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So nicht, Schurke!

P&P für Kinder ab 5 Jahren

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Kategorie: Pen & Paper

Du bist ein kaugummiliebender Spion, der eine Dinokanone hat. Bewaffnet mit drei bunten W6 und einem quietschbunten Heldenblatt verlassen die Helden das Kinderzimmer, um unter dem Bett gruseligen Kreaturen zu begegnen oder aus dem Fenster in futuristische Welten zu fliegen. So nicht, Schurke! bietet eine Box voller Ideen, um bereits mit Vorschulkindern Rollenspielluft zu schnuppern. Und diese duftet nach Kaugummi!

Erster Eindruck und Inhalt

Das Spiel kommt in einer schwer beladenen Box. Öffnet man sie, begrüßt ein „Lies mich zuerst!“-Zettel mit kurzen Hinweisen für Eltern und Kinder, wo man anfangen soll, denn die Box ist vollgepackt.

Es gibt ein Regelbuch, ein Abenteuerbuch mit drei Abenteuern, zwei Pappkartons mit Tokens, einen Stapel vollfarbige, glänzende Charakterbögen sowie Charakterkarten, Trickkarten und Gefährten-Karten. Dazu gibt es noch fünf schöne dicke bunte Würfel. Die Würfel fühlen sich in der Hand gut an. Was mich wundert ist, dass es keine richtige Karte der skizzierten Welt gibt, die findet man lediglich auf der Rückseite des Regelbuchs. Trotzdem ist die Ausstattung für den Preis mehr als großzügig.

Das Beste zeigt sich auf dem ersten Blick

Der große Pluspunkt dieses Spiels ist die Originalität. Helden, Kreaturen, Artefakte und Länder brechen Konventionen. Dabei sind die farbigen Illustrationen fantasievoll und witzig. Der Humor liegt nicht nur auf der Seite der Illustrationen, sondern auch auf der Seite des Inhalts. So verstecken sich hinter vielen Kreaturen Wortspiele wie z. B. die „Tyrannosaurus Axt“. Hier zeigt sich, dass die gelungene Übersetzung aus dem Englischen gut funktioniert (Tyrannosaurus Axe), aber nicht immer erzwungen wird. Natürlich gibt es auch freche Ideen wie die Drachenrotzfälle, mit dem passenden Bild eines Steinfelsens in Drachenform, aus dessen Nasenlöchern die Wasserfälle runterpurzeln. Auch bekannte Motive wie Piratenschiffe fehlen nicht, haben aber stets einen originalen Twist, wie in diesem Beispiel die Schwanenflügel und ein freundliches Gesicht als Segel. Märchenfiguren kommen auch nicht zu kurz, so z. B. der große böse Wolf, der als Begleiter der Spielfigur mitgenommen werden kann. Aber das sind alles nur kurze Beispiel-Elemente, denn das Spielsystem ist voller origineller Ideen. Eine Magierin wird dargestellt als ein Mädchen mit einem Pinsel und an ihrem Gürtel hängen bunte Farbtuben statt der üblichen Tränke.

Die Spielbox hat keine verschluckbaren Teile und lässt sich durch das quadratische Format einfach von Kindern verschließen. Die vollfarbigen Bilder laden zwischendurch zum Blättern ein. Legt man Malsachen daneben, ist eine weitere Beschäftigung gesichert. Vor einer Spielpartie können Kinder ihre Charaktere oder die letzten Abenteuer malen.

Spielregeln

Die Spielregeln sind leicht verständlich und eignen sich gut dazu, das Rollenspiel mit Kindern ab 5 und (in leicht geänderter Form) ab 8 zu spielen. Regelvarianten helfen besonders bei Kindern in der Zahnlückenpubertät. Denn nach einem verpatzten Wurf kann man Punkte einsetzen, um trotzdem erfolgreich zu sein (im Handbuch auf S. 16). Diese Regelerweiterungen helfen, Frust abzuwenden.

Ansonsten sind die Regeln rollenspieltypisch. Aktive Spieler*innen würfeln, um etwas zu erreichen, können aber Eigenschaftspunkte einsetzen. Dies wird kindgerecht als „sich anstrengen“ bezeichnet.

Charaktererstellung. Ein weiteres Highlight

Besonders gefallen hat unserer Familie die Charaktererstellung, die auf einem narrativen Bausteinsystem beruht. Dadurch ist es einfacher, sich den Charakter vorzustellen, was auch erfahrene Rollenspieler*innen einlädt, es bei ihrer D&D- oder DSA-Kampagne auszuprobieren. Mittels eines Nomens, Adjektivs und Verbs entsteht die Heldin oder der Held (Handbuch ab S. 33). Die erste Frage lautet „Wer bist du?“ Eine Liste schlägt zahlreiche Charaktere vor, von Astronaut*innen bis zu Zauberer*innen mit einigen Fähigkeiten wie klug, stark, talentiert. Dieses Nomen, das man in klassischen Rollenspielen als „Charakterklasse“ kennt, wird durch Eigenschaften ergänzt, die den „Attributen“ entsprechen. Jeder Charakter hat vier Eigenschaften: stark, schnell, schlau und fabelhaft. Spieler*innen können Punkte verteilen. Zu jeder vorgestellten Klasse gibt es noch verschiedene „Kniffe“ und „Hintergründe“, um den Charakter schneller zu erschaffen.

Zum Nomen gibt es ein Adjektiv, auch mit einer Beispielliste, die cool, gütig, fantastisch, kräftig, mächtig usw. aufführt. Das Adjektiv hilft, eine Vorstellung des Charakters zu entwickeln.

Zum Abschluss kommt ein Verb, das aussagt, was der Charakter am besten kann, beispielsweise jemand, der „Computerspiele spielt“, „das Böse bezwingt“, „mit Wissenschaft experimentiert“ oder „Magie wirkt“.

