Michael Tillmann entführt die klassischen Gespenster aus ihren erhabenen Schlössern und lädt sie da ab, wo sie keiner erwartet: auf Müllkippen, an Landstraßen, in Ruinen, sogar in einem Raumschiff. Bei den Einsamen, Säufern, Suchenden und Verlorenen – und in einer Badewanne als Hommage an den unsterblichen Loriot …
Kurzgeschichten muss man schreiben können, denn Spannung und Spaß auf kleinstem Raum zu verpacken, das kann nicht jeder. Autor Michael Tillmann aber beherrscht diese Kunst. Die sieben Geschichten aus seiner Sammlung Schatten suchen keine Ewigkeit – Postmoderne Gespenstergeschichten bieten genau das, was man von Kurzerzählungen verlangt: königliche Unterhaltung. Der Autor schreibt rotzig, wütend, modern, zitiert Popkultur, Loriot und Großmeister der alten Gothic Novel-Schule. Er lässt es in Badewannen, auf Müllhalden und in Taxis spuken. Mehr als einmal durchbricht er dabei die dritte Wand, zitiert sich und somit das Genre, reflektiert seine Arbeit und die Erwartungen seiner Leser. Nicht zuletzt hat er den Geschichten ausgesprochen lustige Passagen verpasst.
Sind Horrorgeschichten noch auf der Höhe der Zeit? Ein klares Ja, wenn ihre Protagonisten aus der modernen Welt kommen und nicht einfach nur hineingezwungen werden. Ein echter Geheimtipp aus dem Pott.
Schatten suchen keine Ewigkeit
Michael Tillmann
(Medusenblut, 2013)
182 Seiten, Softcover
ISBN 978-3-935901-17-8