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Literaturagentin Sarah Knofius

"Für mich ist es wichtig, dass ich für ein Projekt, das ich vertrete, auch brenne"

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Kategorie: Interview Literatur

Von Textarbeit über Vertragsverhandlungen bis hin zum Mitfiebern, Händchen halten und Trösten – die Aufgabenpalette für Literaturagent*innen ist äußerst umfangreich. Als Schnittstelle zwischen Autor*innen und Verlagen schaffen sie häufig erst die Voraussetzungen dafür, dass Fantasy, Sci-Fi und Co. gedruckt in die Bücherregale gelangen oder digital als E-Book veröffentlicht werden. Welche Voraussetzungen man mitbringen muss, um als Autor*in bei einer Agentur angenommen zu werden, oder um vielleicht sogar selbst als Literaturagent*in ins Buchgeschäft einzusteigen, das haben wir Sarah Knofius von der Literaturagentur Schlück gefragt.

Ann. A. Kalliope (Zauberwelten-Online): Ich freue mich, dass wir heute miteinander über Ihre Arbeit als Literaturagentin sprechen. Bevor wir gleich richtig einsteigen, stellen Sie sich doch bitte einmal kurz vor und verraten Sie uns, wie es dazu kam, dass Sie Literaturagentin geworden sind?

Sarah Knofius (Literaturagentur Schlück): Vielen Dank für die Anfrage! Ich heiße Sarah Knofius und arbeite jetzt seit ca. fünfeinhalb Jahren bei der Agentur Schlück. Angefangen habe ich ganz klassisch mit einem Volontariat nach dem Studium, und wurde dann übernommen. Ich betreue hauptsächlich ausländische Klienten und vertrete zusätzlich eine Liste an deutschsprachigen Autor*innen.

Ann A. (ZWO): Manche unserer Leser*innen werden den Begriff Literaturagentur schon gehört haben, aber nicht jeder weiß, was eine solche Agentur genau macht. Welche Aufgaben hat eine Literaturagentur im  Allgemeinen?

Sarah K. (LA Schlück): Eine Literaturagentur unterstützt Autor*innen in jeglicher Hinsicht. Das fängt an bei der Textarbeit, über die Vermittlung an einen Verlag und bei erfolgreicher Vermittlung übernehmen wir auch alles weitere was anfällt, wie beispielsweise Verhandlungen von Konditionen, die Vertragserstellung und Tantiemenabrechnungen. Wir sind Schnittstelle zwischen Verlag und Autor*in. Manchmal beinhaltet der Beruf neben der bürokratischen Abwicklung aber auch einfach Mitfiebern und Händchenhalten beim Warten auf Rückmeldung oder Trösten bei Absage.

Ann A. (ZWO): Und worauf hat sich die Literaturagentur Schlück spezialisiert?

Sarah K. (LA Schlück): Schlück betreut gleichermaßen ausländische sowie deutschsprachige Autor*innen. Auf der einen Seite vertreten wir die deutschen Rechte für vor allem US-Agenturen und Verlage; auf der anderen Seite haben wir eine lange Liste an deutschsprachigen Autor*innen wie beispielsweise Dora Heldt, Andreas Winkelmann, oder aus dem Bereich Science Fiction & Fantasy (SFF) etwa Andreas Eschbach, die Vögte und Nora Bendzko. Auf unserer Website gibt es eine ausführliche Liste.

Für ausländische Klienten vertreten wir beispielsweise Autor*innen wie Leigh Bardugo, Sarah J. Maas, Christopher Paolini.

Ann A. (ZWO): Literaturagenturen sind immer wichtiger sowohl für Autoren*innen als auch Verlage geworden. Welchen Stellenwert nehmen sie mittlerweile auf dem Buchmarkt ein?

Sarah K. (LA Schlück): Man braucht nicht zwangsläufig eine Literaturagentur, um bei einem Verlag unterzukommen, aber oftmals ist es sehr hilfreich. Verlage gehen davon aus, dass durch Agenturen eine gewisse qualitative Vorsortierung vorgenommen wird.

Außerdem stehen wir in engem Kontakt zu den Verlagen und wissen, wer gerade was sucht. So können wir Autor*innen auch beraten, welche ihrer Projektideen aktuell genug Marktpotenzial haben, um sie weiter zu verfolgen, und welche vielleicht lieber erstmal in der Schublade bleiben.

