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Zombies von nebenan

Janika Rehak über Zombies, Musik und Rollenspiel

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Kategorie: Interview Literatur Pen & Paper

Die Zombie Zone Germany holt den Zombiehorror nach Deutschland. Die Buchreihe zeichnet sich dabei durch einen überraschend kreativen Umgang aus. Statt um College Jocks und Kettensägen, geht es um Menschen von nebenan und die können eben auch mal Starpianist*innen sein. Janika Rehak nimmt genau einen solchen als Ausgangspunkt für ihren Zombieroman „Elegie, den sie im Interview vorstellt. Außerdem berichtet sie vom brandneuen Zombie-Zone-Germany-Rollenspielprojekt, das den schlurfenden Horror auch in die deutschsprachige Nachbarschaft holt!

Andreas Giesbert (Zauberwelten-Online): Liebe Janika, du hast vor kurzem Elegie in der Reihe „Zombie Zone Germany“ (ZZG) bei Amrûn veröffentlicht und arbeitest auch an einem Rollenspielprojekt zur Reihe mit. Bevor wir uns mehr über Elegie und das Rollenspiel unterhalten, stell dich uns doch einmal vor. Wer bist du? Wie kamst du zur Phantastik und was fasziniert dich an den Schlurfern mit Z? 

Janika Rehak: Hi Andreas! Ich beantworte die Frage nach meiner Person einfach mal so, wie es in den meisten Kurzbios steht: Ich bin Autorin, Journalistin, begeisterte Mama und Japan-Fan. Ich liebe Kafka, Haruki Murakami und Märchen aus aller Welt.

Ich schätze, letzteres ist auch der Grundstein fürs phantastische Erzählen. Ich habe schon früh die Grimm´schen Klassiker verschlungen, Andersens melancholische Kunstmärchen und der slavische Teil der Familie hat mich auch mit Rübezahl und Baba Jaga versorgt. Außerdem stamme ich aus der Region zwischen Lüneburger Heide und Teufelsmoor. Für etwas Gruselstimmung musste ich einfach nur vor die Haustür gehen. 

Tja, warum faszinieren mich ausgerechnet Zombies? Für mich besteht Horror zu einem guten Teil darin, dass etwas menschlich aussieht, sich aber nicht (mehr) menschlich verhält. Etwas Vertrautes entwickelt ein grausiges Eigenleben und es ist ausschließlich auf Zerstörung ausgerichtet. Selbst ein Raubtier greift einen Menschen ja nur unter bestimmten Bedingungen an. Ein Zombie, so wie wir ihn uns in der ZZG vorstellen, ist aber immer auf Fressen gepolt. Und das verleiht dem Zombie-Genre eine besondere Dynamik. Auch wenn sich die Überlebenden einigermaßen mit der Situation arrangiert haben, ist die Gefahr nie wirklich vorbei. Ein einziger falscher Schritt kann mit etwas Pech der letzte sein.

Andreas (ZWO): Elegie ist kein Zombiebuch wie viele andere. Stell das Buch doch kurz vor und in welchen Aspekt du besonders viel Herzblut gesteckt hast.

Janika: Knapp zusammengefasst: Star-Pianist Yosh Maibach lebt zurückgezogen in seinem Haus in der Lüneburger Heide. Am liebsten sitzt er an seinem Steinway-Flügel, mit dem Sozialleben hat er so seine Schwierigkeiten. Daran ist auch seine Ehe gescheitert, er und seine Noch-Frau Fenja leben getrennt. Yosh hofft, auf einer Release-Party für sein neues Album alles wieder in Ordnung bringen zu können. Die Party findet aber nie statt, stattdessen bricht im nahen Hamburg die Zombie-Apokalypse aus. Yosh zieht sich verstört in sein Haus zurück und harrt dort aus, bis sich eines Tages eine Gruppe Überlebender bei ihm einquartiert. Hier treffen sehr unterschiedliche Charaktere auf engem Raum aufeinander und das bringt natürlich einiges an Konfliktstoff. 

