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Das Gesetz der Natur

Ein dystopischer Fantasyroman

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Kategorie: Literatur

Nach einer Katastrophe, die zum Untergang der bis dato geführten Zivilisation geführt hat, wächst eine junge Frau in Neuamerika nach den Gesetzen der Natur auf. Geprägt von einem Lehrer und einem Jäger lebt sie wie eine Aussätzige. Als sie jedoch eines Tages in die Fänge von Nationenmännern gerät, rettet ihr die Fähigkeit zu lesen das Leben. Doch um sich und andere zu helfen, muss sie sich entscheiden: Wie weit ist sie bereit zu gehen? Sind manche Leben es wert, geopfert zu werden?

Eine Reise in die unbekannte, dystopische Welt

Mit Gesetz der Natur entführt uns De Winter in ein postapokalyptisches Amerika. Nach einer nur an Rande erwähnten Katastrophe wird die Menschheit in ihrer Entwicklung um viele Jahre zurückgeworfen. Extreme Wetterphänomene und atomare Strahlung gehörten für die ersten Generationen danach zum Alltag. Im Laufe der Zeit bilden sich die Nationen der Gregorianer, Calistoniten und Arianer heraus, während Wildlinge und Ausgestoßene jenseits der neuen Zivilisation(en) leben. Um in der neuen Welt bestehen zu können, verfassen die Ahnväter der neuen Nationen Grundgesetze, nach denen alle Menschen zu leben haben – wer dagegen verstößt, hat mit gravierenden Konsequenzen zu rechnen.

Die Protagonistin des Werkes ist die Mutantin Gaia Marinos, über deren Vergangenheit man erst gegen Ende des Buches erfährt. Sie ist durch die Strahlung körperlich verändert und lebt verborgen, um ihren Charakter vor den verschiedenen Nationen und deren Häschern zu schützen. 

Spoiler!
Gegen Ende des Buches stellt sich heraus, dass sie als Kind zweier Menschen geboren wurde, aber mutantische Merkmale aufwies. Als ihre Eltern fliehen wollten, kam es zu einem Fiasko, bei dem beide umkamen. Nur der Lehrer, ein Freund der Mutter (und unsterblich in dieselbe verliebt) konnte sie retten und nahm sie mit in die Wildnis.  

Die „Namenslosigkeit“ vieler Charaktere erinnerte mich stark an Ödon von Horvaths Jugend ohne Gott, bei den Lesenden entstehen automatisch Assoziationen mit den namensgebenden Berufen. Die zwei Männer, welche Gaia in der Natur ausbilden – ihr also Bildung und Überlebenstechniken vermitteln – werden als Lehrer und Jäger bezeichnet. Die konträren Eigenschaften, welche man mit diesen beiden Bestimmungen verbindet (Lehrer: Nachsicht, Toleranz, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung; Jäger: Unnachgiebigkeit, Kälte, Härte, Gefühlslosigkeit) kommen stark zum Zug. 

Spoiler!
Interessant ist, dass der Lehrer im Laufe der Geschichte zum Krieger wird, wobei er jedoch dessen assoziierte Eigenschaften nicht annimmt, sondern immer noch der Lehrer bleibt. Hier bricht die Autorin gekonnt mit dem Erzählstil, welchen sie vorangehend pflegte (oder den ich als Leser zumindest unterbewusst erwartet habe).
Spoiler!

Das Werk selbst teilt sich in mehrere Epochen. Die erste, Epoche der Gefangenschaft, führt uns näher an die Mutantin und ihre Lebensumstände heran. Wir lernen ihren Lebensstil kennen, in welcher Abhängigkeit sie mit Lehrer und Jäger wohnt und was zweiterer ihr angetan hat, sodass ihr Leben aus den Fugen geworfen wurde. Nach einem Zweikampf im Training, welchen die Mutantin gewann, vergewaltigte er sie. Dies geschah, bevor das Buch einsetzt. Durch den Lehrer erlangt sie die Fertigkeit des Lesens, welche in jeder Nation nur wenigen Menschen zugestanden wird. Die sogenannten Leser dienen ihrer Nation als Berater, Richter und Archivare. Eines Tages kommt ein Trupp Gregorianer zur abgelegenen Hütte, doch durch eine absichtliche Ablenkung Gaias kann einer der Männer entkommen. Der Jäger wird vom Lehrer getötet. Bei der Rückkehr der Soldaten geraten der Lehrer und die Mutantin in Gefangenschaft. Da Mutanten als lebensunwert gelten, soll sie den Traditionen gemäß hingerichtet werden. Durch ihre Lesekenntnisse und die Hilfe von Julie, einer Freien, gelingt es ihr, der Hinrichtung zu entkommen. Sie schließt einen Bund mit einem Leser, um die letzten Bücher zu finden, die am roten Berg verborgen sind.

Die Epoche der Pilgerschaft behandelt den Aufbruch Gaias durch die Natur, die Geburt ihres Sohnes, die Auffindung der verbotenen Waffen und die Ankunft in der calistonitischen Nation. Dort begibt sich Gaia (die nun nur noch wenig als Mutantin bezeichnet wird) als Kämpferin in die Arena, bevor sie beginnt, Soldaten mit halbautomatischen und automatischen Waffen (Glock, AK und Remington) auszubilden. Sie tarnt währenddessen einen ihrer eigenen Fehler als Tat der Gregorianer, sodass die Calistoniten gegen diese in den Krieg ziehen. Als die Situation jedoch eskaliert und Gaia sich nicht mehr sicher ist, ob sie ihren Sohn schützen kann, flieht sie mitsamt dem Lehrer, der jetzt ein Krieger ist, in die Wildnis Richtung Neumexiko.

