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Pandemie: Geschichten zur Zeitenwende

Eine passionierte Kurzgeschichtensammlung

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Kategorie: Literatur

Seit Anfang 2020 beschäftigt die Menschheit vor allem eines: COVID-19. Ein Virus, das die Welt auf links krempelt und uns in seinem Bann hält. So tiefgreifend scheinen die Veränderungen, die mit dieser eigentlich winzigen Mikrobe einhergehen, dass man gar von einer Zeitenwende sprechen mag. Die Anthologie Pandemie: Geschichten zur Zeitenwende, herausgegeben von Hans Jürgen Kugler und René Moreau, tut genau dies. Das Resultat ist eine passionierte Kurzgeschichtensammlung, die wirklich allen zu empfehlen ist.

Corona spaltet. Mit zunehmenden Schutzmaßnahmen fürchten einige um ihre Grundrechte; anderen, wiederrum, geht der Schutz noch lange nicht weit genug. Allzu oft wird die Diskussion zur Pandemie unterhalb der Gürtellinie geführt; zu selten ist sie zielführend. Genau an diesem Moment der Spaltung und der Polarisation zeigt die Anthologie Pandemie, welchen Beitrag gute Science-Fiction leisten kann.

Ein wahres Herzensprojekt: Science-Fiction at its best

33 Autor*innen stellen sich den Fragen, die uns aktuell umtreiben und skizzieren dabei die verschiedensten Pandemien, Sozialkatastrophen und Endzeitszenarien. Was wäre, wenn das Coronavirus so weit mutiert, dass plötzlich Kinder die zentrale Risikogruppe darstellen? Wie sieht die Welt nach dem Zusammenbruch unseres Gesundheitssystems aus? Was, wenn die Infektion mit dem Virus zu einer allgemeinen Verdummung führen würde? In Pandemie ist der Vorstellungskraft keine Grenzen gesetzt. Sicherlich: Man muss schon irgendwie masochistisch veranlagt sein, sich während einer recht realen Pandemie eine Kurzgeschichtensammlung über fiktionale Pandemien zu Gemüte zu führen. Doch hier lohnt sich wirklich jede Seite.

Wer gelegentlich das Science-Fiction-Magazin EXODUS liest, dem dürften einige Namen der Beitragenden dieser Anthologie bekannt sein (u.a. die beiden Herausgeber Hans Jürgen Kugler und René Moreau, aber auch die Autoren Christian Endres, Frank Neugebauer und Henrik Wyler aka Heinz Wipperfürth). Die Kurzgeschichten sind in spannende thematische Kategorien gruppiert: "Schlimmer geht immer!"; "Wir(r) sind Virus!"; "Die Liebe in Zeiten der Corona"; "Fake-News"; und "Was vom Ende übrigbleibt". Die verschiedenen Fiktionen sind stets abwechslungsreich und auf einem durchgängig hohen Niveau. Folgen einige Geschichten der altbekannten und -bewährten Endzeitformel, testen andere Beiträge dagegen eher innovative und experimentelle Ideen aus. Dabei wird nicht selten die konventionelle Erzählstruktur auf den Kopf gestellt – zu abstrakt wird es in Pandemie jedoch nie. Neben den Kurzgeschichten schmücken zahlreiche Illustrationen und das gelegentliche Gedicht das Buch. Das Gesamtpaket weiß damit sowohl inhaltlich als auch ästhetisch zu gefallen.

Die Qualität dieser Anthologie ist insbesondere deshalb beachtlich, weil das Projekt innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt worden sein muss. Bereits im Oktober 2020 wurde das Buch veröffentlicht; die Schriftsteller*innen verfassten ihre Beiträge jedoch offensichtlich mit der Erfahrung der ersten Lockdowns, der Mitte März in Kraft trat. In Anbetracht dieses sportlichen Zeitplans verzeiht man gerne den ein oder anderen Tipp- oder Typografiefehler. Ganz klar: In Pandemie steckt jede Menge Leidenschaft und Herzensblut.

Der gesellschaftliche Wert von Fiktion

Die exzellente Anthologie zeigt, was (gute) Science-Fiction leisten kann. Sie hält unserer Gesellschaft den Spiegel vor, führt dabei oftmals sowohl die Pandemie als auch den Umgang damit bis ins Extreme fort. Damit tut diese Kurzgeschichtensammlung das, was kein Epidemiologe oder Virologe könnte: Sie stellt 33 fiktionale "Was wäre, wenn?"-Szenarien vor, in der wir oftmals Spuren unserer gelebten Realität wiedererkennen. Bereits jetzt ächzt unser Gesundheitssystem unter der Last der Pandemie; auch werden uns die Risiken für die Demokratie, die von sogenannten "Reichsbürgern" und "Preppern" ausgehen, immer deutlicher vor Augen geführt. Wir werden immer abhängiger von funktionierenden digitalen Systemen und einem umfassenden Online-Handel – und beklagen gleichzeitig, was dies für so manche wirtschaftliche Existenz bedeutet.

Besonders beeindruckend an Pandemie ist, dass diese Anthologie wirklich allen etwas bieten kann, völlig egal ob man nun die Maßnahmen gegen COVID-19 befürwortet oder nicht. Denn – und das kann wirklich nur ausgezeichnete Fiktion – die meisten der enthaltenen Kurzgeschichten lassen sich auf vielerlei Art lesen. Sie sind vielschichtig, komplex, und laden auch lange nach der Lektüre noch zum kritischen Nachdenken ein.

Begrüßenswert ist daher auch, dass die Anthologie mit dem Essay "Corona-Challenge" aus der Feder Dominik Irtenkaufs ihren Abschluss findet. Hier geht Irtenkauf explizit darauf ein, vor welche Herausforderungen COVID-19 die Gesellschaft stellt und welchen Beitrag Science-Fiction hier leisten kann.

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