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Im Garten Numen

Phantastischer Realismus aus Österreich

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Kategorie: Literatur

Katharina ist verschwunden! Kaum eine Mitteilung hätte Simon tiefer treffen können, als die, dass der Verbleib seiner Tochter ungewiss ist. Ohne zu zögern macht er sich daher sogleich in das Dörflein Fugenschlag auf, wo seine Tochter zuletzt gesichtet wurde. Dorthin hatte Simons Exfrau die gemeinsame Tochter nämlich gebracht, um Sie in Bruchhof – einer erzkatholischen Therapieeinrichtung – einem kalten Entzug zu unterziehen. Simon ist kritisch, dass Katharina einfach zurück nach Wien gegangen sein soll und vermutet schlimmstes. In Andaras Erstlingswerk begleiten wir Simon auf seiner Suche und lernen aus dessen Perspektive die eigensinnigen Bewohner Fugenschlags und sein schreckliches Geheimnis kennen, das Simons Befürchtungen noch übersteigt ...

Mit Im Garten Numen hat Erik R. Andara nach zahlreichen Kurzgeschichten seinen ersten Roman vorgelegt. Der ist zwar mit seinen ca. 240 Seiten noch überschaubar, arbeitet aber doch bereits ganz anders als eine Novelle oder gar Kurzgeschichte. Der verfügbare Platz wird für eine intensive Charakterzeichnung und wohltemperierten Stimmungsaufbau genutzt. In der Beschreibung von Simons Suche geht Andara langsam und detailverliebt vor. Er reißt uns nicht durch schnelles Erzähltempo oder krasse Schocker mit, sondern weiß vielmehr durch realistische Details in den Bann zu ziehen. Simons Vergangenheit, Alltagsdetails, jede Dachschindel und die Farbe nikotingetünchter Tapeten lassen ein plastisches Bild von Fugenschlag und seinen Bewohnern entstehen. Immer wieder stößt man dabei auf österreichische Begriffe und Formulierungen, die einer aufs Hochdeutsche zurechtgestutzten Literatur weitgehend ausgetrieben wurden. Auch das trägt fraglos zum Charme der Reise bei, so dass einem Simon und das kleine Dorf auch noch lange in Erinnerung bleiben, nachdem man die Buchdeckel zugeklappt hat.

Phantastischer Realismus

Dieser plastische Realismus wird mit einer gehörigen Prise Phantastik gewürzt. Um den Charakter Katharina entfesselt sich ein wohlkomponiertes Mysterium, das sowohl Simon als auch uns nicht nur metaphorisch zum Bergaufstieg motiviert und mit Spannung über die Kuppe ins mysteriöse Tal blicken lässt. Das zentrale Geheimnis ist für sich genommen zwar keine große Überraschung, funktioniert aber äußerst gut, indem es Raum für Ambiguitäten lässt. Zeitweise unter Drogen gesetzt und von seiner eigenen Furcht gelähmt, steht nicht nur für Simon immer die Frage im Raum, was bloße Vorstellung und was Realität ist.

Mehr noch: Man kann das Grauen in Fugenschlag sogar als Sinnbild für Simons kompliziertes, „gescheitertes“ Leben sehen. Andererseits kann man sich aber natürlich auch einfach vom Mythos unterhalten lassen. Handlung und Konzeption des Mysteriums sind dabei gutes Handwerk und bieten eine willkommene Abwechslung zu Tentakelwesen und Poltergeistern. Leben gewinnt der Garten Numen aber zuerst durch seine wenigen und dafür umso lebendigeren Charaktere und den punktgenauen phantastisch-realistischen Stil.

Auch abgesehen vom Genre-untypisch behutsamen Stil ist die Suche dabei keine leicht Kost. Sucht, Trennung, Distanz, die Sorge um Simons verschwundene Tochter: Andara spielt auf Saiten die uns vertraut sind und daher treffen können. So entsteht eine Leseerfahrung, die trotz phantastischer Elemente nah am Leben steht. Simons Begegnung mit dem Garten Numen hat uns mehr zu bieten als seichte Unterhaltung und wohligen Schauer. Es sagt uns etwas über die Wirklichkeit, indem es echte Menschen mit ihren Sorgen zeichnet.

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