X

Cookie Notice

Wir nutzen auf unserer Website Cookies und andere Technologien, um zu analysieren wie Sie unsere Webseite nutzen, Inhalte zu personalisieren und Werbung zu schalten. Durch die weitere Nutzung erklären Sie, dass Sie mit der Nutzung von Cookies einverstanden sind. Beachten Sie bitte, dass dieser Hinweis und die Einstellungen nur für die AMP Version unserer Seite gelten. Auf der regulären Website treffen Sie die Auswahl über den Cookiebot.

Startseite
Brett- und Kartenspiele Cosplay Filme Games Intern Interview Kurzgeschichten LARP Literatur Musik Pen & Paper Rezepte Sonstiges Tabletop Veranstaltungen

Gameshow

Der Preis der Gier

Zur klassischen Webseite

Kategorie: Literatur

Wir überspringen gleich zwei Weltkriege und landen gut 100 Jahre in der Zukunft in New London. Die Gesellschaft ist in unterschiedliche Bereiche gegliedert, die sich allem voran am Reichtum orientiert. Wer besonders reich ist, dem steht ein sorgloses Leben bevor, die mittleren Schichten hingegen müssen regelmäßig Wetten platzieren, um ihren Status zu erhalten oder zu verbessern. Diese sogenannten Gambler setzten auf die unterschiedlichsten Spiele. Manche sind ungefährlich und seicht, bei anderen geht es um Leben und Tod. Das Leben derjenigen, die in der roten Zone leben. Menschen ohne Geld, ohne Status, die zum Amüsement der Oberschicht riskante Spiele absolvieren müssen.

In dieser Welt treffen wir auf Cassandra Pierson, genannt Cass. Als Halbwaise in der Platin-Klasse ist sie bald allein, denn ihre besten Freundinnen sind schon aufgestiegen. Jetzt hängt alles von einer entscheidenden Wette ihres Vaters ab, doch die geht schief.

Ohne jegliche Vorbereitung findet sich die 17-Jährige in der roten Zone wieder. Hier geht es nicht mehr darum, welches Kleid sie bei den glamourösen Wettveranstaltungen und Partys trägt, sondern ums nackte Überleben. Es dauert nicht lange, bis sie in die ihr fremde Welt der Gamer hineinblickt und eine schockierende Entdeckung nach der anderen macht. Auch hier geht es um Macht, Zugehörigkeiten zu Clans (oder eben zu Gruppen die kein Clan sein wollen), aber grundsätzlich ist es eben das komplette Gegenteil von der Welt, die Cass kannte. Obwohl sie nie etwas mit den Wetten zu tun haben wollte, ist sie jetzt mitten im Geschehen, ohne dass sie noch die geringste Wahl hätte.

Facettenreiche Figuren, die gemeinsam ums Überleben kämpfen

Nach ein paar Tagen aber ist Cass nicht mehr die ausgestoßene Platin-Prinzessin, sondern erfährt zum ersten Mal Hilfe. Christoph und Yuna nehmen sie unter ihre Fittiche und geben den Leser*innen noch mehr Rätsel auf, genauso wie Cassandras Flashbacks, die mehr über ihre verstorbene Mutter preisgeben. Sobald die Protagonistin einen Fuß in die rote Zone setzt, ist die Handlung so spannend, dass es kaum möglich ist, das Buch aus der Hand zu legen. Die Autorin setzt etwas entspanntere Szenen zwischen die knallharten Wettkämpfe, aber statt Raum zum Durchatmen zu haben, wartet man eher auf den nächsten großen Knall, eine weitere Enthüllung.

Cassandra ist erstaunlich willensstark und bleibt dabei eine nachvollziehbare Figur. Obwohl sie komplett aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen wird, lernt sie schnell, wie sie überlebt und nicht nur geradeso, sondern ziemlich schnell in der Hierarchie der Gamer aufsteigt. Noch dazu lernt sie einen der besten Gamer – Jax – persönlich kennen und durch ihre Empathie und Hilfsbereitschaft ringt sie ihm zuerst sogar so etwas wie Freundschaft ab – was relativ offensichtlich zu einer süßen Lovestory führt, die aber nicht im Fokus steht. Dafür ergeben sich mit jedem Kapitel mehr Einblicke hinter die Kulissen der Gameshows – und hinter das gesamte perfide System dahinter.

Stilistisch weit weg vom Debüt

Franzi Kopkas Schreibstil lässt nicht vermuten, dass Gameshow ihr erster Roman ist. Tatsächlich merkt man der Geschichte an, wie viel Liebe zum Detail, Arbeit und Herzblut darin steckt. Die Autorin tappt zu keiner Zeit im Dunkeln, bringt die Lesenden aber öfter dazu, sich in einem Labyrinth aus Vermutungen zu verstricken. Zusätzlich schätze ich es sehr, dass konsequent genderneutrale Formen genutzt werden. Irgendwann wollte ich unbedingt einen Fehler finden (mein Ehrgeiz beim Lesen nimmt seltsame Formen an), doch jedes einzelne Mal war von Spielenden, Wettenden usw. die Rede. Offenbar ist in der Hinsicht die Zukunft aus der Sicht der Autorin nicht so grausig, wie der Rest dieser Welt.

Wetten, das gefällt allen?

Das Cover ist ein absoluter Blickfang: Schwarz, Weiß und Gold, so genau aufeinander abgestimmt, dass es einem einfach ins Auge springen muss. Auch die Innengestaltung ist mit Liebe zum Detail umgesetzt. Doch während des Lesens erwacht das Cover geradezu zum Leben. Die Geschichte hinter den Linien mit den Kreisen am Ende, der krasse Kontrast zwischen schwarz und weiß, den Leben, Werten und Schicksalen der Charaktere … Es passt einfach zu 100 Prozent zur Geschichte.

Gierig oder glücklich?

Im Großen und Ganzen kann es Franzi Kopkas Debüt-Dystopie gut mit den eingangs genannten Geschichten aufnehmen. Das konsequente Worldbuilding, die einzigartige Hintergrundgeschichte und authentische Charaktere trösten über die teils sehr sehr engen Parallelen zu anderen Büchern dieses Genre hinweg. Auch bei Endzeitromanen wird selten das Rad neu erfunden, doch die Autorin hat den Vorteil einer Umgebung, die ich als Leserin so noch nicht kannte, so eingesetzt, dass ich problemlos drüber hinwegsehen konnte. Tatsächlich musste ich an manchen sehr ähnlichen Stellen schmunzeln, weil sie mir dieses Gefühl von damals zurückgaben – damals, als Dystopien gehyped wurden, und jetzt weiß ich wieder, wieso das so war.

Schon vor Erscheinen des ersten Teils wurde ein zweiter Band angekündigt – bei dem Cliffhanger von diesem Buch muss ich den natürlich lesen!

Weitere Artikel: