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Das goldene Garn

Der dritte Teil der Reckless-Reihe

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Kategorie: Literatur

Nachdem es Jacob und Will Reckless in den ersten beiden Bänden der Reihe bereits in die Grimm'sche Märchenwelt und die Welt der französischen Märchen und Sagen geführt hat, geht es bei dieser Reise in die Spiegelwelt in den russischen Kulturkreis. So treffen sie die Baba Jaga ebenso wie einen Zaren, der immer einen Bären mit sich führt, und andere magische und fantastische Gestalten, die nicht unbedingt freundlich gesinnt sind.

Ein paar Worte vorab: Wenn man denkt, das Finale einer Reihe zu lesen, hat man gewisse Erwartungen, vor allem an den Schluss. Diese können eigentlich nur enttäuscht werden, wenn sich herausstellt, dass man tatsächlich erst den dritten Band in einer fünfteiligen Reihe gelesen hat. Genau das ist mir direkt in zweierlei Hinsicht passiert: Die Reckless-Reihe war ursprünglich auf drei Bände angelegt, wurde aber recht schnell auf fünf geplante Bücher ausgebaut. Beim ersten Lesen des aktuellen Bandes war ich noch auf dem alten Stand. Dementsprechend musste ich meinen Ersteindruck an diese Feststellung angleichen und merke: Nun macht alles eindeutig mehr Sinn!

Die Reckless-Reihe

Für die Reckless-Reihe hat sich Cornelia Funke ein neues fantastisches Universum ausgedacht: die Spiegelwelt. Entstanden ist die Idee zusammen mit dem britischen Filmemacher Lionel Wigram, als die beiden an einem Drehbuch arbeiteten. Das Besondere an der Spiegelwelt ist, dass sie eine magische Welt ist. Eine Märchenwelt, die quasi als Parallelwelt zu einer Welt existiert, die wir als „normal“ bezeichnen würden. Die meisten Bewohner wissen aber gar nichts über die Existenz einer anderen als der ihren Welt, und davon, dass die Welten sprichwörtlich durch einen Spiegel miteinander verbunden sind.

In den einzelnen Bänden der Reihe werden verschiedene Länder dieser Welt hinter dem Spiegel eingeführt, für jeden Band bekommt eines mehr Bedeutung als die anderen – und damit auch seine Kultur, seine Bewohner und seine Geschichte(n): Die Reihe versteht sich selbst als kulturelle Reise durch die Märchenwelt, in jedem Band steht ein anderer Kulturkreis mit seinen Märchen und Sagen im Mittelpunkt. Für den ersten Band spielten deutsche Märchen, vor allem die der Brüder Grimm, eine große Rolle. Im zweiten Teil bildeten französische Märchen die Grundlage der Abenteuer, welche die Hauptfiguren erleben.

Die Protagonisten sind es auch schließlich, welche die Bände miteinander verweben: Obwohl zwischen der Handlung der einzelnen Bücher durchaus einige Jahre vergehen, tauchen die wichtigen Personen wieder auf und holen die Leser zu neuen Reisen in fremde Länder ab. Im Zentrum stehen dabei die Brüder Jacob und Will Reckless, gemeinsam mit Fuchs, dem Mädchen das sowohl Tier als auch Mensch sein kann.

Auf nach Russland!

Im dritten Band der Reihe stehen russische Märchen im Vordergrund, die den Leser in den Osten der Spiegelwelt und damit nach Varangia führen. Dort lernen wir sowohl die Hauptstadt Moskva mit ihren Prachtbauten, Adligen und verschwenderischem Reichtum kennen als auch das Umland mit seinen düsteren Wäldern und gar nicht immer so freundlichen magischen Kreaturen.

Zeit, um sich die Vielfalt der Umgebung anzuschauen, hat aber keiner der Protagonisten. Direkt zu Beginn werden sie von Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt: Jacob wird von einem mächtigen magischen Wesen, dem Erlelfen Spieler, an eine Abmachung erinnert, die beinhaltet, dass Jacob sein erstes Kind Spieler gibt. Will wird ebenfalls mit Spielers Machenschaften konfrontiert: So versetzen Spielers Spiegelwesen Wills Frau in einen Zauberschlaf, schieben die Schuld aber auf die Dunkle Fee. Will macht sich auf die Suche nach der Dunklen Fee, Jacob sucht nach Will – und Fuchs zeitweise nach beiden Brüdern: Sie finden sich auch alle wieder, aber teilweise erst zu spät, sodass weitere Handel mit düsteren Wesen wie der Baba Jaga geschlossen werden müssen, um die Reise überhaupt fortzusetzen.

Und dann wäre da auch noch das titelgebende goldene Garn, das für die tiefe Verbundenheit und Liebe zwischen zwei Personen steht. Was zunächst nach etwas Gutem und Schönem klingen mag, sorgt hier regelmäßig für Unglück, Zwietracht und tiefe Verletzungen. Dies betrifft direkt zwei Paare: zum einen Jacob und Fuchs, zum anderen die Dunkle Fee und Kami'en, der König der steinhäutigen Goyl.

Irrungen und Wirrungen

Die Handlung funktioniert, die Charaktere sind in sich konsistent und stimmig, die Märchengestalten und ihre Eigenheiten wecken Erinnerungen, die Welt ist weitläufig und detailreich. Eigentlich sind alle Zutaten da, um für ein spannendes Leseerlebnis zu sorgen. Beim Lesen selbst sind es aber gerade diese ganzen Einzelheiten, die das Erleben einschränken: Es gibt so viele Figuren mit eigenen Handlungssträngen, dass es schwierig wird, den einzelnen Geschichten zu folgen und dabei auch noch den Blick auf das große Ganze nicht zu verlieren – dieses wirkt zeitweise leider eher wie ein großes Wollknäuel, aus dem einzelnen Fäden herausgezogen werden als wie eine runde Geschichte.

Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass dieser Eindruck vermieden wird, wenn man auch die ersten beiden Bände gelesen hat und dadurch  beide Welten, die Menschenwelt und die Märchenwelt, bereits kennt. Aber auch die neuen Elemente, die nicht Bezug auf die beiden vorherigen Bände nehmen, scheinen zum Teil Ziele zu verfolgen, die sich dem Leser leider verschließen: Es mag sein, dass alles im fünften Band aufgelöst wird, aber dieses Versprechen wirkt stellenweise nicht vollkommen überzeugend.

Das goldene Garn (Reckless, Band 3)
Cornelia Funke
(Dressler, 2015)
464 Seiten, Hardcover
ISBN-13: 978-3-7915-0496-4
Webseite: Das goldene Garn

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