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Kai Meyer: Phantasmen

Lächeln in Wellen

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Kategorie: Literatur

Ich gebe ja zu, ich habe ein Faible für Endzeit. Auch wenn wir mittlerweile in der Wirklichkeit gefährlich nah an diese Dystopien kommen, hat es mir das Genre immer noch angetan. Und wenn man – nach Zombies, Virus, Atombombe oder sogar Träumen – meint, alle Weltuntergangsszenarien zu kennen, kommt doch immer noch eine Überraschung daher. In Phantasmen sind es die Toten, die als Geister zurückkehren, aber einfach nur dastehen und leuchten, bis sich ein entsetzliches Lächeln über ihre Münder zieht …

Der Innovationsfaktor der bereits zweimal verlegten Geschichte (bei Carlsen und Blitz) ist also hoch. Und wenn dann noch Bestsellerautor Kai Meyer auf den hoch innovativen Künstler Jurek Malottke stößt, kann eigentlich gar nichts schiefgehen, oder?

Das Setting

Die Kernannahme des Settings wurde bereits genannt. Die Toten kommen als leuchtende Geister exakt an der Stelle auf die Welt zurück, wo sie verstorben sind. Die leuchtenden Gestalten sind zwar beunruhigend, werden aber nur langsam zur Gefahr. Stetig füllt sich der Planet mit den stillstehenden Geistern und das sorgt für ein beständiges, störendes Leuchten. Wirklich bedrohlich werden aber erst die sogenannten Smilewaves. In mehr oder minder regelmäßigen Abständen ziert die Geister ein verzerrtes Lächeln, dass in einem gewissen Umkreis tödlich wirkt.

Die Geister sind beeindruckend passend in Szene gesetzt

Das zu Grunde liegende Setting ist also durchaus anders als das anderer Weltuntergänge und verspricht viel. So haben die Charaktere konkrete Ziele vor Augen, wenn sie etwa liebgewonnene Menschen ein letztes Mal sehen wollen und die Bedrohung lässt sich nicht klassisch mit Waffengewalt bewältigen. Außerdem ist die stetige Zunahme der Geister eine tickende Zeitbombe, die für den nötigen Druck sorgt. Die Grundbedingungen wissen also schonmal zu überzeugen. Langweilig wird es jedenfalls nicht …

Der Plot

Die Geschwister Rain und Emma haben genau ein solches Ziel vor Augen: Sie wollen ihre Eltern wiedersehen, die bei einem Flugzeugabsturz in der Wüste von Tabernas ums Leben gekommen sind. So eröffnet die Graphic Novel dann auch mit einer in Roadtrip-Manier präsentierten Szene, in der die beiden die stimmungsvolle Wüste durchqueren. An der Absturzstelle angekommen, machen sie Bekanntschaft mit einer obskuren militaristischen Truppe und einem kaum weniger obskuren Biker. Auch stellt sich heraus, dass der Absturz offenbar nicht ganz so verlief, wie in den Medien behauptet wurde, und dass er vielleicht sogar Aufschluss über die Ursache der Erscheinung der Phantasmen geben kann. 

Die Wüste von Tabernas ist eindrücklich in Szene gesetzt. Man spürt die trockene Wüste förmlich durch die Illustration hindurchkommen. Am Rande versteckt sich einer der Geister

Getragen wird der Plot von der Suche der Geschwister. Auf die Gestaltung der Beiden verwendet Meyer besonders viel Aufwand. Besonders in Erinnerung blieben mir die Rückblicke auf Rains Zeit in Afrika, die ganz besondere Ängste und Perspektiven ermöglichen.

Die Umsetzung

Die Adaption als Graphic Novel stammt von Jurek Malottke, der auf der Buchrückseite nicht umsonst als „Comic-Talent“ beworben wird. Sein Stil sticht einzigartig aus der Comiclandschaft heraus. Statt auf klare Konturen oder Realismus arbeitet er äußerst flächig mit teils ineinanderlaufenden Elementen. Der Stil entwickelt eine gewisse Symbolkraft und ist kompositorisch äußerst durchdacht. Detailgrad und Farbgebung passen sich den Szenerien an, während die Charaktere immer wie hinter Milchglas liegen. Letzteres ist zweifelsohne keine Schwäche, sondern künstlerische Entscheidung. Malottke lässt uns mit einer gewissen Unklarheit alleine und gibt uns so den Raum, die Geschichte aktiv in unserem Kopf auszumalen. Das ist ein durchaus passender Ansatz, der die Charaktere mit zusätzlicher Tiefe ausstattet und insbesondere die Phantasmen gelungen einbettet. Allerdings konnte mich der anspruchsvolle Stil nicht packen. Die Phantasmen zu lesen war für mich anstrengend und teils fiel es mir schwer, die Leserichtung zu erkennen oder die Panels zufriedenstellend zu interpretieren.

Teils ist es schwer den Panels zu folgen

Das wirkt sich auch auf die Wahrnehmung von Setting und Handlung aus, die für mich ebenfalls nie so recht greifbar wurden. So blieben mir die Erklärungsansätze der Phantasmen viel zu abstrakt und unglaubwürdig. Gleiches gilt für die Handlung, die mir durch zu viele glückliche Begegnungen und eine etwas plumpe Liebesgeschichte verdorben wurde. So bieten die Phantasmen viel Potenzial, konnten mich aber am Ende nicht so recht begeistern. Auch wenn mir der ernsthaftere Ansatz zusagt und ich die Grundidee stark finde, wird der Anspruch nicht eingelöst. Am Ende blieb für mich ein wenig substantielles Roadmovie in schwer zugänglicher Darstellung übrig.

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