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Die Geschichte der Science Fiction

Das Genre im Schnelldurchlauf

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Kategorie: Literatur

Wie der Titel bereits vermuten lässt, nimmt sich Die Geschichte der Science-Fiction von Xavier Dollo und Djibril Morissette-Phan es vor, einen historisch-kulturellen Überblick über das Genre und dessen Entwicklung zu bieten – und zwar in Form einer Graphic Novel. Dabei beleuchtet der Comic nicht nur das Leben berühmter Schriftsteller*innen oder Filmemacher*innen, sondern geht auch umfassend auf die spannende Verlagsgeschichte der Science-Fiction in mehreren Ländern ein. Leider scheitert die Graphic Novel dabei am eigenen Thema, dass schlicht zu umfangreich für einen einzelnen Band mit gut 200 Seiten ist.

Mary Shelley, Jules Vernes, Isaac Asimov, Ursula K. Le Guin – das sind nur einige von vielen berühmten Autor*innen der Science-Fiction. Hinzu kommen Filmemacher*innen wie Ridley Scott oder auch Stanley Kubrick. Doch diese Menschen alleine machen die Science-Fiction noch nicht aus. Vielmehr haben auch die kreativen Köpfe der Verlagswelt wie Hugo Gernsbeck, John W. Campbell und Judith Merril das Genre maßgeblich geprägt. Natürlich muss man auch bedenken, dass Science-Fiction keineswegs ein homogenes Genre ist, sondern sich in jedem Land und in jeder Kultur anders entwickelt hat …

Klingt unübersichtlich? Ist es auch! Aber das ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass Science-Fiction eines der beliebtesten Genres ist, das zudem bis heute oftmals unterschätzt wird. Während H. G. Wells und Aldous Huxley heute zu den hohen Literaten gezählt werden, gelten Star Trek, Alien und Perry Rhodan gerne noch als simple, populäre Unterhaltung für ein Nischenpublikum. Mit einigen dieser Vorurteile räumt die vorliegende Graphic Novel auf und rückt dabei viele Facetten des Genres in den Vordergrund. Allerdings ist es unmöglich, all die verschiedenen Strömungen, Entwicklungen und Persönlichkeiten, die dieses Genre ausmachen, in einer Publikation zu thematisieren – erst recht nicht, wenn das Ergebnis kein trockener Wälzer aus Daten und Fakten sein soll. An genau diesem Problem scheitert leider auch Die Geschichte der Science-Fiction. Lesenswert ist die Graphic Novel für Fans des Genres allerdings dennoch.

Ein Sachbuch in Comicform

Die Geschichte der Science-Fiction widmet sich den verschiedenen bedeutungsvollen Etappen und Ausprägungen des Genres. Es werden also nicht nur historisch die jeweiligen evolutionären Schritte der Science-Fiction (von den Sagen der Antike über Mary Shelleys Frankenstein bis hin zur Science-Fiction des 20. und 21. Jahrhunderts) nachgezeichnet, sondern auch die kulturellen Besonderheiten des Genres in diversen Ländern (bspw. USA, England, Frankreich, Russland, …) und wiederkehrende Strömungen und Themenkomplexe (bspw. Zeitreisen, Apokalypse, Weltraumreisen, etc.) vorgestellt. Diese Graphic Novel ist also definitiv mehr als nur ein Zeitstrahl, wie bereits der Klappentext verspricht.

Die Idee, ein Sachbuch in Comicform zu veröffentlichen, ist absolut begrüßenswert: Comics sind dynamisch, können das verbal Beschriebene zusätzlich visuell illustrieren und bieten oftmals eine frische Sicht auf ihr Sujet. Aber solch ein Unterfangen ist auch immer ambitioniert – im Falle von  Die Geschichte der Science-Fiction leider zu ambitioniert. Die Graphic Novel versucht, die umfangreiche Geschichte eines gesamten Genres – angefangen in der Antike! – in eine einzige Publikation zu pressen. Dadurch findet sich auf lediglich 216 Seiten eine derartige Informationsdichte, dass man beim Lesen gerne gelegentlich den Faden verliert. Die Tatsache, dass die Graphic Novel diese Informationen in erster Linie nicht über die Illustrationen, sondern mithilfe extrem viel kleingedruckten Texts vermittelt, macht das nicht besser. So wird die eigentliche Stärke des Comic-Formats letztlich verfehlt.