Der Roman ist definitiv eher figuren- als plot-zentriert, dementsprechend liegt der Schwerpunkt auf den Charakteren und auf der Frage: Wie geht es jetzt weiter? Vor allem Yosh steht vor einer immensen Herausforderung. Musik lockt die Untoten an, ist  also tabu. Im Grunde war das mein Ansatz für die Geschichte: Yosh lebt für seine Musik. Was bleibt übrig, wenn das Schicksal ihm genau das wegnimmt?

Das meiste Herzblut steckt also definitiv in den Figuren, ihren Geschichten, ihren Beziehungen und dem jeweiligen Umgang mit einer absoluten Extremsituation.

Andreas (ZWO): Ein zentraler Aspekt im Buch ist (klassische) Musik. Das Buch teilt sich in Sätze ein und fängt mit einer Playlist von Bach bis Schumann an. Was verbindet dich mit Klassik und wie setzt du Musik im Roman ein?

Janika: Ich habe Klassik, ähnlich wie Märchen, schon sehr früh für mich entdeckt. Meine Oma hat in Russland eine Ausbildung zur Pianistin gemacht, hat nach ihrer Heirat aber nur noch privat gespielt. Sie selbst habe ich leider nie kennen gelernt, aber ihr Klavier gibt es noch, darauf habe auch schon mal spielen dürfen. Ich liebe Klaviermusik und bewundere Pianist*innen sehr, das Talent meiner Oma habe ich aber leider nicht geerbt. 

Die Welt meiner Hauptfigur Yosh besteht praktisch aus Musik, es ist für ihn Inspiration, Freude und Rückzugsmöglichkeit. Wenn ihm das echte Leben zu stressig wird, schaltet er mental einfach ab und „spielt“ in Gedanken eine Partitur – eine Angewohnheit, die in einer Zombieapokalypse übrigens sehr unpraktisch ist.

Bei der Auswahl der Musik habe ich überlegt, was zu der Figur passen konnte. Manchmal habe ich einfach das genommen, was ich selbst gerne mag. Schumann dagegen habe ich bewusst als Yoshs Lieblingskomponisten ausgewählt, als einen, der ihm besonders liegt. Yosh ist ein komplizierter, kopflastiger Mensch und Robert Schumann sagt man einige dieser Eigenschaften ja auch nach. Die Leichtigkeit eines Mozarts hätte nicht zu Yosh gepasst, einem Schumann würde er sich deutlich verbundener fühlen.   

Zusammenfassend kann man sagen: Yosh lebt für die Musik, kann und will nicht loslassen. Das ist natürlich erst mal ein unglaubliches Luxusproblem, wenn das Land gerade von Zombies überrannt wird. Aber Menschen haben ja auch ein Bedürfnis nach etwas Schönem. Vielleicht lassen sich zumindest ein paar Klänge in die „neue Weltordnung“ hinüber retten. 

Andreas (ZWO): Außerdem steht ein japanisches Märchen im Mittelpunkt und haben viele Charaktere haben einen japanischen Hintergrund. Wie kam es dazu und ist das Märchen traditionell oder deine Schöpfung? 

Janika: Yosh und seine Stiefschwester Kiyomi waren die ersten Figuren für Elegie und diese zwei hatte ich von Anfang an mit einem japanischen Background vor Augen. Warum, weiß ich nicht genau. Ich habe das aber so hingenommen. Wenn ich diesen Prozess aktiv steuern will und dabei zu invasiv bin, stockt der Ideenfluss. Ich lasse die Figuren sein, wer sie sein möchten und entweder die Idee trägt eine Geschichte – oder eben nicht. 

Inhaltlich fand ich die Überlegung spannend, dass Yosh und Kiyomi durch eine gemeinsame Sprache verbunden sind. Das Japanische wurde damit zu einem Raum, zu dem die meisten anderen Figuren keinen Zugang hatten – mit allen Vor- und Nachteilen.