Nomen, Adjektiv und Verb lassen einen bunten und lebendigen Charakter entwickeln wie zum Beispiel „die Astronautin, die gütig ist, und Eiscreme isst“. So hat man einfach einen individuellen Charakter erstellt, der die Fantasie beflügelt. Ein weiteres Beispiel ist „der Pirat, der pfiffig ist, und mit Wissenschaft experimentiert“. Dieses System erlaubt es, abgefahrene und kreative Charaktere zu erstellen, die leicht über die bekannten Heldentypen von Krieger, Magier und Schurke hinausgehen.

Steht der Charakter, darf sich die Spielerin noch einen Begleiter mit Tricks und Essenswünschen aussuchen. Die Begleiter reichen von einem „außergewöhnlichen Außerirdischen“, der kleine Planeten nascht, bis hin zum „kleinen Bruder“, der den Trick „Klopf-Klopf“ kann. Damit erzählt er einen Witz, der den Charakter laut lachen lässt und ihr oder ihm zwei Punkte in „fabelhaft“ gibt.

Ergänzt wird der Charakter um Tricks, also kleinen Fähigkeiten. Eine Liste gibt Auskunft über diese kleinen Gimmicks wie „Raubtier-Brüllen“ oder „Tarnkappe“. Um Tricks einzusetzen, braucht man Punkte aus dem Attributvorrat (stark, fabelhaft, usw).

Zu guter Letzt kommt die Ausrüstung. Auch hier zeigt sich die Stärke von So nicht, Schurke!, denn die Ausrüstungsgegenstände strotzen vor witzigen Illustrationen und Wortspielen, zum Beispiel dem „Katze-Rang“, einer Fernkampfwaffe in Form einer Katze, oder einer „Windgitarre“.

Mit diesem kurzen und einfachen Baukasten-Prinzip erstellt man einen individuellen bunten Charakter, der Spaß macht. Nach der Charaktererstellung können die Kinder die Charaktere malen und man kann am nächsten Abend spielen, oder auch nicht.

Das Land Fabula

Ein weiteres schönes Element ist das Land Fabula. Es teilt sich in vier Bereiche, die um das Haus des Kindes existieren. Das Land hinter den Büchern, das Land aus dem Fenster, das Land unter dem Bett und das Land im Schrank. Jedes der vier Gebiete lädt ein, spannende, witzige und skurrile Orte zu besuchen wie das "Monstermuseum", die „Komma-Küste“ oder die "Ghule-Schule". Das Regelbuch beschreibt die einzelnen Orte der Karte und die NPCs, was beim Lesen bereits für Abenteuer-Ideen sorgt.

Zwölf Fabula-Schätze bieten weiteren Stoff für Abenteuer. Zum Beispiel die widerliche Waffel, das schlechteste Frühstück im Land, oder das Keinhorn, ein Einhorn ohne Horn.

Das Regelbuch endet mit Kreaturen, aber auch hier strotzen die Beschreibungen von lustigen Bildern und tollen Einfällen. Zum Beispiel gibt es den Hubba-Hubba, eine riesige lila Kreatur, die nach Trauben-Kaugummi riecht, den Ninja-Zombie oder den Robosaurier. Allein das Blättern im Regelbuch lässt sowohl Kinder als auch die Eltern lachen, Ideen entwickeln und aus dem FF Szenarien ausdenken.

Abenteuerbuch

Das Abenteuerbuch erläutert das Spielleiten und bietet drei Abenteuer. „Verschollen in den Drachenrotz-Fällen“ ist ein Einstiegsabenteuer, um das Spiel zum ersten Mal zu spielen. Es beginnt mit einem Hilferuf, den die Kinder beim Einschlafen hören. Es führt die Kinder durch den Kleiderschrank, lässt sie blau-gelbe Bienenflugschiffe bestaunen und zuerst einmal das „Problem erkennen“. Passagen zum Vorlesen und Hintergrundideen geben Stoff, um das Abenteuer zu meistern. Dabei sind sie nicht nur gut sortiert, sondern auch in farbigen Boxen mit Symbolen für Rätsel und „Zeige“-Anweisungen voneinander klar abgetrennt.

Zwei kleinere Schwächen

Was vielleicht bei einigen Kindern nicht zieht, ist eben die Stärke des Rollenspielsystems. Einige Kinder möchten nicht alberne und lustige Charaktere und Kreaturen, sondern coole und eher klassische Rollenspielillustrationen. Besonders, wenn die eigenen Kinder bereits in Kontakt mit klassischen Rollenspielen oder Rollenspielbildern gekommen sind, könnte es dazu führen, dass die Kinder sich gegen So nicht, Schurke! sperren, weil es für sie zu albern ist, oder weil sie kein lustiges, sondern ein cooles Spiel spielen wollen.

Vor dem Kauf kann man das Spiel auf der Website zeigen und die Illustrationen „antesten“, oder, falls das Spiel geschenkt wurde, das simple und effektive Regel- und Charaktersystem übernehmen.

Für Leseanfänger*innen ist die Schrift teilweise zu klein, um ihr mühelos zu folgen.

Hintergrund auf Kickstarter

Das englischsprachige Original No Thank You, Evil! wurde 2016 mit dem Ennie Gold Award und 2017 mit dem Origins Award ausgezeichnet.

Die deutsche Übersetzung aus dem Uhrwerk-Verlag wurde zum Kickstarter-Erfolg 2018. Das Ziel von 15.000 € wurde mit 53.000 € übertroffen. Die Kooperation mit Pegasus-Spiele garantiert hohe Qualität bei der Distribution.

Deutschsprachige Ergänzungssets: „Ich bin Erzähler!“, „Auweia, Monster!“.

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