Anna wird von ihren Freundinnen überredet, bei einer Dating-Show mitzumachen. Und nur ihnen zu Liebe geht sie auch wirklich hin. Daher ist sie völlig perplex, als sie dort plötzlich ihre große Liebe findet. Aber ihre Freundinnen haben andere Pläne.
Bei Anna und Victor trifft die Liebe auf den ersten Blick mit einem rosaroten Pfeil mitten ins Herz. Sie sind so glücklich miteinander, dass sie bereits im ersten Jahr ihres Kennenlernens heiraten und die traute Zweisamkeit in vollen Zügen genießen. Als Victor jedoch nach Russland reisen muss, um sich um seine Geschäfte zu kümmern, gerät die Situation Zuhause außer Kontrolle. Denn die Freundinnen Annas, die es nicht geschafft haben, das Herz des reichen Mannes zu erobern, neiden der frischgebackenen Braut ihr Glück und drängen sich mit allen Mitteln dazwischen.
Auch wenn wir uns zunächst mit Anna und Victor völlig dem Liebesglück hingeben dürfen, nimmt das Märchen schon bald eine drastische Wendung, die eine Katastrophe nach der anderen nach sich zieht. Durch Neid und Missgunst gerät Anna aus dem goldenen Käfig in einen eher hässlich stählernen, aus dem sie nur mit Hilfe einer guten Fee gerettet werden kann. Die unterscheidet sich zwar nicht so wirklich von den Drogen-Halluzinationen, die Anna nach dem Verzehr eines leckeren Vanillepuddings direkt ins Krankenhaus brachten, scheint aber wenigstens nicht das Schlechteste für Anna im Sinn zu haben. Obwohl sie Anna aus relativ egoistischen Gründen erstmal gar nicht in die Arme ihres Geliebten zurückzuführen gedenkt, sondern ihre ganz eigenen Pläne im Sinn hat.
Eigentlich ist an diesem Märchen kaum was auszusetzen. Die Sprache ist toll, die Liebe steht im Vordergrund und das einfache Mädchen kriegt ihren reichen Prinzen, den sie von ganzem Herzen liebt. Trotzdem habe ich zwischendurch immer wieder gedacht: „Hä?“ Denn zumindest für mein Empfinden waren da doch einige Logikfehler, die mich immer wieder stutzig gemacht haben. Ein magischer Palast, in dem keine technischen Geräte funktionieren, aber der Fernseher läuft (mal abgesehen davon, dass ich – wenn ich einen magischen Palast hätte – bestimmt nicht vor der Glotze sitzen würde). Wieso gibt es diesen magischen Palast eigentlich, wenn das traute Glück doch in einer personalbetreuten Eigenimmobilie zuhause ist? Und wieso kämpfen die beiden Hochverliebten nicht mit allen erdenklichen Ultramitteln darum, schleunigst wieder einander in die Arme fallen zu können? Warum ist die gute Fee mehr auf ihre eigene Erlösung erpicht als auf das Glück ihrer Schutzbefohlenen? Und was ist die Moral von der Geschichte? Kann man jedoch über solche Fragen hinwegsehen und möchte sich nur von einem modern-gerückten Märchen verzaubern lassen, so bietet Zarin Saltan da sicher den richtigen Rahmen für.
Auch der 8. Band der Märchenspinnerei rückt ein altes Märchen in modernen Kontext und besticht durch zauberhaftes Rahmenprogramm. Jedoch hätte ich mir an der ein oder anderen Stelle eine detailliertere Umschreibung gewünscht, die den Leser noch etwas mehr hätte nachempfinden lassen, in welche Richtung die Geschichte uns führt. Der Schreibstil und die Atmosphäre des Märchens machen die Geschichte aber zu einem kurzweiligen Lesevergnügen, das vor allen Dingen viele Einblicke in die russische Kultur bietet. Außerdem hat mich das Cover des Buches sehr angesprochen, da es nicht nur zum Thema Märchen passt, sondern auch zu der enthaltenen Liebesgeschichte um eine Studentin, die ihren Märchenprinzen findet.