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Die Göttinnen von Otera, Band 1: Golden wie Blut

Packender Debütroman mit kleinen Schwächen

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Kategorie: Literatur

Mit Golden wie Blut liefert Namina Forna ihren Debütroman und zugleich den fulminanten Auftakt zu der vielversprechenden Fantasytrilogie Die Göttinen von Otera. Zwar ist der Roman an einigen Stellen etwas unbeholfen, kann aber dennoch überzeugen. Besonders bemerkenswert ist, wie differenziert Forna sich mit den Hauptthemen ihrer Erzählung – die Rolle der Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft und die Reinheit ihres Blutes – auseinandersetzt. Das Ergebnis ist eine Geschichte, die mitreißend ist und zugleich zum kritischen Nachdenken einlädt.

Angesiedelt in der fiktionalen Welt Otera erzählt der Roman von der jungen Deka, die eigentlich nur ein ruhiges, friedliches Leben möchte und endlich in ihrem kleinen Dorf Irfut als Frau anerkannt werden will. Aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe wird sie, obwohl sie ihr ganzes Leben in Irfut gelebt hat, als Außenseiterin behandelt. Nun ist sie alt genug, sich dem Ritual zu stellen, dem sich ab einem gewissen Alter alle Mädchen unterziehen müssen, um als erwachsene Frau in die Gesellschaft einzutreten. Dabei wird die Reinheit des Blutes der Mädchen geprüft: Wer rot blutet, gilt als Frau und „darf“ (= muss) sich fortan vor anderen Menschen mittels einer Maske verhüllen; wer golden blutet ist unrein, dämonisch und somit der Willkür und dem Hass der Mitmenschen ausgesetzt.

Doch dann kommt am Tag des Rituals alles anders: Das Dorf wird von „Todesrufern“ – seltsame und brutale Wesen – angegriffen und Deka kann sie auf scheinbar übernatürliche Weise kontrollieren. Schnell stellt sich heraus, dass auch in ihren Adern goldenes Blut fließt. Dekas Schicksal scheint besiegelt. Doch ein Dekret des Kaisers von Otera rettet sie unvermittelt: Eine Armee aus „Alaki“, den unreinen, übermenschlichen Dämoninnen, soll zusammengestellt werden, um gegen die finsteren Horden von Todesrufern zu kämpfen. Deka wird zur Kriegerin ausgebildet und beginnt die Regeln infrage zu stellen, die sie ihr Leben lang sowohl als Frau als auch als Andersaussehende unterdrückt haben.

Fantasy mit Tiefgang

Eines sei vorneweg gesagt: Wer viel Fantasy liest, dem wird Golden wie Blut in puncto Handlung wenig Neues zu bieten haben. Viele der Entwicklungen und Twists sind dann vorhersehbar, wirken teilweise sogar eher unbeholfen, da sie zu schnell oder zu simpel umgesetzt werden. Auch ist das Erzähltempo manchmal unausgewogen und der Schreibstil stellenweise plump. Letzteres könnte möglicherweise aber auch an der Übersetzung ins Deutsche liegen.

Kurzum gesagt: Ja, wer danach sucht, wird viele kleine Schwächen in Golden wie Blut finden. Nichtsdestotrotz ist dieser Roman mitreißend und spannend. Das liegt zum einen an den liebenswürdigen und teilweise geheimnisvollen Charakteren, die Forna zeichnet. Deka selbst ist zwar die Protagonistin des Romans; es sind jedoch insbesondere ihre Mitstreiterinnen, die zu begeistern wissen. Zum anderen schafft die Autorin es, schwierige Themen wie Misogynie und Rassissmus differenziert aufzugreifen und geschickt im Fantasygewand zu verpacken. Auch das wird insbesondere durch die Charaktere des Romans deutlich: Junge Frauen, die die Doktrinen einer Welt verinnerlicht haben, in denen sie Menschen zweiter Klasse sind; junge Männer, die ob ihres eigenen Privilegs genau diese Diskriminierung nicht wahrnehmen können oder wollen. Forna scheut nicht vor unangenehmen, eindringlichen Szenen zurück, die Dekas Qualen verdeutlichen – Misogynie und Rassissmus sind nun einmal keine leicht verdaulichen Themen. Dabei trifft Golden wie Blut eine ausgezeichnete Balance zwischen thematischem Tiefgang und mitreißender Fantasy.

Zur gesellschaftspolitischen Relevanz, oder: Der schwierige Begriff der „Ethnofantasy“

Ursprünglich wurde Die Göttinnen von Otera seitens Loewe als epische „Ethnofantasy-Trilogie“ beworben. Vermutlich sollte das zu Zeiten von Black Lives Matter und in Angesicht der Tatsache, dass Namina Forna eine schwarze US-Amerikanerin ist, ein Geniestreich der Marketingabteilung werden, den Loewe inzwischen glücklicherweise zurückgezogen hat. Ja, Hautfarbe und Abstammung sind ein zentrales Thema des Romans Golden wie Blut. Keineswegs sind sie jedoch der einzige Fokus der Erzählung. Daher sollte der Roman auch nicht auf den exotisch angehauchten und daher recht problematischen Begriff der „Ethnofantasy“ reduziert werden. Um den Rassissmus, der in Fornas Geschichte beschrieben wird, zu sehen, muss man nicht erst in ein fernes, exotisches, gar imaginäres Land reisen: Er lässt sich auch bei uns im Alltag erleben. Daher ist es auch etwas ärgerlich, dass in der offiziellen Buchbeschreibung von einem „atmosphärischen westafrikanischen Setting“ die Rede ist. Nein, Golden wie Blut ist nicht angesiedelt in Westafrika, sondern im fiktionalen Otera. Zwar ist es oftmals klar erkenntlich, dass Forna, die in Sierra Leona aufwuchs und später mit ihrer Familie in die USA auswanderte, sich stark von Westafrika inspirieren ließ. Dennoch sollte man die Unterdrückung und Diskriminierung, die Deka im Roman erlebt, eben nicht einfach als eine Gegebenheit dieses angeblich „westafrikanischen Settings“ abtun. Eines sollte an dieser Stelle nicht vergessen werden: Unabhängig von Setting oder Thematik ist Golden wie Blut auch einfach gute Unterhaltung und solide Fantasy.

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