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Fantasy-Schriftsteller Thomas Vaucher

„Manchmal entwickeln Figuren ein Eigenleben, gegen das man als Autor nur schwer ankommt …“

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Kategorie: Literatur

Der Schweizer Schriftsteller Thomas Vaucher ist seit seiner Kindheit ein vom Mittelalter begeisterter Fantasy-Freak, der schon immer von Rittern, Drachen und Zauberern fasziniert war. Diese Begeisterung mithilfe seiner Bücher weiterzugeben und mit anderen zu teilen, ist ihm ein großes Anliegen, das er erfolgreich verfolgt. Neben seinem Beruf als Grundschullehrer hat er bis heute zehn Romane, zwei Sachbücher und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. Für die Zauberwelten befragte ihn Karsten Dombrowski zu den Ursprüngen seiner schriftstellerischen Karriere, seinen Streifzügen durch unterschiedliche Genres und seiner neuen Fantasy-Romanserie Das Lied der Macht.

Zauberwelten: Schriftsteller wird man nicht von heute auf morgen. Wann und warum hast Du Dich dazu entschlossen? War es schwer, Dein erstes Buch bei einem Verlag unterzubringen?

Thomas Vaucher: Ich habe bereits als Kind in der Grundschule ein erstes Buch geschrieben – okay, es war ein zwölfseitiges, zusammengetackertes Heft – und dann als Jugendlicher zwei 50-seitige Fantasy-Romane. Erstmals mit richtigen Ambitionen habe ich dann als 24-Jähriger begonnen, einen neuen Fantasy-Roman zu schreiben. Anstoß war die Ausschreibung zum Wolfgang Hohlbein Preis, einem Schreibwettbewerb für Fantasy-Autoren und solche, die es werden wollten. Diesen konnte ich zwar nicht gewinnen, doch der Funke war entzündet und ab da begann ich, rege an Schreibwettbewerben mitzumachen und mehrere Romanprojekte voranzutreiben.

Das erste Buch bei einem Verlag unterzubringen war sehr schwer. Ich habe es in sechs Jahren mit drei verschiedenen Fantasy-Romanen versucht – was leider nicht funktioniert hat. Schließlich hatte ich mit Der Löwe von Burgund, einem historischen Roman über Karl den Kühnen und die Burgunderkriege, mehr Erfolg und kam zu meinem ersten Buchvertrag. Dabei hat auch Glück eine Rolle gespielt: Ein Freund von mir hatte an der Universität eine Professorin, die als Copyright-Agentin bei einem Verlag tätig war. Er erzählte ihr, dass ein Freund von ihm einen sensationellen Roman geschrieben habe – obwohl er das Buch selbst nicht gelesen hatte – und fragte, ob sie den nicht ihrem Verlag vermitteln könne. Ich durfte ihr das Manuskript schicken, sie war begeistert davon und gab es dem Verlag weiter. Der hatte per Zufall noch eine Lücke in seinem Herbstprogramm und war ebenfalls begeistert von dem Manuskript, weswegen es dann zur Veröffentlichung kam.

ZW: Du schreibst nicht nur Fantasybücher sondern auch Historienromane und Thriller, bist also gleich in drei unterschiedlichen Genres zuhause. Fällt Dir der Wechsel zwischen diesen Erzählformen schwer oder befruchten sie sich gegenseitig? Hast Du als Schriftsteller ein Lieblingsgenre?

Thomas: Mir gefällt die Abwechslung dieser verschiedenen Genres. Der Wechsel ist nicht schwer. Um einen Roman zu schreiben, braucht es viel Vorbereitung, und wenn man die ganze Vorbereitungsarbeit, wie Recherchen, Charakterstudien, Plot-Entwicklungen und so weiter, getätigt hat, ist man gedanklich drin und konzentriert sich ganz auf dieses Genre.

Die Historienromane und die Fantasybücher befruchten sich definitiv gegenseitig. Meine Fantasywelt ist mittelalterlich angehaucht, und einige von meinen Recherchen übers Mittelalter konnte ich manchmal in irgendeiner, meist abgewandelten Form in meiner Fantasy-Welt unterbringen, was dem Buch meiner Ansicht nach einen pseudo-realistischen Touch verleiht.

Mein Lieblingsgenre ist seit jeher die Fantasy, dicht gefolgt von den historischen Romanen übers Mittelalter.

ZW: Wie fühlt es sich an, nach getaner Arbeit ein fertiges Buch in Händen zu halten? Ist das ein spannender Moment für Dich oder mittlerweile business as usual?

Thomas: Das ist auch beim zehnten Buch noch immer ein unglaublich großartiges Gefühl. Ich liebe es, alle Details bei einem neuen Buch das erste Mal gedruckt zu betrachten: die Karten, den Umschlag, die Kapitelvignetten und so weiter. Was zur Belustigung meiner Frau zu einem Ritual geworden ist: Ich blättere durch die Seiten und rieche daran. Ein frisch gedrucktes Buch riecht wunderbar!

