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Luka und die Guten

Eine Dystopie

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Kategorie: Literatur

Der achtjährige Luka wurde durch einen Persönlichkeitstest von den Guten ausgeschlossen. Zusammen mit anderen Prädeliquenten wird er fortan von der Welt getrennt und weggesperrt, um die Guten vor ihnen zu schützen. Doch was passiert mit einer Gesellschaft, die nur aus potenziellen Bösen besteht?

Luka ist gerade einmal acht Jahre alt, als die Gesellschaft einen Persönlichkeitstest einführt, der Menschen in die "Guten" und die "Bösen" einzuteilen vermag. Nun könnte man meinen, dass ein Kind hiervon ausgenommen wäre, doch die Prüfung vermag ebenso zu erkennen, was die Zukunft einer Person bereithält. So wird Luka aus einer Familie gerissen, in der er als Einziger nicht den Qualitätsmerkmalen der neuen Weltordnung entspricht. Zusammen mit weiteren Prädelinquenten wird er von der Zivilisation abgeschottet.  

Zunächst werden sie in einer umfunktionierten alten Einrichtung untergebracht, die sie nicht verlassen dürfen. Es gibt zwar klare Regeln, jedoch so wenige, dass sie sich – wie auch immer geartet – “frei entfalten” können. Das Desinteresse an den Weggesperrten prägt das Verhalten der Wächter. Sie sorgen lediglich für eine Grundversorgung, greifen sonst nicht weiter ein, interagieren nicht. So ist Luka nun für sich und verfällt anfangs noch der Hoffnung, man könne sich einen Weg zurück in die Gesellschaft verdienen. Aber nicht nur er muss sich mit den neuen Gegebenheiten abfinden. Die neue Gesellschaft schwankt zwischen ihrem Schicksal und der ihr zugeschriebenen Erwartung – was sie daraus machen und wie sich eine Gemeinschaft, die sich zum Teil nicht als solche versteht, entwickelt, erfahren wir aus der Sicht von Luka.  

Einen Ausweg aus dieser noch jungen Weltordnung gibt es nicht. Und so begleiten wir Luka elf Jahre, bis die Prädelinquenten schließlich in losen Verbänden auf einer Insel ausgelagert werden. Die Frage nach dem Guten als dem Leitmotiv einer Gesellschaft spinnt dann auch an entlegenen Stränden ihre Netze.  

Fesselnde Darstellung einer gespaltenen Gesellschaft 

Rohland Grohs setzt auf eine erfrischend zu lesende, wohlformulierte Weise ein dystopisches Szenario um, in dessen Mittelpunkt der erzählende Luka steht. Obwohl aus dessen Sicht verfasst, kreiert sich beim Lesen eine distanzierte Außensicht auf die Geschehnisse innerhalb der verstoßenen Gesellschaft – zunächst aus Sicht des Kindes, später der des jugendlichen Luka. Dies ermöglicht beim Lesen über die Oberfläche des Geschriebenen hinauszugehen und eine tiefere Bedeutungsebene zu entdecken. Zugegeben, man muss bei Büchern nicht zwingend in eine Metaebene abtauchen, um sie wertschätzen zu können, doch hier bieten sich viele Ansatzpunkte, die das Buch über seine 144 Seiten hinaus erweitern und bereichern.  

Der neue kollektive Organismus der Prädelinquenten generiert in diesem Szenario die Chance (und auch Herausforderung), ihr eigenes Schicksal losgelöst von der restlichen Menschheit zu definieren. Denn nun ist die Trennung von “Gut” und “Böse” bereits vollzogen. Diese Freiheit eröffnet ihnen, ihre eigenen Werte und Normen zu festzulegen und eine alternative Ordnung zu schaffen. Doch inwieweit spielt die vorgenommene Stigmatisierung in diese neue Gesellschaft hinein? Schürt sie Spannungen und Konflikte, da diese sich gegen das auferlegte Etikett der Bösartigkeit wehrt? Verschwimmen die Grenzen von Gut und Böse, da sich die individuellen Handlungen und Motivationen nicht mehr eindeutig auf diese Kategorien reduzieren lassen?   

Die kurzen Kapitel greifen dabei stetig das Geschehen um Luka auf. Dazu gehört auch, wie sich die mit ihm in dieser Situation befindlichen Personen – Kinder wie Klara und Axel oder Erwachsene wie der Philosoph oder der Autor – verhalten und entwickeln. Und ebenso, welche Vorstellungen ihr Handeln lenken und rechtfertigen. Dabei beschränkt Roland Grohs die Akteure nicht bloß auf Personen. Kontrastierend treten hier sowohl die nachtschwarze Gestalt des Spinnenmanns wie auch der Riesenfisch, der sich von Bosheit nährt, in Erscheinung. Sie fungieren sowohl als Symbol wie auch als integraler Bestandteil der Geschichte. Diese gelungene Einbindung verleiht dem Buch zusätzliche Tiefe und lädt ein, über die verschiedenen Ebenen der Figuren nachzudenken und die Nuancen zu erkunden, die durch sie vermittelt werden.  

Fazit 

Diese komplexen Ideen und moralischen Konzepte sind in einem anschaulichen und unterhaltsamen Roman verpackt, der mit seinem dystopischen Charakter, literarischen Können und seinen philosophischen Elementen eine Geschichte schreibt, die dazu einlädt, über das Leben und die Gesellschaft zu reflektieren. Denn: “Jeder Ort und jede Zeit haben ihre eigenen Monster”.  

Die Thematik regt zum Nachdenken über die Komplexität menschlichen Handelns und die Konstruktion moralischer Kategorien ein. Luka und die Guten ist daher sicherlich nicht für jeden geeignet, selbst wenn ein grundsätzliches Interesse an dystopischer Literatur besteht. Mir persönlich hat das Buch außergewöhnlich gut gefallen, da es sprachlich und literarisch versiert eine philosophische Dimension kreiert, die inspiriert, sich nicht nur mit grundlegenden Fragen des Menschseins auseinanderzusetzen, sondern auch Thematiken und Motive zu recherchieren.  

Luka und die Guten bietet herrlich viel Interpretations- und Diskussionsraum, weswegen das Buch vorsorglich im Doppelpack erstanden werden sollte, um es gemeinschaftlich zu lesen und auf diese Weise einen geeigneten Gesprächspartner oder Gesprächspartnerin zur Hand zu haben. Die Atmosphäre und die vielschichtigen Darstellungen der gesellschaftlichen Dynamiken bieten eine lohnenswerte Lektüre für all diejenigen, die bereit sind, über die Grenzen des Gewöhnlichen hinauszugehen und in eine Welt einzutauchen, in der die Konzepte von Gut und Böse auf die Probe gestellt werden.  

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