Kommt es zu Verhandlungen, können wir auf unsere Erfahrungswerte zurückgreifen und so die bestmöglichen Konditionen für Autor*innen verhandeln. Von einer Literaturagentur vertreten zu werden ist keine Garantie für einen Verlagsvertrag, aber ein Fuß in der Tür.

Ann A. (ZWO): Und das ist bei den hohen Hürden einer Buchveröffentlichung in einem Verlag schon eine ganze Menge. Als angehende*r Autor*in ist man dementsprechend auch froh, wenn man von einer Literaturagentur angenommen wird. Aber kann man denn einfach jeder Literaturagentur vertrauen oder gibt es auch schwarze Schafe? Woran erkennt man eine seriöse Agentur?

Sarah K. (LA Schlück): Ja, es gibt auch schwarze Schafe in der Branche. Eine seriöse Agentur erkennt man vor allem daran, dass Geld erst dann anteilig an die Agentur fließt, wenn ein Projekt erfolgreich vermittelt wurde. Agenturen zeigen auf ihrer Website auch meist eine Auswahl an vermittelten Werken; das kann auch ein guter Indikator sein, wie vernetzt/erfolgreich die Agentur ist.

Ann A. (ZWO): Kommen wir nun zu Ihnen und Ihrer Arbeit. Sie sind in der Literaturagentur Schlück u.a. für den Bereich Fantasy verantwortlich, aber nicht nur. Welche Aufgaben haben Sie und was ist Ihr Tagesgeschäft?

Sarah K. (LA Schlück): In der Agentur betreue ich hauptsächlich ausländische Klienten und versuche deren Titel an deutsche Verlage zu vermitteln. Je nach Klient betreut man eine Vielzahl an Genres. Macmillan sind beispielsweise sehr breit aufgestellt und veröffentlichen von Historischen Liebesromanen über Cozy Crime bis hin zu gehobener Literatur alles, und mit dem Tor Books Imprint kommen natürlich eine Vielzahl an SFF-Titeln hinzu.

Die Betreuung dieser Klienten beinhaltet neben dem Anbieten der Projekte und ggf. Vertragsverhandlung auch so praktische Dinge wie Autor*innenfotos anfragen, Preisaktionen abklären, Genehmigung fürs Cover einholen und vieles mehr.

Daneben vertrete ich eine Reihe von deutschsprachigen Autor*innen, hier kommt noch die Arbeit am Text hinzu und insgesamt ist die Beziehung natürlich unmittelbarer.

Außerdem habe ich in der Agentur eine Art Doppelfunktion, da ich seit einiger Zeit auch als Vertragsmanagerin fungiere. Weitere Aufgaben sind beispielsweise Betreuung der Volontär*innen, Design von Messelisten und Qualitätsmanagement.

Ann A. (ZWO): Sie haben es bereits mehrfach angesprochen: Ein Kernbereich Ihrer Arbeit ist der Kontakt mit den Autoren*innen. Wie unterstützen Sie eine*n Autor*in nun konkret? Wie sieht die Zusammenarbeit aus?

Sarah K. (LA Schlück): Bei deutschsprachigen Autor*innen ist die Zusammenarbeit eine ganz andere als mit ausländischen Klienten. In letzterem Fall hat man in den seltensten Fällen direkt mit der/m Autor*in zu tun. Im Fall von deutschsprachigen Autor*innen ist die Zusammenarbeit unmittelbar und auch persönlicher. Das fängt an mit der gemeinsamen Auswahl eines Projektes, für das man Potenzial sieht. Für die Vorstellung des Projektes bei Verlagen muss das Material entsprechend aufbereitet werden, das bedeutet wir brauchen ein Exposé und mindestens eine ausführliche Leseprobe. Konkret bedeutet das, der/die Autor*in schickt mir das Material, ich arbeite es durch und schicke es dann kommentiert zurück. Das kann einige Male so hin und her gehen, bis man sich zusammen auf eine Fassung geeinigt hat. Für meine deutschsprachigen Projekte fertige ich außerdem ein Moodboard zur atmosphärischen Untermalung an. Die fertige Präsentation des Projektes und des/der Autor*in schicke ich dann ganz gezielt an passende Lektor*innen; neben der schriftlichen Vorstellung gibt es natürlich auch persönliche Gespräche mit den Lektor*innen, in denen man ihnen das Projekt ans Herz legt.

