X

Cookie Notice

Wir nutzen auf unserer Website Cookies und andere Technologien, um zu analysieren wie Sie unsere Webseite nutzen, Inhalte zu personalisieren und Werbung zu schalten. Durch die weitere Nutzung erklären Sie, dass Sie mit der Nutzung von Cookies einverstanden sind. Beachten Sie bitte, dass dieser Hinweis und die Einstellungen nur für die AMP Version unserer Seite gelten. Auf der regulären Website treffen Sie die Auswahl über den Cookiebot.

Startseite
Brett- und Kartenspiele Cosplay Filme Games Intern Interview Kurzgeschichten LARP Literatur Musik Pen & Paper Rezepte Sonstiges Tabletop Veranstaltungen

1888- Wer ist Jack the Ripper?

Schnittiges Spielbuch für Horrorfans

Zur klassischen Webseite

Kategorie: Literatur Pen & Paper

Die brutalen Morde von Jack the Ripper sind alles andere als ein kalter Fall. Bis heute nicht eindeutig geklärt, dienen sie als Hintergrund für zahlreiche Geschichten und Spiele. Der Horror-Autor Mario Steinmetz hat die brutalen Geschehnisse als Grundlage für sein neuestes Spielbuch gewählt und gibt dem Setting seine ganz eigene Note.

Mario Steinmetz ist ein umtriebiger Schriftsteller. In erster Linie für Horrorliteratur der härteren Gangart bekannt, setzt der begeisterte Cyberpunk-Rollenspieler seinen verchromten Fuß auch in den Cyberpunk, was ihm neulich mit einem Skoutz Award (Shinigami wurde Sieger in der Kategorie SF) gedankt wurde. Daneben wagt er sich auch an ambitionierte Spielbücher. Mit 1888 ist nun nach Death Asylum sein zweites umfangreiches Spielbuch erschienen.

London im Nebel

Atmosphärisch und stilistisch bleibt sich Steinmetz treu. Seine Version der Ripper-Morde ist explizit und hat ihre Extremsituationen. Er scheut sich nicht, die Morde detailliert und schmerzhaft zu schildern. Auch die sexualisierte Gewalt kommt deutlich zum Vorschein, das ist beim Ripper nicht anders zu erwarten. Und tatsächlich stammen die vielleicht krassesten Szenen direkt aus der Recherche und den Gerichtsakten. Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein, dass es hier ein bis zwei Stufen brutaler zugeht, als in vielen anderen Ripper-Adaptionen.

Die Illustrationen setzen ausgewählte Momente stark in Szene


Das macht sich auch in der Grundstimmung bemerkbar. Die ohnehin schon düsteren Gassen von Whitechapel werden noch einmal verfinstert. Kaum eine Passage, in der nicht ein Geschwür, ein blutiger Husten oder die raue Sprache der Gosse zu hören ist. So entsteht ein dichtes, aber auf Dauer auch etwas monoton graues London.

Stilistisch ist Steinmetz stark. Man merkt ihm seine Erfahrung im extremen Horror an. Nur wenn es um Sexualität geht, schleicht er etwas herum. Sicher auch der Zielgruppe geschuldet, wählt er hier keine explizite Sprache und neigt zu fast prüden Umschreibungen. Das mag ein wenig zum Ton der sicherlich etwas prüderen Polizeiorgane passen, steht aber teilweise einfach im krassen Widerspruch zur sonstigen Härte des Buches. Ich weiß nicht, ob mir eine härtere Sprache hier gefallen hätte, sie wäre aber konsequent gewesen. 

Auch etwas Okkultismus darf bei Steinmetz nicht fehlen.

Das System

Mein größter Kritikpunkt am vorhergehenden Death Asylum war das recht sperrige und detailverliebte Regelwerk. 1888 geht genau den entgegengesetzten Weg. Zwar gibt es wieder eine Reihe von Statistiken, aber diese werden nun viel einfacher mit Werten versehen und im Verlauf seltener angepasst. Der Probenmechanismus - wenn man ihn so nennen will - kommt sogar ohne jeden Zufallsmechanismus aus. Stattdessen können wir uns in vielen Abschnitten zwischen dem Einsatz verschiedener Fertigkeiten entscheiden und vergleichen unseren Wert nach der Entscheidung einfach mit der im folgenden Abschnitt vorgegebenen Schwierigkeit. Das geht flott von der Hand und man kann nichts auf Würfelpech schieben. Da auf eine misslungene Probe selten harte Konsequenzen folgen, kommt eher das Gefühl eines interaktiven Romans auf als das eines komplexen Spielbuchs. Dennoch sind die Proben mehr als nur Beiwerk. Unsere Werte bestimmen maßgeblich, wie wir Situationen lösen und bestimmen damit den Ton des Spielgefühls.

Stadtführung

Überhaupt scheint mir 1888 weniger über Richtig-Falsch-Wege zu funktionieren. Vielmehr sind es narrative Unterschiede, die durch unsere Unterscheidungen hervorgerufen werden. Die ersten vier Kapitel dienen weniger dazu, uns auf das Finale vorzubereiten, als die Stimmung aufzubauen. Die unterschiedlichen Wege und die beiden Charaktere geben uns zwar jeweils andere Einblicke und Details, aber wir müssen nicht so sehr befürchten, durch eine falsche Entscheidung in eine Sackgasse zu geraten.


Ein Stadtplan hilft dabei den Überblick zu halten.

Während wir in den ersten vier Kapiteln den Spuren von Jack the Ripper folgen, Hinweise sammeln, um wen es sich handeln könnte, und das fiese Whitechapel und seine Bewohner*innen kennenlernen, läuft das letzte Kapitel schließlich deutlich anders ab. Hier entwickelt sich ein actionreiches Finale, das je nach Entscheidung und Fertigkeitswerten mitunter tödlich enden kann. Hier zieht Steinmetz die Daumenschrauben noch einmal gehörig an.

Umfang und Aufmachung

1888 ist sehr gut aufgemacht. Das Buch sieht ansprechend aus und enthält zahlreiche hochwertige Illustrationen sowie eine Karte, Vignetten und herunterladbare Charakterbögen. Eine Besonderheit ist der umfangreiche Anhang mit historischen Zeitungsartikeln, Berichten und Briefen des Rippers. Leider ist die gewählte Schriftart und -größe teilweise an der Grenze der Lesbarkeit, was sich hoffentlich in einer Folgeauflage ändert, und bis dahin durch den Download etwas kompensiert wird. Eine Klartextvariante wäre aber hilfreich gewesen. Schade.
Absolut fair ist das Preis-Leistungs-Verhältnis. Steinmetz hat wieder einmal einen echten Wälzer vorgelegt. Auf 633 Seiten verteilen sich üppige 740 Abschnitte. Auch der Wiederspielwert ist durch das komplexe Ende und die zwei unterschiedlichen Charaktere hoch. So können wir die Geschichte entweder aus Perspektive eines Piolizeiinspektors oder von Ada erleben, die einen ganz persönlichen Konflikt mit dem Ripper auszutragen hat.


Wir dürfen zwei unterschiedliche Charaktere verkörpern

Weitere Artikel: