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Das Lied der Krähen (Glory or Grave, Band 1)

Eine Bande, die nichts zu verlieren hat

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Kategorie: Literatur

Das Leben in den Barrels ist hart. Wer keiner Bande angehört, ist Freiwild. Wer einer Bande angehört, ist entweder haushoch verschuldet oder schlimmeres. Trotzdem, oder gerade deshalb, ist kaum ein Risiko zu hoch, um an Geld zu kommen. Sogar die Versuchung, in eine unmögliche Selbstmord-Mission zu starten, hängt lediglich vom Preis ab.

Kaz ist ein harter Hund in den Barrels, von vielen gefürchtet, von einigen geachtet, aber mit Sicherheit von jedem, der nicht gutgläubig ist, mit Vorsicht betrachtet. Er ist die rechte Hand des Begründers der Banden, wenn man so will, und in seiner Schuld zu stehen kann einen teuer zu stehen kommen. Auch seine engsten Vertrauten sind nicht minder gefährlich als er selbst. Die Spionin Inej wird nicht umsonst „Das Phantom“ genannt. Jesper führt mit seinen Revolvern eine engere Beziehung als mit dem Glücksspiel, dem er hemmungslos verfallen ist. Ninas magische Hände sind so bezaubernd, dass sie einem den Atem nehmen können, und Matthias Augen haben durch seinen Aufenthalt im „Höllenschlund“ jegliche Wärme verloren. Und dann ist da noch Wylan, ehemals Krämerssohn aus gutem Hause, hat nun jedoch Gefallen an allem gefunden, was möglichst laut „Boom“ macht.

Sechs Individuen, zwei Fraktionen, eine Mission

In der Welt, in der Das Lied der Krähen spielt, gibt es zwei verschiedene Typen von Menschen. Die einen sind die „normalen“, die anderen die Grischa – magisch Begabte, die man entweder verachtet und tötet oder gut zu nutzen weiß und „einkauft“. Die vielfältigen Fähigkeiten der Grischa machen sie zu gefährlichen Gegnern oder nützlichen Verbündeten, wie man es nimmt. Da fällt es nicht schwer, sich auszumalen, dass irgendjemand immer auf die Idee kommt, mit solchen Mächten herumzuexperimentieren, um ganz an die Spitze zu kommen. Um jeden Preis, versteht sich. Eine neue Droge vervielfacht die Macht der Grischa um ein Ungeahntes, allerdings nicht ohne seinen Tribut zu fordern, der in gnadenloser Abhängigkeit und allen Konsequenzen einer harten Droge besteht. Aber da jeder gern den größten der roten Knöpfe für sich beanspruchen möchte, werden die sechs „Freunde“ ausgesandt, um die Waagschale zu Gunsten des Auftraggebers zu senken.

Der Auftrag ist eigentlich unmöglich zu erfüllen, doch winkt eine richtig große Belohnung, mit der sich ein jeder der Gruppe einen Traum verwirklichen könnte. Obwohl sie wissen, dass sie sich sehr wahrscheinlich auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben, stimmen alle der waghalsigen Unternehmung zu: Ein Einbruch in das am besten gesicherte Gefängnis der Welt, das Eistribunal.

Zwischen Sympathie und Verachtung

Das bestechende an Das Lied der Krähen ist nicht nur die ausgefeilte Welt, die detailreich und mit Tiefe beschrieben wird, sondern vor allem auch der Aufbau der Charaktere. Verbrecher mit jeweils eigener Geschichte, die jedoch vom Leben so gebeutelt wurden, dass sie nicht dem typischen tugendhaften Pfad folgen. An der ein oder anderen Stelle fällt es damit auch richtig schwer, sich in die Charaktere hineinzuversetzen oder sowas wie Sympathie für sie zu empfinden. Aber gerade das macht auch einen großen Reiz aus, denn wir folgen nicht einer 0-8-15-Abenteuerspur, sondern werden mit den Kriminellen auf eine waghalsige Fahrt geschickt, bei der nichts wirklich rosig verläuft. Auch wenn wir es mit den Meistern ihrer Fächer zu tun haben, sind die sechs Bandenmitglieder fehlbar, haben schlechte Manieren und wenig übrig für Zärteleien. Sie sind wie sie sind, völlig authentisch, ohne den Anspruch, dem Leser gefallen zu wollen. Obwohl man natürlich dazusagen muss, dass Die Autorin weiß, die Sympathien durch Hintergrundgeschichten wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, sodass doch eine Identifikation möglich ist. Man sollte sich jedoch im Klaren sein, dass wenn man sich mit den Charakteren identifiziert, auch die kleinen dunklen Seiten in uns angesprochen werden, die wir lieber ganz tief hinterm Schuppen vergraben wollen. Und wer sind wir, dass wir über andere urteilen, wenn wir nicht selbst ab und an unlautere Gedanken in uns haben?

Fazit

Vorweg: Das Buch ist der Hammer. Es stimmt einfach alles. Ein toll gestaltetes Cover, dass einen Geschmack auf zwielichtige, aber auch düster-coole Charaktere und Handlungen gibt, wird noch unterstützt von den schwarz-gefärbten Seitenrändern, die den Roman zu einem richtigen Hingucker machen.

Die Story ist nicht neu. Magisch Begabte, die gejagt oder ausgenutzt werden, Kriminelle auf der Suche nach Freiheit und Frieden, und Einzelkämpfer, die in der Gruppe zueinander finden, haben wir schon oft kennengelernt. Was das Buch aber zu einem wirklich großartigen Leseerlebnis macht, ist die gnadenlose Authentizität, die den Charakteren nicht nur tolle Eigenschaften, sondern auch richtige Kackbratz-Manieren zugesteht. Es ist nicht immer klar, welchen Ausgang eine Situation haben wird, und auch um liebgewonnene Figuren dürfen wir das ein oder andere Mal bangen. Spätestens nach Game of Thrones ist die Sicherheit, dass Hauptfiguren bis zum Ende überleben müssen, ja schon getrübt und auch in Das Lied der Krähen befinden wir uns stetig in einer wachsamen Unsicherheit, ob die nächsten fiktiven Minuten nicht im totalen Untergang enden. Auch diese Atmosphäre und dass die Autorin es schafft, die Eigenschaften innerhalb des Buchs auf den Leser zu übertragen, bringen das Gänsehautfeeling ins Leseerlebnis. Wir schauen nicht nur zu, wir sind Teil der Geschichte, werden selbst zu ruchlosen Verbrechern auf der Jagd nach Ruhm und Reichtum, einer geübten Gleichgültigkeit, die eine Voraussetzung zum Überleben im Untergrund ist, und schmecken einen Hauch von Rachegelüsten auf der Zunge, wenn wir uns trauen, in die Vergangenheit zu blicken.

Qualitätsurteil: Awesomista!

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