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Choose Cthulhu 1 – Cthulhus Ruf

Horror-Spielbuch mit Roman

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Kategorie: Pen & Paper

Kein Name aus dem von H.P. Lovecraft geschaffenen Mythos hat sich so in die Köpfe der Leser*innen eingebrannt wie Cthulhu. Dabei gibt es nur eine einzige Geschichte Lovecrafts, die das ikonische Tentakelwesen überhaupt erwähnt: Cthulhus Ruf! Kein Wunder also, dass Victor Conde diese Geschichte als Auftakt für seine Spielhbuchreihe Choose Cthulhu gewählt hat …

Seit einiger Zeit bemüht sich der Mantikore Verlag darum, die deutschsprachige Spielbuchlandschaft mit mehr Themen zu verwöhnen als den üblichen Dungeons und Fantasysettings. In zahlreichen Einzelpublikationen dürfen wir so etwa verlassene Villen errätseln, der Zombieapokalypse entkommen oder auch Alice im Wunderland begegnen. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis auch der Cthulhu-Mythos bespielt werden kann. Der spanische Spielbuchautor Victor Conde hat genau das umgesetzt und der erste Band des auf ansehnliche 15 Bände ausgelegte Projekts erscheint nun bei Mantikore in deutscher Sprache.

Cthulhus Rufe

Mantikore legt mit der deutschsprachigen Ausgabe eine recht kurze, aber gewohnt hochwertige Spielbuchausgabe vor. Das mit lediglich 111 Seiten recht kurze Herzstück des Bandes – das eigentliche Spielbuch – wurde um ein Bestiarium und sogar den Originalroman erweitert. Während das Bestiarium meines Erachtens nicht mehr als ein kleines seitenfüllendes Gimmick ist, ist insbesondere die Idee gut, die Romanvorlage als Anhang hinzuzufügen. Auch wenn Lovecraftfans schon die ein oder andere Ausgabe in ihren Regalen stehen haben dürften, ermöglicht es, sich gleich nach dem Durchspielen der Spielbuch-Geschichte an das übersetzte Original zu setzen. Der ziemlich genau 50 Seiten umfassende „Roman” allein dürfte allerdings keinen Kaufgrund darstellen, bekommt man für einen ähnlichen Preis doch ganze Geschichtensammlungen oder man kann zu aufwändiger gestalteten Varianten greifen. Auch wenn sich beides gelungen ergänzt, sollte man also schon auf das Spielbuch schielen, um einen Kauf der Mantikoreausgabe zu rechtfertigen.

Auf Cthulhus Fährte

Das eigentliche Spielbuch orientiert sich deutlich an der Lovecraftschen Vorlage. Wir sind ein stolzes Mitglied der Familie Wayland und schreiben das Jahr 1926, als wir vom Tod unseres Großonkels George Gammell Angell erfahren. Dieser hinterlässt uns eine Kiste mit einigen Kuriositäten. Neben Zeitungsausschnitten finden wir etwa ein cthuloides Emblem und ein Manuskript des Onkels. Das bringt uns natürlich auf die Idee, der Sache nachzugehen. Während unsere Recherchen zuerst recht einfach beginnen, indem wir uns dem Inhalt der Box widmen und ein paar örtliche Kontakte abklopfen, zieht unsere Spurensuche schnell größere Kreise. Je nach Entscheidung geht es in die Bücherei der Miskatonik-Universität, wo wir das bekannteste Mythoswerk überhaupt studieren, nach Kanada, um einer Inuitkultur nachzuforschen, in den Pazifik, um eine legendäre Insel zu suchen oder ins wundervolle New Orleans.

Dabei liest sich die Reise angenehm stimmungsvoll, wenngleich es deutlich direkter zugeht als in der Vorlage. Conde versteht es, mit Cthulhuklischees zu arbeiten und die leicht antiquierte Stimmung des Mythos zu transportieren. Die Übersetzung von Jan Enseling transportiert diese Arbeit gekonnt in die deutsche Sprache und die Zeichnungen von Eliezer Mayor werten das Lesevergnügen deutlich auf.

 

Wege in den Wahnsinn

Die Umsetzung des Spielbuchs ist gleich auf mehrere Weisen ungewöhnlich. Zuerst dürfte die etwas eigenartige Zählweise der etwa 111 Abschnitte auffallen, die jeweils eine Seite abdecken. Unterbricht eine der zahlreichen ganzseitigen Illustrationen den Text, geht die Zählung eine Nummer höher weiter. Wir haben es also gewissermaßen mit eine leicht verschobenen Seitenzählung zu tun. Das für sich ist noch nicht allzu besonders, ungewöhnlicher ist schon, dass wir es oft mit ganzen Clustern an zusammenhängenden Seiten zu tun haben, die jeweils am Ende der Seite einfach auf die nächste weiterleiten. So liest sich das Cthulhus Ruf-Spielbuch über weite Passagen wie ein Roman, nur mit der störenden Eigenschaft, am Ende jeder Seite einmal innehalten zu müssen, um zu prüfen, ob es wirklich auf der Folgeseite weitergeht oder eine Entscheidung ansteht. Das ist zwar etwas ungewöhnlich, man hat sich aber schnell an die eigensinnige Darstellung gewöhnt.

Ebenfalls etwas anders ist außerdem die Wegführung des Buches. Wie bereits erwähnt, haben wir es mit vielen längeren Blöcken zu tun. Kollege Philipp von Nerds gegen Stephan zählt so gerade einmal 19 Abschnitte mit mehreren Handlungsoptionen. Das ist für ein Spielbuch in der Tat enorm wenig und zusammen damit, dass es weder Regeln noch Rätsel noch andere Interaktionen gibt, dürften sich alteingesessene Spielbuchfans mit gerümpfter Nase abwenden. 

Die Kritik ist zweifelsohne berechtigt, hängt aber auch von einer gewissen Erwartungshaltung ab. Versteht man Cthulhus Ruf entgegen der Eigenbezeichnung als interaktiven Roman statt als Spielbuch, kann die Geschichte nämlich durchaus ihren Reiz entfalten. So entfernt sich Autor Victor Conde deutlich von der Idee eines zu bewältigenden Abenteuers und bietet den Lesenden vielmehr eine Varianz an möglichen Geschichten an. Tatsächlich werden wir nicht auf einen Hauptweg zurückgedrängt, sondern haben die Möglichkeit, gänzlich unterschiedliche Schauplätze und Storystränge zu verfolgen. Eröffnet sich beispielsweise die Möglichkeit, einer Spur nach Kanada zu folgen, so können wir diese wirklich in Angriff nehmen, während wir den Weg nach Kanada bei anderen Entscheidungen gar nicht vorgeschlagen bekommen. Hier wird also kein Hauptweg erzwungen. Der Wiederspielwert ergibt sich demnach nicht aus einer Herausforderung, sondern dadurch, dass wir andere Facetten der Geschichte erspielen können. So erreicht das kurze Spielbuch eine Varianz, die trotz der wenigen Entscheidungen nur wenige Spielbücher erfüllen, allerdings merklich auf Kosten von gezielten oder gar strategischen Entscheidungen.

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