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Das 3. Jahrtausend: Damaskus 12

Zukunftsfragen zwischen Freiheit und Notwendigkeit

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Kategorie: Literatur

Mittlerweile sind wir schon eine ganze Weile im dritten Jahrtausend angekommen. Nach 20 erlebnisreichen und mehr oder weniger (nunja: eher weniger) erfreulichen Jahren wissen wir, dass das Jahrtausend noch einige Überraschungen für uns bereithalten dürfte. Grund genug also, auch das gegenwärtige Millenium in der Science Fiction zu behandeln ...

Unter dem Titel Das 3. Jahrtausend nimmt uns Sci-Fi-Autorin Christine Ulrich mit in ihre Zukunftsvisionen. Dabei ist eine starke sozialkritische Note nicht zu verkennen. In ihrer knappen Reihenvorstellung wirft sie einige Fragen zur sozialen Zukunft oder der Rolle der Arbeit auf: „Ist es noch akzeptabel, uns gegen Geld zu verdingen und die eigenen Wünsche hintenan zu stellen?“ und „Werden wir in einigen Hundert Jahren auf dem Mars siedeln?“ Damaskus 12 ist der Auftakt einer bisher dreibändigen Reihe, deren Bücher alle einzeln für sich gelesen werden können.

Damaskus 12

Solche durchaus aus der Geschichte der Science Fiction (man denke bezüglich der Arbeit etwa an Simak) bekannten Fragen bilden auch im kurzen Roman Damaskus 12 eine wichtige Grundlage. Dabei wird uns die philosophisch-sozialkritische Seite jedoch deutlich weniger mit dem Holzhammer präsentiert, als die obigen plakativen Fragen erwarten lassen würden. Stattdessen liefert uns die Autorin eine recht klassische Soft-Sci-Fi Vision und Handlung.

Nach einem nicht näher thematisierten Untergang der Welt, wie wir sie kennen, haben sich die Bewohner*innen in kleinen, oft verfeindeten Clustern zusammengefunden und beleben eine Ödnis, die man etwa von Blade Runner kennen könnte. Als softe Science-Dystopie, wie das Cover verspricht, kann diese Vision dabei nicht wegen mangelnder Konflikte gelten, sondern aufgrund des Technisierungsgrades. Es sind keine umwälzenden technischen Innovationen, welche die Welt und Handlung tragen, sondern es sind die unterschiedlichen Sozialentwürfe, die das 3. Jahrtausend interessant machen. So gibt es zwar implementierte gefühls- und handlungskontrollierende Chips, Tarntechnologie oder das klassische Lasergewehr; interstellare Raumfahrt, Aliens oder allzu unglaubwürdige Kniffe braucht die Zukunft von Ulrich jedoch nicht.

Überhaupt sind es eine fokussierte Handlung und nur ein kleiner Ausschnitt der Welt, die im Fokus von Damaskus 12 stehen. Gideon – Bewohner einer Siedlung von Cameroniten – erhält eine Sprachaufzeichnung seines Sohns Falke, der im vom verfeindeten Konsensus regierten Damaskus 12 aufgewachsen ist. Durch ein spannendes Wechselspiel zwischen der wilden und etwas militärischen Realität der Cameroniten und den Bericht aus dem sterilen Damaskus 12 entsteht ein spannender Kontrast zweier Weltentwürfe. Teils verantwortlungsloser Freiheit der Cameroniten steht ein gänzlich kontrolliertes, aber nachhaltiges (und durchaus glückliches) Leben auf Seite des autoritär-konfuzianischen Konsensus. Hier soll nicht zu viel über diese beiden Welten gesagt werden, ist die Erkundung von Damaskus 12 doch genau das, was das gleichnamige Buch interessant macht. Die Berichte von Falke enthüllen wohldosiert Einblicke in einen spannenden dystopisch-utopischen Lebensentwurf. 

Handlung mit Ausbaupotential

Was auf narrativer Ebene gut funktioniert, hat jedoch seine kleinen Schwächen bei der Glaubwürdigkeit. Die umfangreichen Aufzeichnungen sind gesprochen wie gedruckt und enthalten einen Detailgrad, wie ihn kaum eine spontane Nachricht erreichen würde. Auch gibt der Sohn Details über Verbrechen preis, die er plausiblerweise kaum für die Nachwelt dokumentieren würde. Schlussendlich kann man sogar fragen, was ihn überhaupt dazu motiviert, seinem Vater eine solche umfangreiche Nachricht zu hinterlassen. Zu trocken und unaufgeregt sind seine Schilderungen, um nachzuvollziehen zu können, wieso er sich diese Mühe macht und sich einem solchen Risiko aussetzt.

Ähnliche Unstimmigkeiten empfinde ich auch in einigen Entscheidungen der Charaktere. Falke greift etwa zu – hier nicht vorweggenommenen – drastischen Mitteln, um einen Traum zu realisieren, dessen Motivation jedoch ebenfalls nicht ganz klar wird. Etwas zu kalkuliert und unemotional entscheidet sich Falke zu einem radikalen Lebenswechsel und nimmt auch Erschütterungen seines Weltbildes ohne großes Zögern hin. Hier fehlt mir etwas die Intensität und Tiefe in der Charakterzeichnung.

Durch solche Probleme wird die ansonsten erfreulich fokussierte Handlung ein wenig unglaubwürdig und erweist sich als Mittel zum Zweck, um den zu Grunde liegenden Konflikt zweier Lebensentwürfe zu diskutieren. Wie schon erwähnt, konnte mich gerade der Blick in das Innere von Damaskus 12 über weite Strecken motivieren, aber auch die angerissenen Fragen um Freiheit und Notwendigkeit lassen viel Potential unausgeschöpft und hätten noch pointierter thematisiert werden können. Für sozialkritische Sci-Fi ist mir der Weltenbau etwas zu simpel, für konfliktorientierte Sci-Fi ist der Plot hingegen etwas zu vorhersehbar. Hier erhoffe ich mir von den beiden folgenden Bänden der Reihe noch etwas mehr Tiefe.

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