Was wäre ein Dungeon nur ohne Skelette, Oger und andere fürchterliche Gegner? Wir kennen bloß die Heldensicht, doch wer füllt den Goldschatz auf oder repariert die Skelette? Es ist ihre Geschichte: Die Hilfskräfte des Dungeons kommen hier zu Wort.
In dieser Anthologie aus dem Amrûn Verlag tauchen wir tief in die Katakomben der Dungeons ein und bekommen vor Augen geführt, wer hier die wahren Helden des Dungeons sind: die Mitarbeiter, die alles am Laufen halten. Denn so ein Dungeon braucht enorm viel Pflege, die dunklen Gänge brauchen frische Fackeln, der Verwaltungsaufwand ist enorm, Sicherheitsstandards müssen eingehalten werden und Helden benehmen sich manchmal auch einfach wie die letzten Vollidioten und schlagen alles kurz und klein.
Um euch einen Eindruck von den Geschichten zu geben und ohne dabei zu viel vorwegzunehmen, möchte ich euch hier meine Top 3 der 14 Kurzgeschichten aus der Anthologie vorstellen.
Der Letzte macht bekanntlich das Licht aus, aber der Vorletzte, der muss die Scheiße wegräumen, solange man sie noch sieht. Wortwörtlich. Denn wer schon einmal in einem Dungeon war, der weiß, dass eine Vielzahl an Geschöpfen dort unten lebt und … nun ja, sich auch erleichtern muss. Zumeist tun sie das auch nicht auf einem fest installierten Klo, sondern ... irgendwo. Da kommt der Exkrementator ins Spiel. Ihn, den niemand sehen darf, aber der alles mitbekommt. Selbst den Heldendurchfall. Dies ist seine Geschichte.
Diese Geschichte hatte mich bereits nach dem ersten Absatz für sich gewonnen: „Ihr tut, was euch Spaß macht, umgebt euch mit Verwesung und Zerfall, habt einen geregelten Arbeitsplatz und viel Freizeit. Also, was soll das jetzt?“ Nekromanten sind schon seltsame Gestalten, aber auch sie sind ein wichtiger Teil des Dungeons. Was das Ganze jetzt soll, das müsst ihr allerdings selbst lesen.
Kopfsache überzeugt mit einem noch tieferen Blick hinter die Kulissen eines Dungeons, denn hier plaudert die Dungeon-Hyrda aus dem Nähkästchen, das in Wahrheit natürlich kein Nähkästchen ist, sondern eher die tiefste Katakombe des Dungeons. Einer der großen Nachteile, so weit unten im Dungeon angesiedelt zu sein? – Die aktuelle Heldengeneration ist zu unfähig, so tief vorzudringen und verstirbt, bevor sie die Hydra zu Gesicht bekommen hat. Also ist es in den Tiefen sehr, sehr langweilig ... Diener, es muss für Abhilfe gesorgt werden!
Internationale Dungeon-Ordnung, Sicherheitsprobleme, Türen, die nicht geöffnet werden dürfen, Dungeons kurz vor der Insolvenz, dem Tode geweihte Helden, Falleninstandsetzung – in der Anthologie Die Hilfskräfte, die wahren Herren des Dungeon versammelt sich thematisch genau das, was man bei dieser Materie auch erwartet, quasi Schlagwort-WYSIWYG. Daher bleibt es auch nicht aus, dass sich einzelne Handlungsstränge innerhalb der 14 Kurzgeschichten thematisch sehr nah sind.
Jedoch zeigt der Mix an Geschichten, dass ähnliche Ideen zu durchaus unterschiedlichen Shortstorys avancieren können. Und so manch eine sticht dabei gänzlich aus der Masse heraus. Typisch für Anthologien ist jedoch auch, dass man sich als Leser mit machen Geschichten oder Schreibstilen weniger anfreunden kann als mit anderen. Richtig warm geworden bin ich beispielsweise nur mit vier von 14 Geschichten, von denen ich drei hier vorgestellt habe.
Für Pen-and-Paper-Rollenspieler ist Die Hilfskräfte sicherlich ein amüsantes Buch, in dem man sich beim nächsten Dungeon-Besuch situativ wiederfinden kann, wenn man mal wieder tot in einer Falle baumelt oder Skelettkrieger in Puzzleteile zerlegt. Dann werdet ihr sicher an die Hilfskräfte denken, die eure Überreste entsorgen oder die Krieger wieder zusammensetzen müssen.
Mit Geschichten von Christian von Aster, Stephan R. Bellem, Andrea Bottlinger, Stefan Cernohuby, Robin Gates, Christian Günther, Ju Honisch, Tom Orgel, Stephan Orgel, Bernd Perplies, Susanne Pavlovic, Rebekka Pax, Carsten Steenbergen, Melanie Vogltanz, Christian Vogt und Judith Vogt.