Die New Yorker Kellnerin Leaf Young erholt sich gerade von einer schmerzhaften Trennung, als ein attraktiver Dämon über sie herfällt und ihren Körper zu besetzen versucht. Versucht, weil dieser Prozess die Opfer eigentlich umbringt – und genau das bei Leaf nicht eintritt. Sie überlebt nicht nur, sie zankt sich fortan sogar mit dem Dämonen um die Vorherrschaft über ihren Körper und ihren Kopf. Und zieht damit bald die Aufmerksamkeit der düsteren Black Bird Academy auf sich. Denn die hat sich die Ausrottung aller Dämonen auf die Fahnen geschrieben.
Am Leben der jungen Studentin Leaf ist so weit nichts ungewöhnliches. Sie jobbt als unterbezahlte Kellnerin in einem schäbigen Diner, lässt sich von ihren Mitbewohnerinnen zu Partys schleifen, auf die sie keine Lust hat, und erholt sich gerade von einer schmerzhaften Trennung. Als Leaf sich von ihren Mitbewohnerinnen überreden lässt, nach einer Pause endlich mal wieder feiern zu gehen, läuft sie direkt einem attraktiven Mann in die Arme, der merkwürdiges Interesse an ihr zeigt. Leaf wirft ihre Vorsicht über Bord und geht mit ihm nach hause. Dort stellt sich heraus, dass der sexy Typ in Wirklichkeit ein Dämon ist, der es ganz anders als gedacht auf ihren Körper abgesehen hat. Als nebulöse Gestalt des Bösen braucht er einen Wirtskörper, um zu leben, und den nimmt er meist von Menschen. Menschen, die dafür sterben müssen. Denn Dämon und Mensch in einem Kopf, das ist mit dem Leben nicht vereinbar.
Bevor Leaf weiß, wie ihr geschieht, rammt der Fremde ihr auch schon ein Messer in die Brust und wabert in sie hinein. Doch Leaf wehrt sich, und als sie wieder zu sich kommt, ist sie überraschenderweise noch am Leben. Nur, dass sie sich ihren Körper und ihren Kopf jetzt mit einem nervigen Dämonen namens Lore teilt. Und in einem Hochsicherheitskerker der Black Bird Academy steckt. Exorzisten dieser geheimnisvollen Schule haben sie im Moment ihres Todes aufgegriffen und festgesetzt. Ganz einig, wie sie mit Leaf aka dem Wirtskörper eines gesuchten Dämons umgehen sollen, sind sich ihre Gefängniswärter*innen aber noch nicht. Die einen wollen sie direkt umbringen und exorzieren, die anderen brauchen noch Informationen vom Dämon in ihr. Leaf, die keinen Schimmer hatte, dass es Dämonen und Exorzist*innen überhaupt gibt, muss bald um ihr Leben kämpfen. Und klarmachen, dass sie noch ein Mensch ist. Aber ist sie das wirklich, oder verändert sie sich bereits?
Die Idee zu Stella Tacks neuer Trilogie hat mir direkt zugesagt. Ein Mensch und ein Dämon, die um die Vorherrschaft über einen Körper und ein Bewusstsein ringen? Ein spannender Ansatz. Dazu eine Prise Supernatural und Buffy, mit abgebrühten Dämonenjäger*innen, ekligen Monstern und jeder Menge Splatter? Gemischt mit Sex und Romance? Langweilig würde das auf keinen Fall werden. Wurde es auch nicht.
Tack führt eine überschaubare Zahl an Figuren ein, sodass man nicht den Überblick verliert. Mal lesen wir aus Leafs Perspektive, mal aus der ihres Dämons Lore, und mal aus der von Leafs späterem Love Interest Falco Chepesch, dem gefühlskalten Dämonenjäger. Der ist einer der ersten Exorzisten der Black Bird Academy, die Leaf kennenlernt – denn er versucht gleich, Informationen aus ihr herauszupressen. Als das nicht funktioniert und die Mächtigen der Academy merken, dass Leaf noch “da” ist, wird ihr ein Deal angeboten: Wenn sie sich an der Academy zur Exorzistin ausbilden lässt und die Kräfte ihres Dämons in den Dienst des Guten stellt, wird sie nicht umgebracht. Leaf bleibt nichts anderes übrig, als zuzusagen. Und Falco wird ihr persönlicher Mentor.
Das liest sich flüssig und wir bekommen so gut wie jedes Ereignis aus mehreren (Ich-)Perspektiven serviert. Ich habe zum Teil laut gelacht. Der Humor zwischen Leaf und Falco, die sich überhaupt nicht ausstehen können, und der Sarkasmus ihres Dämons Lore waren oft sehr treffend gesetzt.