Bei meinem aktuellen Buch Das Lied der Macht war es noch etwas spezieller, weil es bereits als Jugendlicher mein Traum war, dereinst einen Fantasy-Roman bei einem Verlag herauszugeben, und dieser Traum damit wahr geworden ist.

ZW: Bücher, Spiele, Filme ... hast Du, abseits von Deiner Tätigkeit als Autor, Spaß am Phantastik-Genre?

Thomas: Ich liebe dieses Genre, sei es bei Rollenspielen, Kartenspielen wie Magic the Gathering, Brettspielen, Filmen oder Büchern. Wo auch immer Phantastik drauf steht, muss ich genauer hinschauen. Ich mag auch die Verbindung von Realität und Phantastik beziehungsweise Mystik, weswegen zum Beispiel meine Thriller nicht normale Thriller, sondern Mystery-Thriller sind, die ich mit einem Touch Übersinnlichem gewürzt habe.

ZW: Gerade ist mit Die Rückkehr der Wirker der erste Band Deiner neuen Fantasy-Reihe Das Lied der Macht erschienen. Kannst Du die Grundidee dieses Buches und der Serie für unsere Leser kurz zusammenfassen ... selbstverständlich ohne zu viel zu verraten?

Thomas: Das Buch besteht aus verschiedenen Erzählsträngen, die miteinander verwoben sind. Da geht es zum einen um Arken, den Dieb, der in den Straßen Altenburgs als der Lautlose Schatten bekannt ist. Als er einem Fremden eine Schatulle stiehlt, die ein altes Pergament enthält, gerät er ins Visier der Heiligen Schwesternschaft des Göttlichen Greifen, eines Kriegerinnen-Ordens, der hinter dem Pergament her ist und alle Mitwisser zu beseitigen sucht. Eine von diesen Kriegerinnen ist Rune, deren Glaube im Verlauf der Geschichte jedoch bis in die Grundfesten erschüttert wird.

Zur selben Zeit fallen aber auch fremdländische Krieger in das Kaiserreich ein und erobern den südlichen Teil des Kontinents. Begleitet werden sie von jenen, die man für ausgerottet hielt und deren Macht übermenschlich ist: den Wirkern. Der alternde Kriegsherr Valor zu Dunkelberg stellt sich ihnen entgegen und steht vor der schwierigsten Aufgabe seines langen Lebens: der Rettung des Kaiserreichs.

Derweil treten die Fürsten des Reichs zusammen, um den Invasoren geeint entgegenzutreten. Doch der Feind kommt nicht nur von außen: Meuchler und Intriganten versuchen, den bevorstehenden Krieg zu nutzen, und haben ihre eigenen Pläne von Macht und Reichtum …

ZW: Gab es einen Anlass oder eine bestimmte Vorlage, der oder die Dich zu dieser Romanserie inspiriert hat? Oder woher kam die Idee?

Thomas: Angestoßen hat das Ganze mein Verlagschef. Er wusste sowohl um meine früheren Fantasy-Projekte Bescheid als auch über meine historischen Romane über die mittelalterliche Schweizer Geschichte. Also fragte er mich, ob ich es mir nicht vorstellen könne, einmal einen Fantasy-Roman zu schreiben, in den ich mein geschichtliches Wissen einbauen könne. Dies war der zündende Funke, ab da hat es in mir gebrodelt und ich wusste: Wenn ich die Chance kriege, einen Fantasy-Roman zu veröffentlichen, will ich sie am Schopf packen.

Obschon ich stark von Tolkien und Der Herr der Ringe geprägt bin, war mir aber von Anfang an klar, dass ich in meiner Welt keine Geschöpfe wie Orks, Zwerge oder Elfen haben will. Ich wollte eine eigenständige, mittelalterlich anmutende Welt, die aber von Fantasy-Elementen durchzogen ist. Beeinflusst wurde ich dadurch vor allem von zwei Autoren: einerseits von George R. R. Martin und seinem Das Lied von Eis und Feuer – was mich hier inspiriert hat, waren die Intrigen am Königshof und die Detailtreue der Welt – und andererseits von David Gemmell, bekannt etwa durch die Drenai-Saga. Es gibt niemanden, der so heroische Geschichten schreiben kann wie er.

ZW: Ein uneiniges Land mit unzuverlässigen Verbündeten, das von Mächten aus einem fremden Reich überfallen wird, ist ja ein fast schon klassisches Klischee der Fantasyliteratur. Welche neuen Ansätze bringt Dein Roman in dieses Thema ein?