Wenn das erhoffte Angebot kommt, geht’s in die Verhandlung, in der ich versuche, die besten Konditionen für mein/e Autor*in rauszuholen.

Kommt es zu einem Vertrag, variiert die Arbeit danach von Autor*in zu Autor*in. Manche Autor*innen bitten darum, dass man sich das Manuskript vor Abgabe an den Verlag nochmal anschaut oder es gibt Brainstormings, wenn der/die Autor*in an einer Stelle nicht weiterkommt. Wieder andere schreiben munter vor sich hin und melden sich dann mit dem komplett fertigen Manuskript.

Ann A. (ZWO): Das klingt wirklich nach jeder Menge Arbeit und man muss bedenken, dass Sie gleichzeitig mehrere Autor*innen betreuen. Wie viele sind es derzeit bei Ihnen?

Sarah K. (LA Schlück): Meine Liste an deutschsprachigen Autor*innen halte ich bewusst klein, um die oben genannte intensive Textarbeit gewährleisten zu können und jeder*m gerecht werden zu können, da ich noch viele andere Aufgaben in der Agentur habe.

Ann A. (ZWO): Doch bevor Sie die Autor*innen überhaupt unterstützen können, muss es zuerst zu einer Zusammenarbeit zwischen der Literaturagentur und den Autor*innen kommen. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, ob ein*e Autor*in für Ihre Literaturagentur geeignet ist?

Sarah K. (LA Schlück): Hier gibt es mehrere Kriterien: Zum einen muss das Projekt Potenzial auf dem Markt haben – ich habe schon Projekte abgesagt, die mir persönlich gut gefallen haben, von denen ich aber nicht geglaubt habe, sie an einen Verlag vermitteln zu können.

Zum anderen ist da der berühmte Funke, der überspringen muss. Für mich ist es wichtig, dass ich für ein Projekt, das ich vertrete, auch brenne. Wichtig für uns als Agent*innen ist auch die Perspektive. Hat der/die Autor*in weitere Ideen oder andere Projekte in der Schublade? Fokussiert sich der/die Autor*in auf ein Genre oder ist es denkbar, auch in anderen Genres zu schreiben? Wenn wir an einem Projekt interessiert sind, bitten wir üblicherweise um ein Telefonat mit dem/der Autor*in. Die persönliche Ebene ist nicht alles in einer professionellen Geschäftsbeziehung, aber natürlich ist es angenehm, wenn man sich mit dem/der Autor*in versteht, da wir eine langfristige Beziehung anstreben.

Ann A. (ZWO): Auf der anderen Seite sind da die Verlage. Sie haben schon erwähnt, dass langjährige Vertrauensverhältnisse bestehen. Die Verlage verlassen sich auf Ihre Expertise. Wie läuft die Arbeit auf dieser Seite für Sie ab?

Sarah K. (LA Schlück): Grundlegend besteht die Zusammenarbeit zwischen Lektor*in und Agent*in daraus, dass wir Lektor*innen Stoffe anbieten, von denen wir glauben, dass sie gut zum Verlag und zum/r Lektor*in passen. Darüber hinaus wird vor allem in Messemeetings, aber auch außerhalb davon, abgesteckt, was das entsprechende Lektorat derzeit sucht. Auch begründete Absagen von Lektor*innen sind wertvolles Feedback für Autor*in und Agent*in.

Je länger man in dem Beruf arbeitet, desto besser lernt man die einzelnen Vorlieben der Lektor*innen kennen und kann entscheiden, bei welchem/r Lektor*in ein Titel am besten aufgehoben ist.

Ann A. (ZWO): Das klingt sehr spannend. Sie sind mitten im Literaturgeschehen und lenken sozusagen die Geschicke mit. Wenn man nun selbst Literaturagent*in werden möchte, was sind die Voraussetzungen, die man mitbringen sollte?

