder die exakte Höhe des Turms vor. Und auch der Standort will mit Bedacht gewählt sein: Viele Türme zapfen Ley-Linien2 oder Kraftknotenpunkte an; andere beziehen ihre Magie aus dem Zusammenspiel mehrerer Elemente in möglichst reiner Form. Dies ist übrigens auch der Grund, warum Magiertürme oft über Wasserfällen, auf wolkenverhangenen Berggipfeln oder – wie der Waldturm aus Laurence Horns Rodinia-Reihe – in einem gewaltigen Baum errichtet werden.

Häufig aber stehen Magiertürme in den Zentren der Macht, sei es in der Hauptstadt (so wie der Eulenturm in Askir, der Hauptstadt der gleichnamigen Romanwelt von Richard Schwartz) oder gleich in jeder größeren Ansiedlung (z. B. in Michael Peinkofers Astray-Romanen). Auch das ist kein Wunder, denn in vielen Fantasywelten üben Zauberkundige großen Einfluss aus. Und wo ließe sich dieser besser demonstrieren und erweitern als von einem Turm aus, der von überall in der Stadt zu sehen ist?

 


Hinein in die gute Stube

Nicht nur das Äußere eines Magierturms wird von der Magie geprägt. Auch im Innern kann sie einzelne Teile oder den gesamten Turm erfüllen, kann sofort ins Auge springen oder unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Im Haus des Schöpfers aus Joe Abercrombies Klingen-Romanen gibt es weder Treppen noch Rampen, aber die Korridore führen trotzdem zur Turmspitze hinauf. Der Turm des Magiers Stregobor (aus der The Witcher-Welt von Andrzej Sapkowski) wiederum erscheint aufgrund von Illusionen wie ein weitläufiger, sonnendurchfluteter Garten.

Auch was die Räumlichkeiten angeht, unterscheidet sich ein Magier- von einem gewöhnlichen Turm. Neben Studierstube, Schlafgemach und Abtritt liegen Ritualräume, Labore, mit speziellen Materialien ausgekleidete Beschwörungskammern oder gar ein Zimmer, dessen Zweck die Uneingeweihten nicht einmal ahnen. Nicht selten warten unglückliche Kreaturen in Zwinger oder Verlies auf das Schicksal, das die Zauberkundigen ihnen zugedacht haben.

 

  Den Turm der Zauberin Nahema kann man nicht nur im Tabletop-Rollenspiel Das Schwarze Auge erleben, sondern auch aus Klemmbausteinen nachbauen.

Wer wagt, verliert

Ob magisches Portal (Askir), Wetterkristall (Rodinia) oder Palanthir (Der Herr der Ringe) – der Magierturm, zwischen dessen Spitze und tiefstem Kellergemach keine geheimnisvolle Zauberei verborgen liegt, muss erst noch beschrieben werden. Denn in einem Turm aus Magie können Zauberbücher und Artefakte zu finden sein, magische Effekte und Rituale, Übergänge in andere Ebenen und Zeiten – nur die Fantasie begrenzt die Möglichkeiten.

Doch wehe den Langfingern, die sich an einem solchen Ort leichte Beute versprechen! Welche magischen Fallen und Hindernisse in Magiertürmen lauern können, kann man zum Beispiel in der Kurzgeschichte Das Schwarze Auge (DSA) von Thomas Finn nachlesen; sie ist in der DSA-Anthologie Magische Zeiten und als eigenständiges Hörbuch unter dem Titel Das Auge des Morgens erschienen.

 

       

Magiertürme in anderen Genres

Nicht nur in der Fantasy, auch in benachbarten Genres kann man Bauwerke finden, die die Funktion eines klassischen Magierturms erfüllen, wenn auch unter anderem Namen:

       


Text: Tobias Radloff

 

1 Überheblichkeit, Hochmut, mit Konsequenzen wie beim Turmbau zu Babel

2 Energieströme, die besondere Kraftorte miteinander verbinden

Dieser Artikel erschien erstmals in der Zauberwelten Frühjahr 2023. Mit dem Code Zw23wF7u könnt Ihr euch diese Ausgabe kostenlos als PDF downloaden.

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