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Venusia

Menschliche Kolonie auf der Venus

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Kategorie: Literatur

Venusia ist die neue Heimat der Menschen des 23. Jahrhunderts, die sich in einiger Hinsicht von den heutigen unterscheiden: Um auf dem fremden Planeten leben zu können, sind die Menschen eine Symbiose mit Pflanzen eingegangen und ernähren sich ausschließlich von psychoaktiven Blumen. Als aber Roger Collectibles, ein Antiquar, auf ein altes Erdenbuch stößt, setzt er sich auf Pflanzenentzug und löst damit eine Revolution aus.

Im Hier und Jetzt zu leben, hat oberste Priorität für die Bewohner Venusias. Warum? Weil der diktatoriale Verwaltungsapparat den Menschen vorgibt, was Relevanz besitzt und was nicht. So steuert er durch Kontrolle der Gedanken, Holo-Entertainment und Psychopharmaka einen gedankenlosen Bienenschwarm, der einst aus echten Menschen bestand. Auch Roger Collectibles ist folgsamer Teil dieses Gefüges und geht gewissenhaft seiner Arbeit nach, während er eine Martha vermisst, an die er kaum Erinnerung hat, da ein Gedächtnis staatlich nicht gewünscht ist.

Doch Roger gelingt es unabsichtlich, seinen Kopf aus der Maschinerie der totalen Beherrschung zu befreien, als er ein altes Erdenbuch findet, das die Geschichte Venusias beinhaltet. Zwar ist sowohl das Lesen selbst als auch der Besitz von Büchern illegal und sofort der Regierung zu melden; durch Faszination getrieben liest Roger das Buch dennoch. Von der Anziehungskraft des gedruckten Wortes gefesselt, verpasst er schließlich eine tägliche Blumendosis. So gerät Roger in einen Konflikt mit seiner Lebenswelt, weil er sich nun, da er die Pflanzendrogen abgesetzt hat, von halluzinierten Echsen aus einer anderen Realität bedroht sieht.

Dieser Umstand ist es, der ihn zur Neuroskopie-Rätin Sylvia Yang führt. Auch sie wird Teil von Rogers ungeplantem Aufstand gegen das Mensch-Pflanzen-System, als sie dem Protokoll widerspricht und Collectibles Gedächtnis nicht zurücksetzt. Von der ungewöhnlichen Entwicklung gleichermaßen überrascht wie fasziniert, lässt die der Neuroskopie-Rätin zugeteilte Pflanze das Aufflammen gegen die Regierung gewähren und die Revolution der Menschheit beginnt.  

Komplexes Thema auf futuristischem Schauplatz

Der Autor hat ein unglaublich vielschichtiges Weltenkonstrukt geschaffen, das seinen Fokus auf den Menschen und seine mögliche Entwicklung legt. Hier steht nicht primär die Technik, sondern das Zusammenleben verschiedener Arten zu gegenseitigem Nutzen als Basis der Gesellschaft im Angelpunkt der Erzählung. Auch wenn eine Symbiose durchaus positiven Charakter besitzt, hat diese Variante des Überlebens der Menschheit viele versteckte Nachteile: Venusia ist ein Buch, das bewusst mit dem Aufzeigen dystopischer Szenarien spielt und damit nicht nur unterhalten, sondern auch zum Hinterfragen einladen möchte.

Zwar wird immer vom Mensch gesprochen, doch der Mensch im Buch ist nicht mehr der, den wir kennen, obwohl er dennoch ganz menschlich erscheint. Die Charaktere verlieren sich in den vielen Ebenen ihrer Welt. Es gibt mehr als nur ein Richtig oder Falsch, da Realität etwas Relatives, ja sogar menschengemachtes (bzw. pflanzengemachtes) darstellt und sie sich dessen nie bewusst waren. Die Staatsmacht und die dahinterliegende Philosophie sind, obschon sie weniger in der Geschichte konkret artikuliert werden, die tragenden Aspekte des Buches, hinter denen die eigentliche Handlung zurücktritt.

Verwirrung und Chaos im Kopf

Gerade aber die Vielfalt von Inhaltsebenen in Kombination mit einem Plot, der unauflösbar verwoben und verschoben zu sein scheint, verwirrt beim Lesen ungemein. Sprünge in Raum/Zeit/Realität/Parallelwelt/Erzählperspektive lassen den Leser mitunter genau in einem dieser Sprünge zurück. Sicherlich bleiben so einige Aspekte der Geschichte auf der Strecke und die Handlung wird dadurch abgeschwächt, da ihr zum Teil nur schwerlich gefolgt werden kann.

Zugegebenermaßen begrüße ich Buchwelten, in denen die für den Leser ungewöhnlichen Umstände natürlich in die Story einfließen und diese nicht mit ausufernden Erklärungen belasten. Doch hier trägt die Masse an Eigenarten nur dazu bei, dass man sich als Leser wieder ein Stückchen mehr vom Inhalt ausgeschlossen fühlt, da man befürchtet, irgendetwas Wichtiges nicht komplett verstanden zu haben. Erst mit dem Ende des Buches war für mich ein stabiles Grundverständnis gegeben, mit dem ich das Buch inhaltlich in einem zweiten Anlauf besser nachvollziehen könnte. 

Lesebilanz

Mark von Schlegells Buch ist stilistisch nah an den Anfängen der SciFi-Literatur. Er führt seine Buchwelt in hohem Maße beschreibend und detailliert aus, dabei bleibt er aber sehr kühl und distanziert, sodass selbst bei Schilderungen von menschlichen Beziehungen eine starke Objektivität vorherrscht. Thematisch ist der Roman keine klassische „Kopf-Aus“-Lektüre für den Feierabend. Man muss sich nicht nur aufgrund der Komplexität der Handlung auf das Buch einlassen, sondern auch, um den Mehrwert hinter der Geschichte zu sehen.

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