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The Atlas Six - Wissen ist tödlich

Über Macht und Ohnmacht

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Kategorie: Literatur

Sechs junge Menschen mit unterschiedlichster Herkunft – sie alle sind auf der Suche, sie alle wollen Antworten. Eine untergegangene Bibliothek, die sich selbst und all das in ihr enthaltene Wissen um jeden Preis vor dem Zutritt Unbefugter schützt. Eine Geheimgesellschaft, deren Aufnahmekriterien tödlich sind. Und mittendrin jemand, der die Regeln bestimmt. Oder ist das alles gar kein Spiel? Was ist echt? Was ist Illusion? Findet es doch selbst heraus!

Ich hatte vor Atlas Six noch kein Buch aus dem Genre Dark Academia gelesen. Doch wenn sie alle so sind wie dieser Roman, will ich definitiv mehr davon. Denn das Setting einer untergegangenen Bibliothek macht viel her, mit seinen dunklen Korridoren, den vor Büchern überquellenden Lesesälen und all dem Wissen – und damit all der Macht –, das darin verborgen liegt. Das Schicksal der Bibliothek von Alexandria beschäftigt mich als begeisterte und wissbegierige Leserin sehr, und mich fasziniert, wie Olivie Blake daraus etwas ganz eigenes und neues kreiert hat. Etwas fantastisches, etwas düsteres, etwas magisches.

Wissen ist Macht – Wissen ist tödlich

Nicht jedem Magiewirkenden ist es vergönnt, Zutritt zur Bibliothek zu erlangen. Man muss ihn sich verdienen, und damit seinen Platz in der Alexandrinischen Gesellschaft. Von Zeit zu Zeit werden Nachfolger*innen bestimmt, die ihren ganz eigenen Platz einnehmen dürfen. In diesem Jahr sind es sechs junge Menschen, die die Chance erhalten, ein Teil der Gesellschaft und damit ein Teil der Bibliothek zu werden. Sechs junge Menschen mit unterschiedlichster Herkunft, mit unterschiedlichsten Geschichten. Sie alle treibt etwas an, sie alle sind auf der Suche. Und sie alle haben nichts zu verlieren – oder so viel mehr als das. Ein Jahr bleibt ihnen, um sich und ihr Können unter Beweis zu stellen. Ein Jahr, in dem sie Zugriff auf einige der Bücher der Bibliothek erhalten, aber noch viel mehr ihren eigenen Wert für eben jene Bibliothek beweisen müssen.

Was damit beginnt, ist ein Abtasten, ein Auskundschaften, ein Wettstreit. Jeder der sechs Charaktere stellt für die anderen eine Bedrohung im Kampf um ihren Platz in der Gesellschaft dar, und gleichzeitig müssen sie zusammenarbeiten, denn das Geheimnis um die untergegangene Bibliothek muss um jeden Preis gewahrt werden. Die Bedrohung liegt somit nicht nur im Innen, sondern kommt auch aus dem Außen, als versucht wird, das in der Bibliothek gehütete Wissen an sich zu reißen.

Da ist noch so viel mehr

Und gleichzeitig ist Atlas Six so viel mehr.

Es ist eine Charakterstudie, wenn die Autorin ihre fiktiven Figuren gegeneinander antreten lässt, keiner von ihnen weiß, wie er die anderen einschätzen soll, und selbst die Lesenden keine Ahnung haben, mit wem sie es zu tun haben. Weil nichts so ist, wie es scheint. Weil nicht nur die Figuren über Magie verfügen, sondern scheinbar auch die Autorin. Denn wie sonst hat sie es geschafft, so ein Verwirrspiel zu erschaffen, so ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man so oft denkt, jetzt durchschaut zu haben, wer sich hinter der Maske verbirgt, die die Charaktere sich aufgesetzt haben, nur um dann wieder aus heiterem Himmel überrascht zu werden, wenn sich doch andere Wesenszüge und Emotionen der Figuren offenbaren. So ist es zwar ein Hin und Her, ein Auf und Ab, nichts ist gewiss, nichts ist sicher. Aber gleichzeitig ist es so unfassbar spannend, herausfinden zu wollen, wer diese sechs jungen Menschen, um die sich in diesem Buch alles dreht, eigentlich sind.

Es ist eine wissenschaftliche Abhandlung, wenn die Autorin ihre sechs Hauptfiguren Forschungen über das Konstrukt Zeit betreiben lässt und sich dabei nicht zu schade ist, diesem Teil der Handlung ausgiebig Raum zu widmen. So erhalten wir Lesenden Einblick in die Genialität, die Olivie Blake ausmacht, wenn sie mit völlig neuen Ansätzen zur Einheit Zeit daherkommt. Ich bin fasziniert von ihrem Ideenreichtum, ihrer Kreativität, ihrer Klugheit und ihrem Talent, all dies ihren Charakteren in den Mund und in die Hände zu legen. Und gleichzeitig verleiht es dem Buch so eine starke Authentizität, denn es fühlt sich wie wahrhaft verborgenes und machtvolles Wissen an, auf das die Figuren und damit die Lesenden des Romans zugreifen können.

Es ist ein Machtkampf, denn im Zentrum des Romans befindet sich eine Figur, die noch weniger durchschaubar ist als alle anderen, die noch weniger von sich preisgibt, die noch weniger einzuschätzen ist. Es ist die Figur, deren Namen dieses Buch trägt. Sie ist der Anfang, und ich vermute, sie wird auch das Ende sein. Umso gespannter bin ich auf die Fortsetzungen der Trilogie.

Nichts ist, wie es scheint

Auf eines ist Verlass: Nichts ist, wie es scheint. Und so haben vor allem die letzten fünfzig Seiten des Buches noch einmal einiges in sich. Alles erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Der Titel des Buches bekommt auf einmal eine völlig neue Bedeutung. Ich habe es nicht kommen sehen, war umso überraschter und begeisterter. Und damit unterstreicht die Autorin nur, was für tiefgründige, vielschichtige und vielseitige Figuren sie erschaffen hat – und wie genial sie erzählen kann. Denn all die überraschenden Wendungen und Offenbarungen sind ein Ergebnis davon, dass man als Lesender nicht tiefer blicken kann als die Charaktere des Buches selbst. Man weiß nicht mehr, man verfügt über kein über die in diesem Moment passierende Handlung hinausgehendes Wissen. Alles ist genau jetzt, alles geschieht genau jetzt. Und in der nächsten Sekunde kann schon wieder alles anders sein.

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