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H. P. Lovecrafts Schatten über Innsmouth

Gou Tanabe’s back!

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Kategorie: Literatur

H. P. Lovecrafts Schatten über Innsmouth ist der inzwischen achte Manga-Band des japanischen Künstlers Gou Tanabe, der im Deutschen erschienen ist. Tanabe adaptiert seit einiger Zeit berühmte Erzählungen des US-amerikanischen Horrorschriftstellers H. P. Lovecraft und ist damit fester Bestandteil des Carlsen-Programms geworden. Nun ist die für Lovecraft ungewöhnlich actionorientierte Novelle Schatten über Innsmouth an der Reihe.

Ein junger, namenloser Erzähler reist im Zuge seiner persönlichen Ahnenforschung durch Neuengland. Da nun, gegen Ende seiner Reise, die finanziellen Mittel zu Neige gehen, kann der Student nicht den direkten, bequemen Zug nach Arkham nutzen, sondern muss ein Ticket für den preiswerteren Bus kaufen. Der veraltete Bus hat einen einzigen Zwischenstopp vor der Zielstadt des Erzählers: die verrufene und heruntergekommene Hafenstadt Innsmouth. Den neugierigen Erzähler schrecken weder die finsteren Gerüchte über dieses Städtchen noch die entstellten, fischartigen Visagen der Einheimischen ab – und so entscheidet er sich kurzerhand, den Zwischenstopp zu nutzen, um Innsmouth besser kennen zu lernen. Dabei entdeckt er schon bald heidnische Kulte, seltsame Schmuckstücke unbekannten Ursprungs und ein grausiges Geheimnis, das die Geschicke Innsmouths seit vielen Jahrzehnten bestimmt.

Schon bald wird seine Neugierde für den Erzähler daher zum Verhängnis: Als er den alten Zadok Allan über die Hintergründe der Hafenstadt ausfragt und dieser ihm von unmenschlichen Ritualen erzählt, gerät der junge Student ins Visier des Esoterischen Ordens von Dagon, dem Kult, der seit geraumer Zeit die Geschicke der Stadt lenkt. Für den Erzähler beginnt eine schreckliche Nacht auf der Flucht vor den Menschen von Innsmouth … und den Dingen, die nah bei der neuenglischen Küste im Meer lauern.

Eine actionorientierte Handlung

Schatten über Innsmouth, bereits 1931 geschrieben aber erstmals 1936 veröffentlicht, enthält viele Lovecraft-typische Elemente. So ist die Erzählung unter anderem über Hinweise auf die Gottheit Dagon fest im Cthulhu-Mythos verankert. Auf narrativer Ebene ist es insbesondere der schleichende Horror, den man vom Schriftsteller wiedererkennt. Es nicht das schockartige Einbrechen des Grauens, aus dem sich dieser Horror nährt; vielmehr ist es das Erkennen und Verstehen des Erzählers derjenigen Dinge, die ihm die ganze Zeit vor Augen waren. Für die Lesenden sind diese Erkenntnisse in den meisten Lovecraft-Erzählungen früh absehbar und die Geschichten enden für sie daher meist eher mit einer finalen Bestätigung dessen, was sie bereits recht früh erwarteten. Schatten über Innsmouth ist in dieser Hinsicht keine Ausnahme.

Doch die Erzählung bietet auch mancherlei Aspekte, die sich in Lovecrafts restlichem Œuvre nicht oder nur selten finden. So ist der Ursprung des Grauens der Hafenstadt – woher die Menschen ihre fischartigen Gesichtszüge haben – erstaunlich explizit für den sonst recht zurückhaltenden, prüden Lovecraft. Auch enthält Schatten über Innsmouth eine berühmte Actionsequenz, die eine absolute Rarität im Werk des Schriftstellers ist: Als der Erzähler des Nachts realisiert, dass die Menschen von Innsmouth ihm nach dem Leben trachten, befindet er sich in einem Hotel; es beginnt ein Wettlauf gegen die Angreifenden, bei dem sich der Student von einem Zimmer in das nächste vorarbeitet und in jedem neuen Raum möglichst schnell alle Türen verschließen muss.

Eine Stadt erwacht zum Leben

Um eine derart temporeiche Actionszene im Manga umzusetzen, bedarf es einiger Geschicklichkeit. Tanabe brilliert hier auf ganzer Linie. Die chaotische Panik des Erzählers macht er greifbar, indem er zwischen unterschiedlichsten Panelgrößen und -formen alterniert und zudem in diesen Illustrationen mal umfassende Ansichten auf das jeweilige Hotelzimmer, dann wieder Close-Ups auf Türschlösser oder schleichende Füße darbietet. Das Ergebnis ist eine desorientierende Raserei, die den Manga zum wahren Pageturner macht.

Auch außerhalb solcher actiongeladener Momente beweist Tanabe sowohl Feingefühl für Lovecrafts Vorlage als auch geschickte Ideen, wie der literarische Text für das visuelle Medium angepasst werden muss. In H. P. Lovecrafts Schatten über Innsmouth ist die Hafenstadt selbst die Protagonistin: Detailreiche Splashpages machen den heruntergekommenen Ort für das Auge der Lesenden erkundbar; es entsteht ein räumliches Gefühl der verschiedenen Stadtteile, die alle ihr eigenes Gesicht haben. Auch verleiht der Mangaka dem Innsmouth bei Nacht einen gänzlich anderen, deutlich bedrohlicheren Charakter als dem Innsmouth bei Tag. Schon allein für die visuelle Umsetzung dieser Stadt lohnt es sich also, den Manga zu lesen.

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