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Gantz 01

Perfect Edition

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Kategorie: Literatur

Man könnte meinen, dass der Zusammenstoß eines Menschen mit einer Hochgeschwindigkeits-U-Bahn tödlich endet. In Gantz sieht das jedoch anders aus, zumindest etwas. Dort ruft nämlich eine ominöse schwarze Kugel – Gantz – ein paar auserwählte Menschen kurz vor ihrem Tod in eine Parallelwelt und verschafft ihnen eine zweite Chance. Diese Chance ist jedoch mit allerlei Gefahren und Psychospielen erkauft.

Psychospiele

Die Geschichte von Gantz fällt etwas mit der Tür ins Haus. Was bisher geschildert wurde, findet sich im Groben bereits auf dem Klappentext. Nach wenigen kurzen Kapiteln ist das Grundprinzip aber auch im Manga selbst gelüftet. Die Charaktere werden Teil eines obskuren Psychospiels, bei dem sie mit Kampfanzügen und Spezialwaffen Jagd auf Aliens machen müssen, um keinen endgültigen Tod zu sterben. Zwar gibt es noch weitere Zwiebelschichten zu erfahren, die Grundidee bleibt aber konstant, wenngleich wir uns natürlich immer nach dem Warum des Ganzen fragen. Das Buch stellt uns so vor ein Rätsel, das jedoch nicht ganz in Fahrt kommen will. Stellenweise deutet sich mehr Tiefe an, die jedoch allzu schnell durch Schockeffekte, Actionszenen und Sex erstickt wird.

Die dann faktisch doch etwas simple Handlung nimmt Gantz als kleine Entschuldigung etwas ironisch auf. Immer wieder nehmen die Charaktere selbst auf Mangas, Animes oder andere Filme Bezug. Ein mysteriöses Mädchen wird so beispielsweise mit den Worten Die sieht ja so aus wie Sadako aus ‚The Ring‘ entdeckt, spielt aber ansonsten kaum eine Rolle mehr. Auch das Grundsetting erinnert die Charaktere an Gameshows. Mit anderen Worten: Die Charaktere bauen durchaus gekonnt Bezüge zur Realwelt auf und erhöhen so entweder den Schrecken oder erschaffen ironische Distanz zum recht absurden Thema. Das ist gut gelungen und zeigt, dass sich Gantz nicht allzu ernst nehmen will. Und dennoch …

Der gute Geschmack

Gantz ist nicht zimperlich. Hier liegt fraglos ein Erwachsenenmanga vor. Direkt zum Einstieg werden wir mit der Frage konfrontiert, ob es ein Obdachloser wert ist, von den Schienen gezerrt zu werden und nur wenige Seiten später sehen wir schon die ersten Körperteile durch den Raum fliegen. Expliziter Splatter ist jedoch nur die eine Seite von Gantz, die andere ist nackte Haut, oder – seien wir ehrlich – feuchte Männerfantasien. Kaum eine Gelegenheit wird verpasst, um die jungen Frauen des Teams in aufreizenden Posen oder direkt ganz nackt in Szene zu setzen. Das einzige, was konsequent zensiert wird, sind Penisse. Für Frauenkörper scheint das Tabu jedoch nicht im Ansatz zu gelten …

Etwa jede zweite der immerhin 46 Kapiteltrennseiten wird mit offensiv aufreizenden Posen der Hauptcharakterin eingeleitet, die – wenn überhaupt – nur das Nötigste verdeckt. Diese wiederkehrenden Pin-ups sind umso irritierender, als sie oft nichts mit der folgenden Handlung zu tun haben. Die dort immer wieder präsentierten sexy Kampfanzüge sind sogar so absurd, dass sie offensichtlich bloßer Anreiz für sich bekanntermaßen gut verkaufenden Sex sind. Wer würde auf einem Motorrad auch eine Hose tragen?

Auch im Handlungsverlauf sind fragwürdige sexuelle Fantasien ständiger Begleiter. Obwohl es grundsätzlich durchaus begrüßenswert ist, dass Sex nicht als Tabu ausgeblendet wird, ist der Umgang in Gantz doch hochproblematisch bis verstörend. Hier hat man es mit konstruierten Tabubrüchen zu tun, die kaum etwas zur Handlung beitragen. Zerlegte nackte Frauenkörper, lüsterne Tiere, Voyeurismus, sexuelle Übergriffe … Wenn dann auch noch die ungewollte Nacktheit einer Frau zur potentiellen Vergewaltigungsursache erklärt wird und Homosexuelle primär als notorische Vergewaltiger auftauchen, wird aus fehlplatzierter Erotik endgültig ein hochbedenkliches Geschlechterbild.

Das vermittelte Frauen- und Sexualitätsbild lässt sich auch mit zugekniffenen Augen weder überlesen noch retten. Hier findet keine sinnvolle Einbettung von Sexualität oder gut platzierte Erotik statt, keine Thematisierung der Frauenbilder der Charaktere, sondern plumper Voyeurismus. An besseren Stellen ist es schlechter Geschmack, an schlechteren ein klar toxisches Männer- und Frauenbild. Das ist nicht nur politisch höchst problematisch, sondern auch künstlerisch schade, da es der sich andeutenden spannenden Hintergrundgeschichte nicht im Ansatz gerecht wird und stellenweise der einzige Antrieb der Charakterentwicklung ist. Damit, dass unsere Hauptcharaktere entweder nach männlicher Überlegenheit, einem „geilen“ ersten Mal oder großen Brüsten streben, bleibt viel Potential auf der Strecke.

Umfang und Aufmachung

Die perfect edition in der Manga-Cult-Reihe ist handwerklich rundum gelungen. Ein edler Einband mit stilvoll blutroten Hochglanz macht im Regal einiges her, zumindest wenn überdimensionierte halbentblösste Brüste auf dem Buchrücken nicht stören. Auch beim Papier wurde ein guter Kompromiss zwischen Buchdicke und Qualität getroffen, obwohl manchmal die Rückseiten durchscheinen. Die ganzen 4 Teilbände auf etwa 800 Seiten gibt es dabei für gerade einmal 20€.  Das Preis-Leistungsverhältnis ist damit ungeschlagen. Trotz plumper Motive sind die Kapiteltrenner ebenso wie der restliche Manga in herausragendem Zeichenstil gehalten. Auch die Übersetzung ist gut gelungen, liest sich flüssig und greift möglichst dezent in die Originalbilder ein.  Auch hilft uns an wenigen Stellen ein Kommentar, um beispielsweise den Gegenwert der japanischen Währung zu verstehen. Gute Arbeit.

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