Spätestens, als wir zusammen mit Leaf endlich den Kerker verlassen und die Schule erkunden dürfen, wärmt dann noch eine Brise Harry Potter das Leserherz. Die Black Bird Academy ist eine Art düsteres Hogwarts. Mit fieseren Mitschüler*innen, brutaleren Lehrmethoden, verschiedenen Exorzisten-Klassen, für die sich die Schüler*innen entscheiden können, und Verteidigung gegen die dunklen Künste als einzigem Unterrichtsfach.
Das passt und funktioniert super. Vor allem, weil wir mit der ahnungs- und hilflosen Leaf, die ja gerade erst festgestellt hat, dass Monster und Dämonen nicht nur Ammenmärchen sind, alles hautnah miterleben. Dabei verhält sich Leaf nicht von Anfang an wie eine Superheldin. Sie ist, wie sie selbst auch nicht müde wird zu betonen, “nur eine einfache Kellnerin aus New York”, und das macht sie sympathisch und ihre Wut und Hilflosigkeit angesichts der Probleme, denen sie in der Academy begegnet, verständlich. Und davon gibt es mehr als genug. Tack webt ein paar spannende Plot Twists ein, die das Buch vor allem im letzten Drittel zum Pageturner machen.
Ganz überzeugt hat mich Black Bird Academy aber nicht. Das mag mit darauf zurückzuführen sein, dass ich um alles, was auch nur entfernt mit Horror, Gewalt oder Dämonen zu tun hat, normalerweise einen weiten Bogen mache (und mir die Ohren zuhalte ... während ich die Augen so fest zukneif', wie ich kann.) Wer auf Grusel und Monster steht, kann hier aber sicher glücklich werden! Zumal diese Dark Academia nicht zu dark ist. Ganz sensiblen Gemütern würde ich das Buch vielleicht nicht in die Hand drücken, aber für einen Horrorthriller ist es einfach zu witzig und zu sexy.
Womit wir schon beim nächsten Kritikpunkt wären. Mir war die Sprache an einigen Stellen zu trivial und zu vulgär – nicht an sich schlecht, aber “Arschlochdämonen” und häufige derbe Sexwitze sind nicht my cup of coffee. Und wenn wir schon beim Thema Sex sind: Die Romance zwischen den beiden Hauptprotagonist*innen Leaf und Falco erschloss sich mir leider gar nicht. Der eigenbrötlerische, zwanghafte Exorzist und die impulsive junge Dämonin? Für mich kam hier keine Chemie auf. Da rootete ich eher für den witzigen und klugen Dämonen Lore in ihrem Inneren, oder Leafs rebellischen Mitschüler Crain, der zwar das Klischee jedes Bad Boys verkörpert, aber dabei sympathischer und nahbarer wirkte als der verbissene Falco.
Zumal besagter Falco Leaf gleich zu Beginn des Romans foltert! Hier bin ich wirklich gestolpert, denn wir haben hier eine beklemmende, grauenvolle Situation, die eine zu diesem Zeitpunkt noch völlig ahnungslose Leaf ertragen muss, und die explizit geschildert wird. Mir ist beim Lesen fast übel geworden. Aber das verpufft im Nichts, und am Ende verzeiht Leaf Falco nicht nur, sondern entwickelt auch noch ein unerklärliches Verlangen nach ihm. Ohne, dass er sich für seinen Irrtum und seine Taten im Verlauf des Buchs je entschuldigt. Für mich eine unverständliche Bagatellisierung, die mir den Eindruck vermittelte, dass die Autorin sich mit den realen Gegebenheiten und Folgen von Folter nicht genug auseinandergesetzt hat.
Und das blieb leider nicht die einzige Ungereimtheit. Auch ein Halbbruder, der zu Beginn als geliebtes Familienmitglied eingeführt wird, um dann erst ganz zum Schluss (zufällig!)
wieder aufzutauchen, erschien mir nicht realistisch – egal, wie überwältigend die neue Situation in der Zwischenzeit für Leaf war. Ebenso wenig verstand ich ihre Freundschaft mit ihrer unausstehlichen Mitbewohnerin Priscilla.
Da hätte es aus meiner Sicht noch ein bisschen Feinschliff gebraucht.
Insgesamt ist Töte die Dunkelheit ein spannender Read mit guten Ideen und überwiegend sympathisch-nachvollziehbaren Charakteren, in dessen Verlauf klar wird, dass nicht immer nur Menschen die Guten und Dämonen die Bösen sind. Seine Stärken – die Spannung, der Humor, die Figuren – baut das Buch vor allem in der zweiten Hälfte aus. Wer sich an etwas zotiger Sprache, Blut und Splatter oder der klischeehaften Glorifizierung von männlichen Muskelpaketen nicht stört, wird mit Leafs Dark-Academia-Odyssee sicher Freude haben.