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Der Zeitbrüchige

(Jugend-)Zeitreiseroman mit Polit-Thriller-Avancen

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Kategorie: Literatur

Der 17-jährige Jamie kann sein Bewusstsein durch die Zeit in sein jüngeres Ich übertragen und so den Lauf seiner Geschichte verändern. Nach vielen Reisen zu seinem persönlichen Nutzen erkennt er, dass Zeitreisen weitaus mächtiger sind und er mehr verändern kann, als bloß seine Abiturnote.

Eigentlich hat Jamie alles für einen Traum gehalten, als er eines Nachts einschlief und im Körper seines jüngeren Ichs aufgewacht ist. Was sollte ihm auch sonst beim Schlafen widerfahren sein, als ein luzider Traum (in dem man sich bewusst ist, zu träumen) über eine längst vergangene Situation in der Schule? Die Träume werden mit der Zeit aber realer, seine dortigen Handlungen haben Auswirkungen auf sein Leben – und Jamie begreift, dass er durch die Zeit reisen und so seine Wirklichkeit zu seinen Gunsten verändern kann.  

Gesagt – getan! Zuerst wird sein Liebesleben in Angriff genommen, das vor dem Zeitsprung nämlich gar nicht existent war. Aber dank Jamies neuer Fähigkeit und seinem Wissen um die Zukunft konnte er die Dinge ganz leicht zu seinem Vorteil verändern. Die ein oder andere Note konnte er genauso verbessern, wie auch Missgeschicken nachträglich aus dem Weg zu gehen. Je öfter Jamie allerdings in der Zeit springt, desto größer sind die Konsequenzen, die diese Sprünge auf seine Gesundheit haben. Nicht nur, dass sich das Wissen aus den alternativen Realitäten kontinuierlich in Jamies Gedächtnis ansammelt, auch sein gesamter Körper wird stark in Mitleidenschaft gezogen. Und Jamie beschließt, einen Schlussstrich unter die ganze Zeitreisesache zu ziehen. Sein Leben ist gerade ohnehin ziemlich gut. Bis Jamie einige Fehler macht und nur noch eine Möglichkeit – also ein weiterer, gesundheitsschädlicher Zeitsprung – als Ausweg bleibt …  

Sprung zwischen Zeit und Genre 

Im Prinzip ist Der Zeitbrüchige ein Zeitreiseroman, aber eben auch ein Polit-Thriller und auch ein Jugendroman. Klar, der Hauptcharakter Jamie ist einfach im entsprechenden Alter, ein großer Teil des Romans handelt von seiner Schul- und Studienzeit, von der ersten Liebe, tiefer Freundschaft und Schicksalsschlägen, die auf den Heranwachsenden einprasseln. Es ist allerdings der Schreibstil, der einen diesen Umstand vergessen lässt. Denn obwohl das Buch in der Ich-Perspektive von Jamie verfasst ist, der uns rückblickend seine Geschichte erzählt, sind die Formulierungen und Bewertungen der erzählten Situationen schlichtweg die Sicht eines Erwachsenen. Mir persönlich ist dieser Umstand sehr positiv aufgefallen, weil es sich nicht nur von “üblichen Jugendbüchern” abhebt, sondern auch zur speziellen Romansituation von Anfang an gut passt. Letzteres bemerkt man aber erst am Ende des Buchs. 

Nach etwa 2/3 des Buches wandelt sich der Geschichtencharakter des Romans hin zu einem Polit-Thriller mit Zeitreiseaspekten, was thematisch passend eingeflochten ist. Mit einer ausgesprochenen Detailtiefe beschrieben, die ich so nicht erwartet hätte, schickt sich Jamie auf seine ganz persönliche Mission in das Jahr 2001, um den Tod und das Leid vieler Menschen zu verhindern. Anfangs war dieser Switch für mich sehr gewöhnungsbedürftig, da der sich nun aufbauende Teil der Story einen ganz anderen Charakter bekam. Und Polit-Thriller entsprechen nicht meinem üblichen Lesemuster. Passend für das Gesamtkonzept war es aber dann doch irgendwie, auch wenn der dritte Storypart anfangs abstrus bzw. zu detailreich daherkam – dem Showdown hat es letztlich nicht an Spannung gefehlt.  

Die Geschichte um Jamie ist die Art von Zeitreise, bei der man alle Erinnerungen seiner durch Zeitreisen veränderten Leben nachträglich erhält, wie z. B. im Film Butterfly-Effekt. Diese “Anpassungen” in seiner Vergangenheit waren, relativ gesehen, aber nur auf kleiner Ebene, da sie bloß Jamie und seine ihm nahestehenden Personen betrafen. Im Laufe des Romans wird dieser Zeitreise-Aspekt allerdings noch um eine umfangreiche Uchronie (Alternativweltgeschichte) erweitert, da Jamie den Versuch startet, in den Lauf der Weltgeschichte einzugreifen. Die zu verändernde Weltgeschichte ist in diesem expliziten Fall auch ein aktuelleres Ereignis, sodass man als Person ~Ü-25 noch einmal einen ganz anderen Bezug herstellen kann, schlicht, weil man das Ereignis selbst “miterlebt” und nicht bloß in Geschichtsbüchern davon gelesen hat.  

Fazit 

Der Selfpublisher Christian Reisböck hat einen spannenden Zeitreise-Roman geschaffen, der gleich mehrere Genres in sich stimmig vereinen kann. Zugegebenermaßen – diesen Mix aus Zeitreise-, Jugendroman und Polit-Thriller muss man mögen. In diesem Fall macht das aber auch den Reiz des Buches mit aus. 

Die Erzählperspektive ist gefällig gewählt: Jamie, der Hauptcharakter, ist zugleich handelnder Akteur aber auch gleichzeitig der allwissende Erzähler seiner eigenen Lebensgeschichte, was eine gewisse und passende Ambivalenz in die Zeitreisestory einbringt. Auch die vielen kleinen Feinheiten und Details innerhalb der Zeitreise-Episoden waren vorteilhaft eingeflochten, manches mal aber leider auch zu ausführlich. 

Interessant und auch spannend war das Buch auf jeden Fall, trotz meinem bekennenden Desinteresse an Polit-Thrillern. Hier hat mir vor allem der Uchronie-Aspekt geholfen, über meinen Lese-Schatten zu springen. An Zeitreise-Themen begeisterte Menschen sollten einen Blick auf bzw. in das Buch wagen.  

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