Sarah K. (LA Schlück): Tatsächlich gibt es keine klassische Ausbildung zur Literaturagent*in, aber in den meisten Fällen haben Agent*innen einen Hintergrund in Geisteswissenschaften und haben danach ein Volontariat in einem Verlag/einer Agentur absolviert. Mitbringen sollte man ein breitgefächertes Interesse an Literatur, Begeisterung für neue Inhalte, sehr gutes Englisch, hohe Stressresistenz, Organisationstalent und – das gilt für die gesamte Branche – eine Menge Geduld. Wichtig ist auch den Markt im Auge zu behalten, welche Titel sind gerade erfolgreich, welches Genre verliert an Momentum oder wird beispielsweise durch erfolgreiche Netflixserien vermehrt gesucht (mit dem Hype um Bridgerton wächst zum Beispiel das Interesse an Regency Romances). Da hilft es natürlich, wenn man viel liest, was zugegeben aber nicht immer ganz einfach ist, wenn man sich schon den ganzen Tag über mit Texten beschäftigt. Das sind zum einen die Texte von meinen Autor*innen, darüber hinaus müssen die Manuskripteinreichungen von Autor*innen, die sich um eine Vertretung bewerben, geprüft werden. Die Zahl variiert, aber man kann schon sagen, dass wir wöchentlich mindestens 30 Einsendungen bekommen. Das hat Auswirkungen auf das private Lesen: Bevor ich bei der Agentur angefangen habe, lag mein Jahresdurchschnitt zum Beispiel bei ca. 120 Büchern, die ich privat gelesen habe, letztes Jahr waren es nur 68, aktuell liege ich bei 75 für dieses Jahr.

Ann A. (ZWO): 75 Bücher? Obwohl ich es liebe, gute Geschichten zu lesen, kann ich da nicht mithalten. Aber wenden wir uns noch dem aktuellen Geschehen zu. Seit anderthalb Jahren haben wir alle mit Corona zu tun. Wie hat sich die Pandemie auf die Buchbranche bzw. Literaturagenturszene ausgewirkt?

Sarah K. (LA Schlück): Die einschneidendste Veränderung durch Corona ist wohl der Wechsel zum Digitalen. Das fängt beim Homeoffice an und geht weiter mit den Buchmessen, die aktuell vermehrt digital stattfinden. Digitale Produkte sind ebenfalls beliebter als vorher, also E-Books und vor allem Hörbücher haben durch die Lockdowns einen Boom erlebt. Bezüglich Genres haben wir einen Boom bei Sachbüchern (vor allem Thema Self-Care, Self-Help) und vor allem auch bei Kinderliteratur festgestellt. Gleichzeitig haben Verlage vorsichtiger eingekauft, auch dadurch, dass viele Titel, die ursprünglich für 2020 geplant waren, nach hinten geschoben wurden und dadurch Programmplätze belegt haben.

Ann A. (ZWO): Wo wir gerade bei Trends sind. Was ist denn derzeit in der Buchszene noch angesagt?

Sarah K. (LA Schlück): Endlich (!) häufiger gefragt sind LGBTQ+Titel, own voices-Romane und weibliche Stimmen. Außerdem hat Corona eine erhöhte Nachfrage nach „cozy“ Stoffen ausgelöst, ob das nun cozy crime ist oder cozy romance, sogar cozy fantasy; Bücher mit Wohlfühlfaktor sind gefragt.

Ann A. (ZWO): Kurz vor Schluss, noch eine Frage ganz anderer Art: Gibt es einen Charakter, vielleicht aus Ihrem Lieblingsbuch, der oder die Sie selbst gerne für eine gewisse Zeit wären? Und wenn ja, warum gerade dieser Charakter?

Sarah K. (LA Schlück): Das ist wie die Frage nach einem Lieblingsbuch. Es gibt viele Charaktere, beziehungsweise viel mehr noch Welten aus Büchern, die ich gerne erkunden würde, aber mich auf eine festlegen, schaffe ich dann doch nicht ?  

 

Ann A. (ZWO): Wir sind am Ende unseres Interviews angelangt. Können Sie uns zum Abschluss noch ein bestimmtes Buch besonders ans Herz legen? Eines das man in der nächsten Zeit unbedingt gelesen haben sollte?

Sarah K. (LA Schlück): Ein absolutes Highlight ist TJ Klunes Mr. Parnassus‘ Heim für Magisch Begabte, ein wundervoller Roman für Herz und Seele, erschienen bei Heyne, die auch weitere Titel des Autors eingekauft haben, also unbedingt die Augen offenhalten. Und kürzlich bei Fischer Tor erschienen: Anarchie Déco von den Vögten, ein toller historischer Urban Fantasy Roman.

Ann A. (ZWO): Frau Kofius, ich bedanke mich ganz herzlich für das Gespräch.

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