Spannend ist jedoch, dass Die Geschichte der Science-Fiction stark durch eine frankophone Sichtweise geprägt ist. Für diejenigen, die glauben, sich gut in der Science-Fiction auszukennen, werden hier sicherlich noch Lektüre- und Filmtipps dabei sein. Allerdings bedeutet dieser Fokus auch, dass viele Lesenden, die mit dieser Graphic Novel einen ersten tieferen Blick in das Genre erhaschen wollen, Neuland betreten. Wer dann zusätzlich nicht des Französischen mächtig ist, wird leider viele Abschnitte des Comics schlicht überspringen. Dort, wo deutsche Übersetzungen der Texte verfügbar sind, werden die deutschsprachigen Titel angegeben; leider liegen in den meisten Fällen jedoch keine Übersetzungen vor.

Wandelbarer Comicstil, der sein Potenzial nicht nutzt

Der Stil der Graphic Novel ist äußerst wandelbar und passt sich stets an das Sujet an. Hier dominieren mal glänzende Bilder, die zur Science-Fiction der 1940er-Jahre passen; dann wiederum sind es Inschriften auf Steinplatten, die Wissen vermitteln. Ein besonders wichtiges stilistisches Element in Die Geschichte der Science-Fiction ist der Umgang mit Farben: Zusammenhängende Panels und längere Abschnitte sind jeweils in einem erkennbaren Farbschema gehalten. Das baut nicht nur klar erkennbare Sinnabschnitte auf, sondern ist auch für die stimmige Atmosphäre der Erzählung relevant. Immer wieder wechseln sich Passagen ab, die entweder historische und/oder biografische Informationen schildern oder aber berühmte Science-Fiction-Erzählungen in groben Zügen nacherzählen. Insbesondere an diesen Stellen kommt der Graphic Novel der gezielte Einsatz mit flächigen Farben zugute.

Bestimmte Kapitel werden zusätzlich zur Haupthandlung auch von Lektüre- oder Filmtipps gerahmt (bspw. „Fünf Hauptwerke des Cyberpunk“; „25 TV-Serien, die die Science-Fiction geprägt haben“; usw.). Das verleiht der Graphic Novel einen enzyklopädischen Charakter, ohne jedoch zu viel Aufmerksamkeit von der Erzählung zu nehmen. Einziger Haken bei diesen Empfehlungen ist, dass sie oftmals ausschließlich auf französischer Sprache verfügbar sind. Wo möglich werden jedoch die Titel der deutschen Übersetzung in Fußnoten angegeben.

Ein schwerwiegender Negativpunkt in der Gestaltung der Graphic Novel ist, dass die Zeichnungen an den meisten Stellen nur dazu dienen, den verbalen Text zu illustrieren. Dass der Zeichner  Djibril Morissette-Phan sein Handwerk beherrscht, ist ab der ersten Seite des Comics zweifelsfrei etabliert. Die Struktur der Erzählung ermöglicht es ihm jedoch nicht, künstlerisch aus dem Vollen zu schöpfen. Selten sprechen die Bilder für sich; die meisten Darstellungen zeigen letzten Endes Personen, die sich im Gespräch befinden oder gar einen seitenlangen Monolog vortragen. Das ist wenig dynamisch und verleiht dem Ganzen den Charakter eines bebilderten Sachbuchs statt eines Comics.

Ärgerlich ist auch, dass die visuelle Erzählung immer wieder durch Textwüsten unterbrochen wird. Frei nach dem Motto „Über Schriftsteller*in XY gibt es auch viel zu erzählen, leider hat die Person nicht in den Comic gepasst – hier, habt stattdessen einen biografischen Lexikoneintrag von 200-300 Wörtern über diesen Menschen“ wird so der Erzählfluss abrupt beendet. Hier wirkt es fast, als ob die Graphic Novel selbst nicht so recht wüsste, was sie eigentlich sollte: Ein unterhaltsames Einführungswerk, dass einen ersten Eindruck des Genres bieten möchte, oder doch eher ein vollständiges, allwissendes Lexikon. Ob sich Lesende wirklich alle diese nackten Textpassagen durchlesen, bleibt fraglich.

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