Das Märchen habe ich selbst geschrieben. Orientiert habe ich mich an „Kwaidan“ von Lafcadio Hearn, das ist eine Sammlung japanischer Geistergeschichten. Hätte ich irgendwo ein Märchen gefunden, das perfekt gepasst hätte, dann hätte ich das auch verwendet. Aber so konnte ich alles so gestalten, wie es für die Geschichte stimmig war.

Andreas (ZWO): Oh, Hearn steht auch schon länger auf meiner Leseliste! Kommen wir aber zum Rollenspielprojekt. Ihr arbeitet an einem originären Rollenspiel für die Zombie Zone. Kannst du dazu ein paar Worte sagen? Wie kam es dazu und wie ist der Stand? 

Janika:  Das war eine Idee unserer ZZG-Teamkollegin Carolin Gmyrek. Wenn ich kurz Werbung machen darf: Von ihr ist in der ZZG die Novelle Zirkus erschienen, wer Action und crazy Charaktere mag, sollte das dringend lesen. Mit im Team sind außerdem Oliver Bayer und Christian Günther und zusammengefasst kann man sagen: Nach über einem Jahr Corona waren wir vier Autor*innen auf Entzug. Wir haben Messen vermisst, Conventions, Lesungen, einfach den Austausch mit Menschen.

Das Rollenspiel war ursprünglich als kurzes, einwöchiges Event auf Discord geplant, als eine Art Ersatz für die Leipziger Buchmesse. Es ging in die Planung und wir haben schnell festgestellt: Das ist recht viel Aufwand. Und wenn wir ohnehin so viel Hirnschmalz, Herzblut und Zeit in das Projekt stecken, dann können wir es auch gleich richtig machen. Jetzt arbeiten wir also an einem kompletten Pen-and-Paper-Rollenspiel.

Zum Stand der Dinge: Wir haben mittlerweile ein gut spielbares Regelwerk, hier und da wird noch etwas nachjustiert, aber in unseren Testspielen haben die Regeln sich bewährt. Jetzt geht es an die Story. Für 2022 steht also auf dem Plan: Inhalt, Events, die Entwicklung einer Kampagne.  

Andreas (ZWO): Was ist denn ein Aspekt, der dir am Spiel besonders gefällt? Was macht ihr anders als viele andere Rollenspiele? 

Janika: Wir versuchen, die Dinge realistisch darzustellen. Okay, Moment: Zombies und Realität sind zwei Dinge, die hoffentlich nie in derselben Zeitlinie vorkommen werden. Ich sage es mal anders: Wir setzen auf „Menschen von nebenan“ und gleichzeitig schonen wir die Charaktere nicht. In der ZZG kann eine Figur sehr schnell sterben, wenn die Spieler*innen falsche Entscheidungen treffen. Wir wollen eine große Bandbreite möglich machen und dabei auch inklusiv sein. Unsere Charaktere sind Menschen mit ganz alltäglichen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Egal ob die Charaktere im Vorleben Gamer*in, Lehrer*in oder Ex-Soldat*in waren, wir setzen darauf, dass eine Gruppe zusammenhält und jede*r etwas beiträgt.    

Außerdem finden wir Emotionen wichtig. Das drückt sich auch regeltechnisch aus, nämlich durch ein Moralsystem. Bei Erfolgen oder gemeinsamen Aktionen steigt die Gruppenmoral, bei negativen Ereignissen, Streit oder Verlusten sinkt sie. Das bringt dann Vorteile beim Würfeln, oder eben Nachteile. Das gefällt mir persönlich besonders gut: Der Stimmung und der Psyche wird Rechnung getragen, Verluste werden angemessen gehandhabt und nicht einfach abgehakt. Aber auch die kleinen, schönen Momente wie zum Beispiel erfolgreiches Kaffeekochen am Lagerfeuer werden hervorgehoben.

Andreas (ZWO): Besonders spannend finde ich, dass ihr für Elegie auch ein Testabenteuer entworfen habt. Nun zeichnet sich das Buch ja durch starke Charaktere aus. Arbeitet ihr mit den Romanfiguren oder habt ihr eine Szene herausgegriffen?

