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Von Päckchen und Prozessen

Das 5. Türchen des Kurzgeschichten-Adventskalenders

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Kategorie: Kurzgeschichten Literatur

Das fünfte Türchen unseres Kurzgeschichten-Adventskalenders wurde von Ann mit einer Geschichte direkt aus dem laufenden Alltag der Geschenke-Einpack-Abteilung befüllt.

„Also, noch einmal, nur dass ich das richtig verstanden habe … 42 Prozent?“, fragte der leitende Wichtel der Geschenke-Einpack-Abteilung nach. Er setze dabei erschöpft die kleine Messingbrille ab und rieb sich die Stirn oberhalb des Knollennasenansatzes.
   „Ja, so ist“, bestätigte der Projektwichtel aus der Planungs- und Organisationsabteilung. Er hatte sein neues, digitales Klemmbrett und den modernen Glaskugel-Rechenschieber auf den Schoß gelegt und blickte den Leiterwichtel ruhig an. „Seit Beginn der heißen Phase am 1. Dezember hängt die Geschenke-Einpack-Abteilung dem Vorjahresergebnis zum vergleichbaren Zeitpunkt um 42 Prozent hinterher.“
   „Aber das ist nicht unsere Schuld“, meinte der Leiterwichtel und setzte sich etwas unwirsch die Brille wieder auf die Knolle. „Weiß man bei euch eigentlich, mit welchen Problemen wir hier zu kämpfen haben? Wieso, bei allen Engeln, mussten wir die Infrastruktur so kurzfristig umstellen?“
   „Bitte um Verzeihung“, gab der Projektwichtel entspannt zurück. „Aber so kurzfristig war das nun auch nicht. Bereits seit einem Jahrzehnt war der Wechsel angekündigt und wir haben in den saisonalen Weihnachtsrundschreiben immer wieder über den aktuellen Stand informiert.“
   „Das habe ich nicht …“, der Leiterwichtel schluckte den Rest des Satzes runter. Es kam bestimmt nicht gut an, wenn er dem Projektwichtel unter die Nase rieb, dass er, sobald diese Pergamente auf seinem Schreibtisch landeten, sie ungelesen in die Ablage P weiterbeförderte. „ … gemeint“, schloss er daher einsilbig.
   „Vielleicht könnten wir etwas Support erhalten“, warf nun der Assistent des Leiterwichtels uninteressiert ein. Er stand etwas hinter seinem Chef und hatte sich bisher zurückgehalten. Der Assistenzwichtel hatte jedes Pergament gelesen und er hatte seinen Chef immer wieder auf die Umstellung hingewiesen, worauf dieser immer wieder mit den Worten „Das wird noch dauern“ abgewunken hatte.
   „Hm, ich weiß nicht“, überlegte der Projektwichtel und wischte einmal über sein digitales Klemmbrett. „Was gibt es denn für Schwierigkeiten?“
   „Seit der Umstellung verheddern sich die Bandmaschinen ständig“, erklärte der Leiterwichtel ungeduldig. „Egal ob Schleifen, Schnüre oder Ringelbänder. Entweder laufen die Spulen zu schnell oder zu langsam. Oder gar nicht. Immer wieder hängt sich irgendwo was auf.“
   „Wir haben Probleme am laufenden Band“, meinte der Assistenzwichtel gleichgültig.
   „Bitte, ich kann jetzt nicht auf solche Sprüche.“ Der Leiterwichtel blickte den Assistenzwichtel einmal streng von der Seite an, was dieser zu übersehen schien. Dann wandte sich der Leiterwichtel erneut dem Projektwichtel zu, der dabei war, sich Notizen zu machen.
   „Wo war ich?“ – der Leiterwichtel kratzte sich unter seinem grünen Spitzhut – „Ach ja, die Schleifen und Schnüre. Diese müssen von Hand um die Geschenke gebunden werden. Aber, aufgrund des unregelmäßigen und unvorhersehbaren Abrolltempos, verknoten sich die Wichtel selbst die Hände und müssen dann entwirrt werden.“
   „Wie am Schnürchen“, kam es von der Seite. Der Leiterwichtel atmete einmal tief durch. Dann fuhr er fahrig fort.
   „Das ist aber noch nicht alles. Das Geschenkpapier macht ähnliche Probleme. Die Papierbahnen laufen manchmal nicht gerade und dann wird das Papier auch nicht mehr richtig um die Geschenke gewichtelt … äh … gewickelt. Da fällt mir ein, … erst letzte Woche hatten wir hier einen heiklen Unfall. Wir wissen immer noch nicht genau, wie es passieren konnte, aber einer der Wichtel war plötzlich komplett in das Puppenpackpapier eingewickelt und sogar an der Rolle angeflanscht!“
   „Er war schief gewickelt.“
   „Mit wie vielen P schreibt man Puppenbackpapier?“, hakte der Projektwichtel nach.
   Verwirrt sah ihn der Leiterwichtel an.
   „Wieso Backpapier? Nein, wir verarbeiten hier keine mindere Qualität! Aber die Maschinen laufen nicht rund.“
   Man hörte ein unterdrücktes Grunzen von der Seite. Der Leiterwichtel verdrehte die Augen.
   „So wie ich das sehe“, meinte der Projektwichtel, nachdem er einige Glaskugeln auf dem Schieber hin- und hergeschoben hatte, „haben wir frühestens in drei Tagen ein Troll-Team frei, dass sich die Sache mal anschauen kann. Vorher kann ich keine …“
   In diesem Moment wurde die Tür des Packhallenbüros aufgerissen.
   „Chef, Chef“, japste ein Wichtel atemlos. „Wir haben ein Problem mit dem Bärchenpapier.“
   Im selben Augenblick sahen der Leiterwichtel, der Projektwichtel und der Assistenzwichtel, wie an den hohen Fenstern des Büros eine riesige Rolle Geschenkpapier vorbeirollte und mindestens ein halbes Dutzend Wichtel schreiend hinterherrannte.
   Augenblicklich sprang der Leiterwichtel auf und lief hinaus.
   „Der ist ja völlig von der Rolle“, meinte der Projektwichtel tonlos.
   „Naja, läuft bei uns“, gab der Assistenzwichtel gelangweilt zurück.

 

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