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Order of the Stick

Strichmännchen und Rollenspielklischees

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Kategorie: Literatur

Wahrscheinlich kennen viele Order of the Stick bereits, aber es lohnt sich für die Übrigen, diesen Webcomic einmal vorzustellen. Ein Indiz für dessen wachsende Popularität: Autor Rich Burlew hatte kein Geld, um vergriffene Bände neu herauszugeben und startete eine Kampagne bei Kickstarter. Er erzielte über eine Million Dollar (das Ziel waren keine 60.000 Dollar), fast 15.000 Fans hatten sich beteiligt.

Order of the Stick handelt von den Erlebnissen einer ganz normalen Abenteuergruppe. Anführer ist Roy Greenhilt, ein rechtschaffener, menschlicher Kämpfer, der einen MBA (Master of Battle Administration) vorzuweisen hat. Ihm zur Seite steht der zuverlässige Zwergenpriester Durkon Thundershield – eine Art bärtige Heilspruchmaschine mit schottischem Akzent. Apropos zuverlässig: das gilt nicht für den Rest der Gruppe. Da ist der/die Elf(e) Vaarsuvius (auch V genannt), der/die Magie mit höchstem Zerstörungsgrad bevorzugt (Improved Fireball) und durch seinen/ihren Machthunger häufiger Probleme heraufbeschwört. Haley Starshine ist die Diebin der Gruppe und als solche natürlich absolut geldgierig. Elan der Barde ist ein absolut gutaussehender Tölpel, der fest an die Regeln des Dramas glaubt. Er weiß, was die Story-Mechanismen von ihm erwarten. Und Belkar Bitterleaf ist ein chaotisch böser Halbling-Waldläufer mit purer Lust am Töten, dessen einziger wirklicher Freund eine Katze ist.

Die Geschichte beginnt mit einem typischen Dungeon Crawl, bei dem die Regelmechanismen der Dungeons & Dragons-Welt gekonnt parodiert werden. Beispiele: Haley, Belkar und V sehen und hören die vielen Ninjas nicht, weil sie ihre Spot/Listen­-Checks nicht schaffen. Elan stärkt­ seine Gruppe bei ihren Anstrengungen mit dem Gesang Bluff, bluff, bluff the stupid ogre – mit nicht gerade durchschlagendem Erfolg. Durkon landet beim Anbeten seines Gottes nur auf dessen Anrufbeantworter. Auch auf das typische Problem mit Vertrauten wird eingegangen: der Rabe des/der Elfe(n) taucht immer nur dann auf, wenn die Gruppe an ihn denkt.

Mit der Zeit entwickelt sich aber die Geschichte um eine Welt, die von der Gruppe gerettet werden muss. Fünf Tore bewahren die Welt vor dem Snarl und ein übermächtiger Lich namens Xylon und eine Menge Goblins und Hobgoblins sind hinter den Helden her, zusätzlich spielt die Linear Guild (in der für jeden der Charaktere ihr Gegenteil zu finden ist, einschließlich Elans Zwillingsbruder Nale) den Helden übel mit. Die Helden erleben große Schlachten, Belagerungen, schließen sich Rebellen an, mischen in der großen Politik mit, müssen sich um verstorbene Gruppenmitglieder kümmern (in der Dungeons & Dragons-Welt nichts Endgültiges – da stehen schon mal sechs verschiedene Todestage auf einem Grabstein). Trotzdem gibt es Zeit für Regelgeplänkel, schreckliche Wortwitze und Gruppenstreitigkeiten.

Order of the Stick lebt nicht von realistischen oder besonders schönen Zeichnungen. Es ist keine Graphic Novel, sondern eher eine Art Strichmännchenzeichnungen in Farbe. Trotzdem ist es verblüffend, wie viel man mit einfachen Zeichnungen ausdrücken kann (und wie viel Spaß man an kleinen Gimmicks wie Elans Brosche haben kann).

Der Comic lebt davon, Regel-Mechanismen in ihr Schlechtestes zu verkehren. Dazu kommen Anachronismen (Kaffeemaschinen, Kristallkugeln als Fernseher-Ersatz oder Anwälte), einfache Wahrheiten (Paladine sind rechtschaffene, gute Nervbolzen), Anspielungen (ein Drow kämpft wie Drizzt d’Urden mit zwei Krummsäbeln) und übertriebene oder ins Gegenteil verkehrte Klischees: Der Zwerg hat wirklich Panik vor Bäumen, der Halbling ist eine lebensverneinende Killermaschine, der Krieger ist intelligent, die Diebin unglaublich raffgierig – bei letzterer erfährt man später den nicht so schönen Grund dafür.

Hauptcharaktere und Antagonisten entwickeln sich mit der Zeit und es gibt immer wieder liebenswerte (oder hassenswerte) Nebencharaktere, die eine Zeitlang dabei sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: das Orakel, dass als guter Zukunftsseher schon von vornherein weiß, wann es sterben muss und natürlich entsprechende Vorkehrungen für sein Nachleben getroffen hat. Alle Charaktere leben gefährlich, denn es werden auch (scheinbar) wichtige Charaktere hin und wieder plötzlich und final aus der Geschichte entfernt.

Order of the Stick lebt von einer interessanten Geschichte, die sich mit der Zeit entwickelt. Immer gibt es offene Punkte und Handlungsstränge. Bislang ist beispielsweise nicht bekannt, was das Monster in the Dark wirklich ist, das seit hunderten von Strips bei den Bösen dabei ist, aber immer in Dunkelheit verborgen bleibt. Teilweise hinter einem Sonnenschirm.

Der einzige Wermutstropfen: Bis auf ein paar wenige übersetzte Strips sind alle nur in Englisch … aber für Order of the Stick lohnt es sich beinahe schon, Englisch zu lernen …

Alle (mittlerweile über 900) Order of the Stick-Strips gibt es unter www.giantitp.com, wo Ihr die kostenlose Variante ansehen könnt. Wer natürlich – wie ich – zum Fan der Serie geworden ist, besorgt sich auch die vier Bücher (Dungeon Crawling Fools, No Cure for the Paladin Blues, War and XPs und Don’t split the Party), die nicht nur die ersten 672 Webstrips abdecken, sondern auch einige Bonusseiten enthalten. Dazu gibt es mit On the Origin of PCs noch die Vorgeschichte der Charaktere und das großartigste Buch der Serie: Start of Darkness erzählt die Vorgeschichte der Bösen, die gar nicht alle so abgrundtief böse sind, wie man denken mag. Selbst üble Goblinpriester können gute Hintergedanken haben … zumindest bei Order of the Stick.

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