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Interview

Fantasy-Autorin Monika Loerchner

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Kategorie: Interview Literatur

Manchmal finden sich kleine Perlen der Literatur gleich nebenan und fast spontan, zum Beispiel am Nachbartisch beim Kujern (Sauerländisch für quatschen) beim gemeinsamen Autorenstammtisch im westfälischen Soest. Zauberwelten-Buchstabenschubserin Anja Grevener hat dort die Fantasy-Autorin Monika Loerchner gefunden, die bereits als Verlagsautorin einige Romane im Bereich der Phantastik veröffentlicht hat und auch sonst neben ihrem Brotberuf eine fleißige Schreiberin ist. Im Interview gibt sie Einblicke in die Art, wie sie an ihre Schreibprojekte herangeht, wie sie die Phantastik-Szene erlebt und was sie angehenden Fantasy-Autoren (und vielleicht auch Orgas) mit auf den kreativen Weg geben kann.

Zauberwelten: Liebe Monika, hättest Du die freie Auswahl: Welche Figur aus dem Bereich der Phantastik wärst Du gerne und warum?

Monika Loerchner: Das ist ja eine interessante Frage! Zuerst wollte ich antworten: Am liebsten gar keine, da Protagonisten in der Regel eine Menge zu erleiden haben!, doch dann fiel mir tatsächlich jemand ein. Und zwar wäre ich gern Nachtauge (im Original Nighteyes) aus der großartigen Weitseher-Saga der nicht weniger großartigen Robin Hobb. Nachtauge ist ein Wolf und der beste Freund des Hauptcharakters. Er ist treu, erfrischend offen und wunderbar humorvoll. Er beherrscht die viel zu seltene Kunst, im Hier und Jetzt zu leben und genau diesen Moment zu genießen. Er ruht einfach in sich selbst. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da ich nicht spoilern möchte. Denn wer dieses großartige Meisterwerk der Phantastik noch nicht kennt, sollte dies unbedingt nachholen!

ZW: Was bringt eine Sauerländerin dazu, sich Geschichten und fremde Welten auszudenken? Wie bist Du zum Schreiben und zur Phantastik gekommen?

Monika: Ehrlich gesagt kenne ich das gar nicht anders. Schon als Kind habe ich mir meine Zeit sorgsam aufgeteilt zwischen Spielen/Rumhängen mit Freunden und Für mich allein sein und mir Geschichten ausdenken. Freilich hätte ich nie gedacht, einmal Schriftstellerin zu werden. Schriftsteller, das waren für mich immer hochintelligente, seriöse Menschen mit Hornbrille, zahlreichen Büchern in Kiefernholzregalen und einem Golden Retriever zu ihren Füßen.

Meine Brille ist aus Plastik, meine Mischlingshündin schwarz und meine gut gefüllten Bücherregale aus beschichtetem Pressholz. Und seriös werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr (lacht).

Was das Genre angeht, bin ich offen für fast alles. Ich bin kein Fan von zu viel Romantik oder Erotik. An der Phantastik mag ich die Herausforderungen des Weltenbaus. Und, dass der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind.

ZW: Wie gehst Du an das Schreiben, Deine Projekte heran?

Monika: Erschreckend diszipliniert (lacht). Wenn es um meine eigenen Belange geht, bin ich kein Geduldsmensch. Ich werde nie den Satz vergessen, den mir einst eine Dame in Sachen Zeitmanagement sagte: Wie wollen Sie je mit einem Projekt fertig werden, wenn Sie keine Deadline haben? Mir eine Schreibdisziplin anzugewöhnen, war hart. Aber es hat sich gelohnt! Meine oberste Regel lautet: Ich stehe nicht auf, ehe das Kapitel nicht beendet ist. Tatsächlich schreibe ich meine Bücher immer so: Szene für Szene, Kapitel für Kapitel. Eine große Aufgabe in viele kleine herunterzubrechen, so dass man viele Teilerfolge hat, ist generell eine gute Vorgehensweise, die ich jedem ans Herz lege.

ZW: Was macht Deine Romane einzigartig? Wo liegt ihr Zauber? Was können Deine Leserinnen und Leser von Dir erwarten?

Monika: Gegenfrage: Gibt es einen Roman, der nicht einzigartig ist? Tut mir leid, aber ich tue mich immer schwer mit solchen Fragen. Im Grunde soll ich ja jetzt sagen, wieso meine Romane toller sind als die der zahlreichen Schriftsteller und Schriftstellerinnen da draußen.

