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Auf der Spur des Grauens

Private Eye Kampagnenband 1

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Kategorie: Pen & Paper

Das historische Investigationsspiel Private Eye ist im positiven Sinne ein Sonderling. Ohne Mystery und Magie lösen unsere Charaktere Mordfälle im Stil von Sherlock Holmes und anderen klassischen Krimis. Das im sympathischen Kleinverlag Redaktion Phantastik herausgegebene Spiel überzeugt dabei seit jeher durch gut aufbereitete, komplexe Detektivabenteuer. Mit Auf der Spur des Grauens geht man ein spannendes Wagnis ein und ergänzt den Kriminalfall um Horror- und Mystery-Elemente. Mit Ralf Sandfuchs, umtriebigem Urgestein der deutschsprachigen Rollenspielszene, wurde dabei ein überaus passender Autor gefunden. Funktioniert die explosive Mischung?

Auf den ersten Blick ist die Spur des Grauens ein ganz gewöhnlicher Abenteuerband. Mit fünf Abenteuern – drei umfassend ausgearbeitet, zwei grob umrissen – haben wir viel neues Material für unsere Private Eye-Runde oder einen Abstecher aus einer bestehenden Cthulhu-Kampagne. Der Band ist aber keine weitere Abenteuersammlung, sondern der erste Kampagnenband der Private Eye-Reihe. Alle Abenteuer lassen sich zwar auch eigenständig spielen, entfalten ihre Kraft aber am besten, wenn sie als Kampagne eingesetzt werden. Insbesondere das finale Abenteuer lebt davon, dass Charaktere bereits eingeführt wurden und auf bekanntes zurückgegriffen werden kann. Dreh- und Angelpunkt der Kampagne ist dabei SPEAR, eine Gesellschaft zur Erforschung des Übernatürlichen.

Investigative Speerspitze

SPEAR ist ein Akronym für die fiktionale “Society for Paranormal Exploration and Research”, eine Gruppe von Gentlemen  und -women, die sich der wissenschaftlichen Erforschung paranormaler Aktivitäten verschrieben haben. Die Society fungiert als einendes Band, um die Spielgruppe ohne große Verrenkungen in die Abenteuer zu bringen und ermöglicht es, Spiritist*innen und Skeptiker*innen gleichermaßen in einer Gruppe zu halten. Dadurch sind spannende Konflikte vorprogrammiert und es wird ein Rahmen geschaffen, der auch weit über die Kampagne hinaus genutzt werden kann. Kleine Details, wie die Verpflichtung der Society Mysterien bis zur Auflösung zu verfolgen oder angedeutete Konflikte mit mächtigen Mitgliedern der Gruppe sowie ein Handout zur Gesellschaft, machen es der Spielleitung leicht, die Gruppe im Abenteuer zu halten und die Society zum Leben zu erwecken. Auch den Spieler*innen wird es durch 8 vorgefertigte Charaktere nicht allzu schwer gemacht. Selbstverständlich kann problemlos ein eigens geschaffener Charakter zum SPEAR Mitglied werden. Wer sich die Mühe nicht machen will, kann aber fast sofort mit einem vorgefertigten Charakter ins Spiel einsteigen. Dabei ist SPEAR so gestaltet, dass sich der Club gut ins viktorianische Ambiente mit seinen Seancen und der Faszination fürs Übersinnliche verbindet. SPEAR ist nicht historisch, aber glaubwürdig.

Horror und Übernatürliches

Die Konfrontation mit dem Übersinnlichen wird weitaus dunkler ausfallen als die übliche Private Eye-Runde. Als Autor zahlreicher Horrorabenteuer (etwa für Geh nicht in den Winterwald oder Call of Cthulhu) ist Ralf Sandfuchs natürlich ganz im seinem Metier, wenn es darum geht, Spieler*innen das Fürchten zu lehren. Auf wenigen Seiten gibt der Altmeister Tipps für atmosphärisches Horrorrollenspiel und dessen Fallstricke. Die kurze Sammlung kann natürlich keine umfangreiche Abhandlung ersetzen, frischt aber ein paar Ideen auf und kann uns gelungen einstimmen. Wichtigstes Thema ist schließlich die Integration von Übersinnlichem und Krimispiel. Als Kriminalspiel legt Private Eye großen Wert darauf, dass die Fakten und Hinweise sauber recherchiert sind und sich lückenlos erklären lassen. Strengem Investigationsspiel sind mystische Aspekte nämlich hinderlich, da sie diese Erklärung unterlaufen können. Für eine saubere Deduktion (oder Induktion …) taugt ein Fluch einfach nicht. Dementsprechend sind alle Abenteuer so konzipiert, dass sie sich auch ohne übernatürliches Element lösen lassen. Es werden Erklärungen geboten, die das Mysterium rational lösen lassen und so das Abenteuer nicht gefährden. Dennoch wird ein letzter Funken Zweifel bewahrt, um die Diskussionen zwischen Skeptiker*innen und Spiritualist*innen am lodern zu halten. So wird der Gruppe weitgehend freigestellt, wie das Übernatürliche genau eingebaut wird und es bleibt die Möglichkeit, ob die Spielleitung sich nicht doch entschieden hat, dass es Geister und mehr gibt …

