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Schatten des Krieges

Herr der Ringe: Reise durch Mittelerde

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Kategorie: Brett- und Kartenspiele

Die Reise durch Mittelerde spaltet die spielenden Geister. Das Kampagnenspiel setzt nachdrücklich auf eine verpflichtende App und ist so für manche Spieler*innen gar kein Brettspiel mehr. Andere hingegen schätzen den schnellen Aufbau und das vereinfachte Kampagnenmanagement. Daran ändert auch die neueste und vielleicht letzte große Erweiterung Schatten des Krieges nichts. Wer schon das Grundspiel nicht mochte, darf auch die Erweiterungen bei Seite lassen, aber ist es für die anderen Reisenden einen Blick wert?

Zum Grundprinzip der Reise durch Mittelerde muss hier wenig gesagt werden. Die Regeln des Grundspiels sind weiterhin unverändert im Einsatz und lediglich minimal erweitert worden. Weiterhin leitet uns die App durch die Abenteuer und unsere Held*innen verfügen über ein Kartendeck, mit dem das Fertigkeiten vorbereitet und Proben abgewickelt werden. Uns konnte das sehr komfortable Spiel nachhaltig begeistern. Gerade wenn der Kopf nach einem langen Tag etwas müde ist, man aber doch ein großes Spiel spielen will, ist die Reise durch Mittelerde bei mir die erste Wahl. Sie gibt mir das Gefühl von Entdeckung und Abenteuer in Verbindung mit einem befriedigenden Probenmechanismus, moderaten taktischen Entscheidungen und tollem Artwork. Frisch die Dunklen Pfade durchquert, habe ich daher nicht lange gezögert, in den Fantasykrieg zu ziehen …

Im Schatten des Krieges

Das Kernstück der Erweiterung ist die gleichnamige Kampagne „Im Schatten des Krieges“. Diese umfasst etwa 15 Missionen, die sich um einen anbahnenden Krieg mit seltsamen Söldnerheeren drehen und uns in das angespannte Verhältnis zwischen Gondor und Rohan werfen. Die Betonung liegt dabei auf dem „sich anbahnenden“ Krieg. Obwohl die Box mit Olifanten, Kriegstürmen und Regeln zu Befestigungsanlagen daherkommt, ist die Kampagne nicht kampflastiger als die vorhergehenden. Fast im Gegenteil: Es geht darum, die Interessen der verschiedenen Fraktionen zu durchleuchten, in Städten zu investigieren und strategische Entscheidungen zu treffen. Selten kommt es zu einer wirklichen Schlacht und wenn, dann müssen wir Vorkehrungen treffen, um uns gut zu positionieren. Das heißt natürlich nicht, dass die Kampagne ohne Kämpfe auskommt, aber die sind meist ein Begleitproblem. Tatsächlich gibt es sogar einzelne Missionen, die ganz ohne Waffengewalt auskommen.

 


Mit selbstgebauter Spielhilfe macht es noch einmal mehr Spaß!

Meiner Empfindung nach handelt es sich mit der „Schatten des Krieges“-Kampagne um die am interessantesten gestaltete in der Reihe. Hier haben die Designer*innen die Potenziale einer Appsteuerung optimal ausgenutzt, indem sie Ereignisse dynamisch einfließen lassen, Entscheidungen ermöglichen und sogar Investigation umsetzen. Bereits die erste Mission überzeugt sogar durch einen interessanten narrativen Twist. Die Kampagne allein ist meines Erachtens das Geld wert, auch wenn man sich bewusst sein muss, dass man diese nach etwa 20 Stunden durchgespielt haben wird. Die Frage des Wiederspielwertes ist dabei schwer zu beantworten. Grundsätzlich lassen sich die Missionen immer wieder spielen, zumal es Entscheidungen gibt, die andere Wege ergeben, und der Aufbau teils modular ist. Allerdings wird der Entdeckungsgeist dann zunehmend durch einen Fokus auf die strategische Komponente oder den Charakterbau verlagert. Und hier hat die Reise einiges zu bieten …

Neue Held*innen braucht das Land!

