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Das Meer in der Climate Fiction

Zwischen Sintflut und schwimmenden Städten

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Kategorie: Literatur

Wenn man die Erde aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet, sieht man vom Weltraum aus nur Meer. Außerirdische könnten somit zu dem Schluss kommen, dass alles intelligente Leben in den Ozeanen stattfindet. Doch welche Rolle spielt das Meer in der Climate Fiction? Schließlich hängen der Klimawandel und die Ozeane eng zusammen (siehe zum Beispiel den mehrteiligen Blogeintrag von Bettina Wurche ). Drei Motive tauchen im Zusammenhang mit dem Meer immer wieder auf, oft in Kombination: Flut, Müll und das Meer als (Über-)Lebensraum.

Flut und Überschwemmung

Schon in einer der ältesten Erzählungen der Menschheit, dem Gilgamesch-Epos, kommt die Sintflut vor. Damals eine göttliche Strafe ist die Flut in der Climate Fiction eine direkte Folge des von Menschen verursachten Klimawandels.

In „New York 2140“ von Kim Stanley Robinson steht die Metropole an der amerikanischen Ostküste unter Wasser. In „Malé“ von Roman Ehrlich geht es um die drohende Überflutung der gleichnamigen Hauptstadt der Malediven. Die meisten Tourist*innen haben das im Schlamm versunkene Paradies längst verlassen. Nur Aussteiger*innen und Abenteurer*innen suchen hier nach ihrem Glück. In der realen Welt wollten sich die Malediver*innen nicht mit dem steigenden Meeresspiegel abfinden und haben eine schwimmende Stadt entwickelt, die schon 2024 bezogen werden soll.

 

 

    Flut und Überschwemmungen zwingt viele Menschen zur Flucht. Das thematisiert John Lanchester in seiner Klimadystopie „Die Mauer“. Ein Großbritannien der nahen Zukunft schützt sich mit einer gewaltigen Mauer entlang der Küste nicht nur vor dem stürmischen Meer, sondern wehrt vor allem Klimaflüchtlinge ab. Wie alle im Land muss auch Joseph Kavanagh zwei Jahre lang Dienst an der Mauer leisten. Als es ihm nicht gelingt, einen Ansturm abzuwehren, werden er und seine Kampfgefährtin zur Strafe auf dem Meer ausgesetzt. In einer schier ausweglosen Situation suchen sie nach einem geschützten Ort, um auf dem Meer zu überleben.  

Müll als Lebensretter 

In „Der Mann mit den Facettenaugen“ kombiniert der taiwanesische Autor Wu Ming-Yi indigene Mythen und Climate Fiction. Der Roman handelt von Atile’i, dem zweitgeborenen Sohn des Wayowayo-Volkes, und der lebensmüden Akademikerin Alice. Wie alle Zweitgeborenen wird Atile’i auf einem Boot zum Sterben auf dem Meer ausgesetzt. Doch er hat Glück im Unglück: Er kann sich auf einem riesigen Müllstrudel nach Taiwan retten. Dort lernt er Alice kennen, die ihn wie einen kleinen Bruder aufnimmt.

Eine vermüllte Nordsee ist Schauplatz der Kurzgeschichte „Nordmeer-Delfine“ von Janika Rehak (Klimazukünfte 2050, Hirnkost Verlag). Der Ich-Erzähler verdient sich seinen Lebensunterhalt als Müllskipper und durchsucht bei brütender Hitze den schwimmenden Unrat nach Brauchbarem. Als er einen rosa Delfin zu erspähen glaubt, lachen ihn seine Freunde aus. Doch er hält an seiner Hoffnung fest.

   

Bildbeschreibung:
Foto von Nathan Cima auf Unsplash

 

Schwimmende Behausungen und Städte

Ein Leben auf dem Meer beschreibt Burkhard Wetekam in seiner Kurzgeschichte „Neuland“, ebenfalls aus Klimazukünfte 2050. Hier hat sich um einen schwimmenden Windpark im Nordatlantik im Laufe der Jahrzehnte eine ganze Stadt angesiedelt. Um die Masten gruppieren sich Inseln und Pontons, auf denen sich Hütten und Werkstätten, auf den größeren sogar Fabriken und Äcker befinden. Als Baumaterial dient dazu aus dem Meer gefilterter und eingeschmolzener Müll, der durch den Zusatz bestimmter Bakterien formbar wird.

Auch die schwimmende „Seestatt“ in Theresia Enzensbergers Roman „Auf See“ liegt in der Nähe eines Windparks. Doch die einst visionäre Stadt in der Ostsee hat ihren Glanz längst verloren. Die Wohnwaben bestehen hier aus Fiberglas. Algenfarmen dienen der Ernährung, obwohl seit Gründung der Stadt giftige Blaualgen überhandgenommen haben. Wellenbrecher schützen vor Eindringlingen.

       

Der Klimawandel und das Meer

Die Stoffe der Climate Fiction entwickeln sich weg vom „klassischen“ Sintflut-Motiv hin zu neuen Themen wie dem Meer als neuem (Über-)Lebensraum. Müll wird plötzlich Lebensgrundlage, der Fluchtort Meer bietet zumindest vorübergehend Sicherheit. Ist damit alles gut? Mitnichten. Das Rennen um den Tiefseebergbau hat gerade begonnen mit allen Gefahren, die das für das Leben in der Tiefsee mit sich bringt (siehe zum Beispiel Anke Laufers Gedicht für eine multimediale Kunstaktion dazu). Der Klimawandel und das Meer werden uns also noch eine Weile beschäftigen.

 

Infobox: Science Fiction aus Südasien

 In der Anthologie „New Horizons – The Gollancz Book of South Asian Science Fiction“, herausgegeben von Tarun K. Saint kommen Autor*innen aus Bangladesch, Indien und Pakistan zu Wort. Auch hier wird die Bedeutung des Meeres in seinen unterschiedlichen Facetten thematisiert:

 

 

In Mondal Mimis Story „The Sea Sings at Night“ verkörpert die Freundin der Erzählerin das Meer, sie stammt aus dem Meeresvolk. In der Geschichte von Asif Aslam Farrukhi „Stealing the Sea“ ist das Meer über Nacht verschwunden. In „Reunion“ von Vandana Singh steht Mumbai unter Wasser und die Menschen haben sich in die Hügel zurückgezogen, um eine nachhaltige Form des Zusammenlebens zu praktizieren.

Ein historischer Abriss über die Science Fiction Südasiens komplettiert die Anthologie. Fazit: Definitiv Horizont erweiternd.

       

Bildbeschreibung von Titelbild:
Eine Simulation von Climate Central (https://www.climatecentral.org/ ), wie der Stadtteil Hamburg-Rothenburgsort bei 3 Grad Klimaerwärmung aussieht. (© Climate Central)

 

 

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