Positiv hervorzuheben ist dabei auch der sensible Umgang mit den teils heftigen Themen. Neben ein paar Worten zu Sicherheitstechniken werden den Abenteuern kurze Inhaltswarnungen vorangestellt, damit alle Beteiligten eine gute Zeit haben können.

Aufmachung und Präsentation

Die Abenteuer sind – wie für Private Eye üblich – umfangreich und gut strukturiert. Nach einem konzisen und garantiert nicht spoilerfreien Einleitungstext wird eine Zeitleiste der Geschehnisse gegeben und die grobe Entwicklung im Abenteuer abgebildet. Zusammenstellungen wichtiger Hinweise und NPCs, sowie Beziehungsnetze und Grundrisse helfen uns, die Fälle ordentlich aufzubereiten und hinter dem Spielleitungsschirm die Kontrolle zu bewahren. Allerdings setzt Private Eye trotzdem einige Vorbereitungszeit voraus. Ein Abenteuer schnell vor dem Spielabend zu lesen, dürfte eher nach hinten losgehen. Es sind eben komplexe Kriminalfälle und kein Überfall auf ein Goblinlager, bei dem man es mit den einzelnen Puzzlestücken nicht so genau nehmen müsste. Am Ende müssen bei einem Kriminalfall alle Teile ein stimmiges Bild ergeben, was voraussetzt, den Fall wirklich verinnerlicht zu haben.

Optisch ist die Spur des Grauens eher funktional gehalten. Das Cover von Manfred Escher lädt uns ein, in einem Folianten zu schmökern. Das Gefühl kann das Spiel mit historischen Fotos, Infoboxen und einem angenehmen Schreibstil auch halten. Details wie Bilderrahmen um Fotos oder passend gestaltete Seitenrahmungen erzeugen ein stimmiges Bild. Verglichen mit anderen aktuellen Rollenspielprodukten, wirkt die Optik von Private Eye aber etwas angestaubt. Manche Grafiken sind nicht optimal aufgelöst, Karten und Handouts fallen eher simpel aus und es fehlt manchmal einfach ein bisschen Politur. Wie schon gesagt, das passt durchaus zum historischen Setting und schadet dem Spielerlebnis – vielleicht mit Ausnahme der Handouts – nicht, hat aber noch Luft nach oben. Man sollte allerdings ein kleines Auge zudrücken können um das Produkt so ganz ins Herz zu schließen.

Umfang

Mit 156 Seiten bietet der Band seinen fünf Abenteuern viel Platz um sich zu entfalten. Die jeweiligen Orte der Szenarios sind umfassend ausgearbeitet worden und geben einem ein volles Bild der Geschehnisse. Es macht bereits Spaß, sich mit den Schauplätzen und Charakteren der Abenteuer zu befassen. Und die sind schließlich das Herzstück des Bandes.

Den Einstieg macht “Das Monster von Sark”. Auf der gleichnamigen Kanalinsel Sark ist eine Reihe an Morden geschehen, die offenbar mit einem ominösen Seemonster zu tun haben, das anscheinend einen Bewohner in seine Fänge genommen hat. Besessenheit spielt auch im Kurz-Szenario “Die Macht des Teufels” eine wichtige Rolle, in der die anglikanische Kirche und Exorzismus einen wichtigen Auftritt haben. Ähnlich an die Substanz gehen könnten “Die toten Kinder von Willow Hall”. Im umfangreichen Abenteuer tauchen immer wieder Geistererscheinungen von Kindern auf und es entfaltet sich ein gar grausiges Bild von Kindsmorden, das so leider auch Realität gewesen sein könnte. Zweifelsohne nichts für schwache Nerven, aber umso beeindruckender. Auch das Kurzszenario “Die Todespfeife” dürfte in Erinnerung bleiben. Im Rahmen eines seltsamen Rituals kommt eine tote Frau ins Leben zurück, die offenbar eine Rechnung zu begleichen hat. Das Finale des Bandes macht schließlich “Der Gefallene Prinz” aus. Das komplexe und besonders umfangreiche Abenteuer bedroht das ganze Empire und konfrontiert die Gruppe mit einer Reihe an Morden, Dämonen und okkulten Machenschaften.

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