Die Epoche des Kriegers setzt sechs Jahre nach dem vorangehenden Abschnitt ein. Ihr Sohn wächst unter fremden Menschen abseits der großen Nationen auf. Doch der Herrscher Calisto ist von Wut getrieben, die Mutantin, welche ihn verraten hat, zu töten. Als Reiter der neuen Nation ins Dorf kommen, müssen der Krieger, die Mutantin und der Sohn fliehen. Auf der Flucht stirbt der Krieger.

Die rote Epoche behandelt die Reise zum roten Berg in unbesiedelten Gebieten. Verzweiflung, Angst und Reue prägen diesen letzten, wenn auch kurzen Abschnitt des Werkes. Die Auffindung der letzten Bücher der Welt beendet den Fantasyroman.

 

Der Schreibstil

Durch den sehr distanzierten Schreibstil viel es mir schwer, Empathie und Verständnis für Gaia aufzubringen. Eine lange Zeit des Werkes wird sie nur als Mutantin bezeichnet und versinkt damit genauso in die Anonymität wie ihre beiden Begleiter. Erst nach und nach, sobald man mehr über Gaia erfährt – ihre Auffindung durch den Lehrer, ihre Gefühle und Emotionen – war es mir möglich, eine Art Verhältnis zu ihr aufzubauen.

Der eigenen Vorstellungskraft und vor allem dem Verständnis der Welt helfen jedoch die einzelnen Kapitel, welche Auszüge aus dem Gesetz der Natur enthalten. Diese werden so in den Text eingefügt, dass sie sich immer thematisch auf die Handlung beziehen, etwa bei Mord Diebstahl, oder anderen Verbrechen. Durch diese relativ simpel eingebauten Textpassagen gelingt es der Autorin, Lesenden das Bild einer sich ständig ändernden Welt und von deren Gepflogenheiten und Gesetzen im Geiste zu malen.  

Der bereits erwähnte Schreibstil der Autorin war für mich anfangs schwer zu lesen. Immer wieder erhalten wir durch die Autorin Vorhersagen zur Zukunft der agierenden Charaktere, welche für mich als Leser nicht notwendig gewesen wären. Wenn die Mutantin beispielsweise das erste Mal auf eine Person trifft, offenbart die Autorin teilweise gleich das Ende ebenjener Figur (z. B. ob Kriege überlebt werden) oder wie oft die Protagonisten noch mit jener Figur in Kontakt treten wird.

 

Fazit

Etwas doppelt gemoppelt wirkten für mich die vielen „Gadgets“, welche Gaia im Laufe der Story bekam. Der Bär, welcher sie zeitweise begleitete, die Fähigkeit, mit ihren Händen Feuer zu erschaffen, die überlegenen Waffen oder die schnelle Wundheilung. Sie kamen teilweise unerwartet in die Geschichte, sodass ich mir ein ums andere Mal dachte – warum ist das jetzt so?

Die oftmaligen Veränderungen in der Konstellation, den Fähigkeiten oder Besonderheiten von Protagonist*innen peitschte die Geschichte meiner Meinung nach ein ums andere Mal viel zu schnell voran, ohne dass das volle Potenzial entwickelt werden konnte, welches hinter den einzelnen Kapiteln steht. So wurden Stellen des Werkes, welche große Tiefe boten und noch mehr ausgeschmückt werden hätten können, rasch abgehandelt.

Spoiler!
Ein weiteres großes Manko war für mich persönlich die Auffindung der letzten Bücher der Welt in einem alten Bergwerksstollen im roten Berg. Ich weiß nicht, was ich mir erwartet habe, jedoch nicht ein Zitat aus der Bibel, welches der Sohn unter Tränen vorliest, von dem es unterschwellig heißt, dass es die Welt „verändern wird“. Aus der den Protagonist*innen unbekannten Welt vor Neuamerika ist dem Leser und der Leserin bekannt, welche Auswirkungen der christliche Glaube (ob gut oder schlecht) auf die Welt hatte. Die Mutantenverfolgungen und Hinrichtungen, welche mit Feuer endeten, sind klar als Vergleich zu der Inquisition zu sehen.

Alles in allem ist Das Gesetz der Natur für alle Liebhaber*innen dystopischer Fantasy-Literatur zu empfehlen. Vielleicht muss das Buch ein oder zweimal auf die Seite gelegt werden, um mit dem Schreibstil warm zu werden, aber sobald man sich an diesen gewöhnt hat, wartet eine FunTastische Reise durch Neuamerika, gespickt mit Abenteuern, Mutanten, Gesetzlosen und Krieger*innen auf die Leserin und den Leser.

Die Interpretation der Benennung der Figuren sei jedem selbst überlassen, ebenso die Auslegung des Endes des Werkes. Ich bin jedoch gespannt, ob dies ein einzel-stehendes Werk bleibt, oder ob De Winter uns noch eine fulminante Fortsetzung bieten wird, welche den Kampf um Neuamerika und dessen Zukunft genauer beschreiben wird.

 

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