Janika: Beides. Für das aktuelle Testabenteuer haben wir erst mal nur das Setting verwendet. Natürlich haben wir dort einige Easter Eggs versteckt, wer den Roman gelesen hat, wird sicherlich einiges wieder erkennen. Außerdem haben wir noch eine ausführlichere Version in Planung, dabei werden wir auch Charaktere aus dem Roman aufgreifen, teilweise auch als NPC´s auftreten lassen. Für beide Versionen ist uns aber der Spielspaß wichtig, der Roman ist keine Voraussetzung. Sollte jemand im Anschluss an das Abenteuer Lust bekommen, Elegie zu lesen, würde uns das natürlich freuen. 

Andreas (ZWO): Vielleicht kann man daran auch die Besonderheiten des Rollenspiels zeigen. Was waren denn besondere Herausforderungen bei der Umsetzung? Lässt sich eine literarische Vorlage als Abenteuer umsetzen? 

Janika: Die größte Herausforderung für mich persönlich war, Informationen und Spielspaß auszubalancieren und zu viele Spoiler zu vermeiden. Ansonsten denke ich: Es hat immer Vor- und Nachteile, wenn man mit einer Vorlage arbeitet. Man ist natürlich weniger flexibel. Beim Haus, dem Grundstück und auch der Umgebung mussten wir uns nach dem richten, was der Roman vorgegeben hat. Das Entwickeln der Details ging dafür recht schnell, weil wir nicht alles neu erfinden mussten. Es war zum Beispiel schnell klar, was die Spieler*innen in den jeweiligen Zimmern finden können: Nützliches wie Batterien, aber auch Erinnerungsstücke, die lediglich für die Romanfiguren – also NPC`s – einen nostalgischen Wert haben.

An diesem Beispiel kann man unser Moralsystem gut erklären: Wie im Roman wird auch im Abenteuer die zentrale Frage sein: Könnte das Haus ein neues Zuhause werden, lässt sich dort etwas aufbauen? Oder soll die Gruppe lieber weiter ziehen? Jetzt gibt es verschiedene Optionen: Die Gruppe ist total harmonisch und entscheidet sich ohne Probleme für eine der zwei Varianten. Oder: Sie diskutieren. Vielleicht zerstreiten sie sich auch komplett. Uneinigkeit und Stress hat bei unserem System definitiv Nachteile, gerade, wenn Zombies auftauchen. Was in der ZZG natürlich nicht so abwegig ist ...

Andreas (ZWO): Zuletzt würden mich deine Pläne für 2022 interessieren. Was hast du in Vorbereitung und was dürfen wir von der Zone erwarten? Vielleicht sogar schon etwas zum Rollenspiel?

Janika: Zwischen den Jahren haben wir uns eine kreative Auszeit beim Rollenspiel gegönnt; jetzt starten wir wieder durch und ich freue mich sehr darauf. Wir werden 2022 mit der ZZG auf einigen Cons vertreten sein, das Konzept vorstellen und vielleicht sogar unsere ersten Live-Testrunden anbieten – vorausgesetzt, dass dies unter Pandemie-Bedingungen möglich ist. Außerdem planen wir eine Crowdfunding-Kampagne, um die Sache zu finanzieren.

 

Darüber hinaus werde ich 2022 Mitherausgeberin einer Steampunk-Anthologie sein, gemeinsam mit Yvonne Tunnat.[Herausgeber*innen aktualisiert am 27.04.22]

Mein eigenes literarisches Hauptvorhaben für dieses Jahr ist eine lose zusammenhängende Trilogie. So viel kann ich schon mal verraten: Es kommen surreale Elemente vor und ich entlehne erneut Themen aus der (japanischen) Märchenwelt. Zombies gibt es allerdings nicht. Bis jetzt jedenfalls.    


Andreas (ZWO): Das klingt nach einem produktiven 2022. Dafür viel Erfolg! Wir sind schon gespannt weiter von euren Projekten berichten zu können!

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