Thomas: Mir war es wichtig, meine Welt so eigenständig und detailgetreu wie möglich darzustellen. Deshalb findet man in meinem Buch weder Orks noch Zwerge oder Elfen und auch die Wörter Magie oder Zauberei kommen nicht vor. Dafür gibt es  einen Frauen-Kriegerorden, der eine wichtige Rolle spielt.

Ich habe versucht, meine Erfahrungen aus dem Schreiben historischer Romane einzubringen und meine Welt so realistisch wie möglich darzustellen. So, dass man als Leser das Gefühl hat, dass es diesen Kontinent in einer anderen Zeit oder auf einem anderen Planeten tatsächlich so gegeben haben könnte.

Zum anderen habe ich versucht, neue Wege zu gehen, was die Magie anbelangt. Die Wirker, wie die Magier in meiner Welt genannt werden, greifen in ihrer Geistgestalt in die Essenz der Welt, erzeugen damit unterschiedliche Klänge und Melodien und wirken damit das Lied der Macht, mit dem sie in der Lage sind, unglaubliche Dinge zu tun.

ZW: Das Vereinigte Darische Kaiserreich und die umgebenden Königreiche, die Stadt Altenburg und auch die wichtigen gesellschaftlichen Gruppen wie die Ordenskriegerinnen von der Schwesternschaft vom Heiligen Greifen sind sehr detailreich ausgearbeitet – lehnst Du Dich bei der Gestaltung derartiger Hintergrundelemente an historische Vorbilder an, und wenn ja, wie gehst Du vor? Oder entspringt das alles spontan Deiner Fantasie?

Thomas: Durch die Recherchen, die ich für meine Mittelalter-Romane getätigt habe, bin ich stark geschichtlich beeinflusst und lehne mich durchaus an mittelalterliche Strukturen an. Bei gewissen Dingen habe ich ein historisches Vorbild, das ich als Ausgangspunkt nehme und dann fiktiv und/oder fantastisch verändere, bis daraus etwas Eigenständiges wird. Bei der Schwesternschaft des Heiligen Greifen ist das Vorbild der Templerorden, aus dem ich einen Frauenorden gemacht habe, beim Darischen Reich ist es das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aus dem Spätmittelalter. Von dessen Flickwerk aus verschiedenen Herrschaftsgebieten mit all den kleinen Bistümern, Herzogtümern, Grafschaften und so weiter bin ich seit jeher fasziniert. Und es gibt übrigens auch eine kleine Anlehnung an die Schweizer Eidgenossenschaft, das Bündnis befreundeter Staaten. Natürlich gibt es aber auch ganz viele Dinge, die kein historisches Vorbild haben und rein fiktiv sind.

ZW: Die Geschichte wird aus den Blickwinkeln sehr unterschiedlicher Helden – und Schurken – erzählt. Was ist daran aus Autorensicht reizvoll? Hast Du eine Lieblingsfigur?

Thomas: Man hat als Autor dadurch immer die Möglichkeit (und manchmal die Qual der Wahl) zu entscheiden, aus welchem Blickwinkel man eine Szene am besten erzählen kann oder in welche Gefühlswelt man dem Leser Einblick gewähren will, was ein riesiger Vorteil ist, um eine Szene so lebendig oder berührend wie möglich zu schreiben.

Bei einer Schlachtszene kann ich zum Beispiel entscheiden, ob ich das Kapitel aus der Perspektive einer kämpfenden Person beschreibe, was in einer actionreichen Sequenz gipfelt, oder aber, ob ich die Szene aus der Sichtweise eines Beobachters beschreibe, der nicht an der Schlacht teilnimmt und dafür das große Ganze im Blickfeld hat.

Wenn man eine Szene aus der Perspektive eines Bösewichts beschreibt, hat man zudem den Vorteil, dass man den Schurken und seine Beweggründe dem Leser ebenfalls näherbringen kann.

Ich habe mehrere Lieblingsfiguren, dazu gehören der Kriegsherr Valor zu Dunkelberg, ein alter Feldherr, sowie die beiden Nebenfiguren Balok, ein Kopfgeldjäger, und der Rote Graf, der Anführer einer Räuberbande.

ZW: Die Fans der Serie sind sicher schon gespannt, wie es danach weitergeht. Hast Du den zweiten Teil schon abgeschlossen oder arbeitest Du noch daran? Und – für alle leidgeprüften Fans unabgeschlossener Fantasy-Serien – hast Du schon das Ende der Geschichte geplant?

Thomas: Ich bin mitten in den Arbeiten zum zweiten Teil – knapp 400 Seiten sind geschrieben – und hoffe, die erste Version bis Ende des Jahres abschließen und nächstes Jahr publizieren zu können. Das Ende der Geschichte ist geplant, allerdings nicht in Stein gemeißelt. Manchmal entwickeln Figuren ein Eigenleben, gegen das man als Autor nur schwer ankommt …

Dieser Artikel erschien erstmals in der Zauberwelten Herbst 2021. 

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