Erst neulich war ich mit meinem älteren Sohn mit eigenem Stand auf einer Buchmesse; er sagte: Ich gehe mir mal die Konkurrenz anschauen! Ich erwiderte: Das ist nicht die Konkurrenz, das sind Kollegen und Kolleginnen! So ist das und das mag ich auch so an der Phantastik-Szene! Daher formuliere ich mal allein auf meine Romane gemünzt:

Ich kann gerne sagen, dass ich meine Leser und Leserinnen in immer neue, aufregende Welten entführe. Dass ich mir in Sachen Weltenbau immer etwas Neues einfallen lasse, das ich zumindest so noch nicht gelesen habe. Ach ja, und anscheinend ist mein Schreibstil sehr flüssig, dieses schöne Kompliment wird mir öfter gemacht.

Erwarten dürfen Leserinnen und Leser intelligente, gut recherchierte und doch fluffige Unterhaltung abseits üblicher Wege. Ich weiß, dass sich meine Bücher besser verkaufen würden, wenn ich Mainstream und/oder nach Trend schreiben würde. Aber das wäre nicht authentisch, das wäre nicht ich. Es gibt so viele tolle Autoren und Autorinnen, die sich nicht vom Markt verbiegen lassen. Daher lohnt es sich, den Blick auch mal bei den Indie-Verlagen und Selfpublishern schweifen zu lassen.

Jetzt bin ich etwas abgeschweift – sind Deine Fragen hiermit beantwortet?

ZW: Ich glaube schon (lacht)! Ich finde die Einstellung richtig, sich nicht immer als Konkurrenz wahrzunehmen, sich zu achten und zu stützen und trotzdem eigene Wege zu gehen. Du betonst für dich den Weltenbau, der nicht nur für Schreibprojekte, sondern auch für Larp-Projekte grundlegend ist. Was inspiriert Dich, eine neue Welt zu erfinden, die sich real anfühlt, und wie gehst du dabei vor?

Monika: Es ist unter Nicht-Schreibern ein weitverbreitetes Vorurteil, dass man in der Phantastik machen kann, was man möchte, sich an keine Regeln halten muss. Das ist so aber nicht richtig. Es gibt Werke, die von Logiklöchern nur so strotzen, die aber dermaßen genial und charmant geschrieben sind, dass man es nicht merkt oder es einem egal ist. Das sind aber Ausnahmen. Auch beim Weltenbau muss man sich immer an feste Regeln halten. Eine Welt muss immer logisch sein und sich an ihre eigenen Naturgesetze halten. Man muss alles 20 Schritte weiterdenken und die möglichen Konsequenzen betrachten. Ein einfaches Beispiel: Wenn ich über eine schwangere Meerjungfrau schreibe, kann ich vielleicht unter den Tisch fallen lassen, wie ihr Zustand zustande kam. Definitiv muss ich mir aber Gedanken machen, wie genau eine Geburt überhaupt vonstattengehen kann. Oder legt sie Eier? Ein schräger Gedanke – deswegen halte ich mich von Meerjungfrauen fern (lacht).

Eine eigene Welt aufzubauen ist ähnlich wie Larp: Es kommt auf jede Kleinigkeit an! Natürlich können die Schankmaid aus der frühen Neuzeit oder der Elb unter ihrer Gewandung moderne Unterwäsche aus Mischgewebe tragen. Sie darf nur nicht zu sehen sein oder einen daran hindern, das richtige, echte Feeling für die Phantasiewelt empfinden zu können, sich da wirklich hineinzufühlen.

Meine Hexenherz-Welt, in der auch Die Tote in der Tränenburg spielt, hat ihren Ursprung in folgender Frage: Wäre die Welt besser, wenn Frauen an der Macht wären? Meine Antwort darauf ist ein klares Nein, dennoch wollte ich das einfach mal ausprobieren. Dafür benötigte ich etwas, das Frauen körperlich über die Männer erhebt; die Lösung war die Magie. Diese ganze Gedankenkette, die mit dieser neuen Welt einhergeht, produzierte dann unter anderem die an und für sich logische Konsequenz, dass man in dieser Welt nicht sagt Heul nicht, du bist doch kein Mädchen!, sondern Heul nicht, du bist doch kein Junge!

Beim Schattenkönig ist es genauso: Dass die Menschen im Norden sich jederzeit mit Magie alles erschaffen können, hat in der weitergedachten Konsequenz zur Folge, dass handwerkliches Wissen über die Generationen schlichtweg verloren gegangen ist. Mit all solchen Überlegungen muss man sich einfach auseinandersetzen. Hach, ich liebe so etwas!

ZW: Was hat Dich zu Deiner neuen Welt aus Der Zorn des Schattenkönigs, Deinem neuen Roman, inspiriert? Hier werden Magie und Glaube auf sehr interessante Art gegeneinander ausgespielt.