Das in der Box befindliche Material lässt sich nicht nur für die mitgelieferte Kampagne nutzen, sondern wird auch in andere Kampagnen eingestrickt. Die App kann uns auch in den anderen Abenteuern mit Monstern und Geländeteilen der Erweiterung versorgen. Wie tief diese Einbettung geht, ist schwer zu testen, es kam aber in der Kampagne auch Material aus anderen Erweiterungen zum Einsatz, sodass davon auszugehen ist, dass die Modularität mit der Erweiterung deutlich zunimmt. Fraglos integrieren lassen sich die sechs neuen Held*innen und Rollen. Selbst wer die maximalen Spielendenzahl von fünf Held*innen ausnutzt und sich nur auf die vorliegende Erweiterung stützt, wird also nach einer Kampagne nicht alle Held*innen im Einsatz gehabt haben, geschweige denn die verschiedenen Rollenkombinationen ausprobiert haben. Und die haben es in sich. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die neuen Charakteroptionen ein bisschen komplexer ausfallen. So kann sich Beorn etwa gestaltwandeln, die Hobbitfrau Calaminth Tuk arbeitet mit Proviant und ein Wissenshüter erlangt schneller Wissen, also Ausrüstungsaufwertungen. Auch die neu hinzukommenden Reittiere erweitern die Möglichkeiten noch einmal um neue Facetten und Mechaniken. Ganz offensichtlich hat man sich weit von den Anfangs sehr klaren Charakteren und Rollen entfernt. Welche Funktion genau eine Schildmaid, eine Proviantmeisterin oder ein Wissenshüter einnimmt, ist gar nicht ganz so eindeutig zu sagen, und auch die Synergien mit den Charakteren muss man erst im Spiel erschließen. Dennoch gelingt es all diesen Optionen, interessante Mechaniken auszuschöpfen und sich auf ihre Weise spannend zu spielen. Die Effekte werden spezifischer und komplexer, aber sind immer noch gut greifbar. Mit allen großen Erweiterungen stehen uns 17 Charaktere zur Verfügung die sich beliebig mit den ebenfalls 17 Rollen kombinieren und diese sogar wechseln lassen. Damit gibt es fast unbegrenzte Möglichkeiten für Tüftler*innen.

Diverse Zugänge

Weitergeführt wird dabei auch der Trend zur Diversifizierung der Charaktere. Die Hälfte der Held*innen sind weiblich, was fast der Anzahl an wirklich handelnden Frauen des ganzen Herrn der Ringe entspricht. Dass eine asiatisch geprägte Elbin (Zyniker*innen dürfen daran erinnern, dass Tolkien die asiatische Kultur nur als Vorbild für das Böse genutzt hat, wie hier gezeigt wird) und eine Schwarze Heldin darunter sind, mag für einige Fans zu viel sein, halte ich jedoch für ein starkes Statement. Insgesamt sollte man von der Reise durch Mittelerde überhaupt keine zu große Buchtreue erwarten. Allein die neu geschriebenen Abenteuer und bunten Heldenkombinationen sind bei näherer Betrachtung nicht so recht mit der Vorlage in Deckung zu bringen. Dennoch schafft es das Spiel meines Erachtens, das spezifische Flair der Welt von Tolkien zu transportieren und uns durch wiederkehrende bekannte Elemente nach Mittelerde zu führen. Plötzlich steht da ein bekannter Ent vor uns, es wird Pfeifenkraut geraucht und das Horn von Gondor erklingt.

Das Ende der Reise?

Der Schatten des Krieges ist nach Dunkle Pfade die zweite und wahrscheinlich letzte große Erweiterung für Reise durch Mittelerde. Vermutlich wird eine kleine Miniaturenerweiterung folgen, die bisher nach jeder große Box herausgekommen ist. Außerdem ist es durchaus wahrscheinlich, dass weitere Kampagnen zum Download bereit stehen werden. Das absehbare Ende der Reise ist meines Erachtens gut gewählt. Mit den bisher zur Verfügung stehenden Held*innen, Gegnerscharen und Regeln liegt enorm viel Material vor, dass nahezu jedes Abenteuer umsetzen lassen dürfte. Auch merkt man den Held*innen und Rollen langsam an, dass die Grenzen des Designspaces erreicht wurden. Sicherlich lassen sich immer noch neue Mechaniken einführen, ich habe aber den Eindruck, dass die Kernmechaniken soweit ausgenutzt wurden, dass neue Mechaniken nur noch zu unnötiger Komplexität führen würden. Für mich fühlt sich das Paket äußerst rund an und wäre es völlig ausreichend, gelegentlich neue digitale Abenteuer erwerben zu können. Hier bin ich enorm gespannt, welchen Weg Fantasy Flight geht und ob es vielleicht irgendwann sogar einen Communityeditor geben wird. Das Potenzial bringt das Spiel allemal mit.

Produktqualität

Abschließend noch ein paar Worte zur Produktqualität. Üblicherweise besticht Fantasy Flight durch eine überragende Produktion. Das ist diesmal leider nur mit Abstrichen der Fall. Wie gewohnt kommt großartiges Artwork zum Einsatz, die Karten sind haptisch großartig, die Pappmarker angenehm dick und die Figuren detailliert. Leider hat sich das Team bei drei Orkreitern etwas verzettelt. Filigrane Steinschleudern und ein wehender Zopf schaffen es nur selten, heil zu den Kund*innen (bei mir hat es einer von drei unbeschädigt geschafft). Grundsätzlich leisten Asmodee/Fantasy Flight hier auch Ersatz, das Problem war aber so weitreichend, dass der Service kaum hinterhergekommen ist. Dem Spielspaß tut das keinen Abbruch, für die bemalende Zunft ist es aber ein Dämpfer, den man nicht verschweigen kann. Womöglich wurde das Problem in neueren Chargen behoben, was ich jedoch nicht auf Grundlage meiner Ausgabe beurteilen kann. Bei dem happigen Preis ist es jedoch ein echtes Ärgernis.

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