Monika: Angenommen, ich würde sagen, dass ich mich nach einem langen Abend mit Freunden und auch ein bisschen Alkohol am nächsten Morgen zur Arbeit geschleppt habe, nur um danach, kaum dass ich wieder zu Hause war, auf dem Sofa einzuschlafen. Und dass ich dann bei genau diesem Schläfchen vom Schattenkönig geträumt habe … Das hätte so gar keinen Glamour, oder? (lacht) Aber genau so war es.

ZW: Das hat auf jeden Fall Glamour, irgendwie … Du hast aber auch Vergleichende Religionswissenschaft studiert, richtig? Hatte das neben dem Sofa einen gewissen Einfluss?

Monika: Der Gegensatz zwischen Religion – Halte Dich an die Regeln, sei ein guter Mensch und habe Vertrauen, dann wirst Du vielleicht belohnt! – und Magie – Ist mir vollkommen egal, ob Du gut oder böse bist; mache es richtig und es funktioniert! – hat mich seit jeher total fasziniert. Daher wollte ich ausprobieren, was geschieht, wenn ich Menschen die Wahl zwischen beiden Systemen lasse. Im Grunde genommen ist Der Zorn des Schattenkönigs also ein riesiges kulturell-sozial-religiöses Experiment, in das ich meine armen Protagonisten einfach reingesetzt habe.

ZW: Kannst Du kurz umreißen, wie Du Deine Protagonisten in dieser zweigeteilten Welt quälst? Was müssen/dürfen sie durchleben?

Monika: Die Geschichte spielt in einem fiktiven, geteilten Reich. Im Norden gibt es Magie, die von jedem Erwachsenen genutzt werden kann. Der Preis aber ist hoch: Je mehr Magie man benutzt, desto mehr Magieschatten legen sich auf Dich und drücken Dich Richtung Boden. Aufrichtig zu sein ist hier also im wahrsten Sinne des Wortes eine hohe Tugend. Die Menschen sind vollkommen frei, leben aber mit der ständigen Versuchung. Zu viele Schatten bedeuten den Tod. Im Süden dagegen gibt es keine Magie und die Menschen leben nach den Gesetzen des Wachsamen Gottes. Der lässt sie im Leben allerlei Mühsal erdulden, verspricht ihnen aber dafür ein ewiges Leben nach ihrem Tod.

In diesem Setting kommt es zu einigen unerwarteten Ereignissen, die das Leben verschiedener Protagonisten in beiden Teilen des Reiches auf den Kopf stellen. Und der Schattenkönig verbirgt ein düsteres Geheimnis …

ZW: Um ein Buch in einem Verlag zu positionieren, sind bestimmt nicht nur Glück oder der richtige Zeitpunkt Faktoren. Hast Du Tipps für angehende Autorinnen und Autoren, die von einer Veröffentlichung ihrer Geschichten träumen?

Monika: Aber gerne doch, sogar jede Menge – wie viel Zeit haben wir? Okay, ich versuche mal, mich auf die wichtigsten zehn Dinge zu beschränken. Hier also in wilder Reihenfolge:

  •  Habe die richtige Motivation: Schreibe nicht, um reich und berühmt zu werden. Schreib, weil Du die Geschichte liebst!
  • Sei mutig: Sorge dafür, dass es Menschen gibt, die Dein Schreiben konstruktiv kritisieren.
  • Sei tapfer: Lerne, konstruktive Kritik anzunehmen und daraus zu lernen.
  • 4. Sei offen: Nimm an Schreibwettbewerben und Ausschreibungen teil! Die holen Dich aus Deiner Komfortzone, verschaffen Dir ein dickes Fell und im Erfolgsfall wertvolle Kontakte.
  • Bleib dran: Ausdauer, Disziplin und Qualität sind kein Garant für Erfolg, erhöhen aber die Chancen.
  • Sei nett und bleibe Du selbst! Es sei denn natürlich, beides widerspricht sich. (lächelt)
  • Falle nie auf einen DKZV herein! Ich löse die Abkürzung mit Absicht nicht auf, denn falls Du nicht weiß, was das ist, solltest Du das ganz dringend recherchieren!
  • Du bist nicht allein: Schließe Dich einem Forum oder einer Schreibgruppe an!
  • Sei nicht dumm: Solltest Du Dich für Selfpublishing oder eine Veröffentlichung im Eigenverlag entscheiden, spare nie an Lektorat, Cover oder Drucksatz!
  • Sei nett zu Dir selbst! Sei Dir selbst die beste Freundin, der beste Freund! Vergiss nie, dass sich viele Menschen besser darstellen, als sie oder die Situation es eigentlich hergeben. Du bist wundervoll und wertvoll, ganz ohne dafür erst etwas leisten zu müssen.
  • Bild: Sabrinity

     

    Dieser Artikel erschien erstmals in der Zauberwelten Herbst 2022.

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